Xeelee 2: Das Geflecht der Unendlichkeit
worden, wobei all ihre Ressourcen diesem einen Ziel gewidmet wurden. Doch die Realisierung eines derart gewaltigen Projektes ausschließlich auf der Basis terranischer Technologie – auch wenn dieses Projekt von den Qax initiiert worden war – hatte dem Selbstvertrauen der Rasse einen enormen Schub verliehen. »Schließlich ist das verdammte Gerät innerhalb von einem halben Jahr gebaut und in Dienst gestellt worden, Gouverneur.«
»Ich verstehe deinen Stolz«, konzedierte der Gouverneur in seiner ruhigen, emotionslosen femininen Stimme. »Und ich freue mich zu hören, daß auch dein Mundwerk in dieser Zeit nicht gelitten hat, Botschafter.«
»Was verstehen Sie?« fragte Parz säuerlich. »Erinnern Sie sich, Gouverneur, daß Sie uns schon früher unterschätzt hatten. Die Flucht der Freunde…«
»Soll ich dir vielleicht noch gratulieren, Jasoft?« unterbrach ihn der Gouverneur. »Ich habe dich hierher eingeladen, damit wir den Triumph unserer Arbeit zusammen genießen können.«
Und tatsächlich mußte Parz sich eingestehen, daß das Qax ihn in den Raumsektor um Jupiter beordert hatte, gleich nachdem ein hochenergetischer Teilchenregen aus der Mündung des in Bereitschaft stehenden Portals eingesetzt hatte… des ersten Vorzeichens einer Ankunft aus der Zukunft.
»Außerdem«, fuhr das Qax fort, »wenn wir nicht dir und einer Handvoll Kollegen eine AS-Behandlung gewährt hätten – eine Behandlung, die ihr übrigens sehr gerne angenommen habt – würdest du jetzt nicht hier stehen und mir etwas von dem ungeheuren Potential der menschlichen Rasse erzählen. Stimmt’s? Denn du hattest schon dicht vor dem Ablauf der üblichen Lebenserwartung eines Menschen gestanden. Stimmt doch auch?«
Die lässige Verachtung ließ Parz das Blut in die Wangen schießen. »Gouverneur…«
Aber das Qax sprach unerbittlich weiter: »Lassen wir es dabei bewenden, Botschafter; an diesem Tag der Tage sollten wir unserer Leistungen gedenken und nicht unserer Differenzen.«
Parz atmete tief die kühle, blaue Luft, das Lebenselixier der Menschen, ein. »In Ordnung, Gouverneur.«
»Dein Herz muß schier übergegangen sein vor Stolz, als das neue Interface fertiggestellt war.«
Das war es tatsächlich, erinnerte sich Parz. Zum Schluß waren die Öffnungen des zweiten Raumzeit-Wurmlochs im Sonnensystem mit den Pyramiden aus blau glühender, exotischer Materie verbunden worden. Für einige erhebende Wochen waren die beiden Portale als Gespann um den Jupiter gekreist, wobei die milchigen Raumsektoren innerhalb der Gitterkonstruktionen aus exotischer Materie wie die Facetten geheimnisvoller Edelsteine geglitzert hatten.
Dann war die Zeit für den Abtransport eines der Portale gekommen. Ein großes Schiff mit GUT-Antrieb war gebaut worden: Parz erinnerte sich, daß die Art, wie das Schiff über den Portalen hing, einem menschlichen Arm oder einer geballten Faust über zwei fragilen, graublauen Blumen glich.
Die riesigen GUT-Antriebsaggregate des Schiffes waren mit einem Feuerstrom zum Leben erwacht, und eines der Portale wurde abtransportiert, zunächst auf einer sich verbreiternden spiralförmigen Bahn aus dem Gravitationsbereich des Jupiter heraus, und dann in einer leichten Kurve in den interstellaren Raum.
Parz – und der Rest der Menschheit sowie der Gouverneur und die Qax-Besatzungstruppen – hatten sich auf eine Warteperiode von einem halben Jahr eingerichtet, bis das Schiff und das Portal mit Unterlicht-Schleichfahrt ihr Zielgebiet erreicht haben würden.
Das erste Interface-Schiff, die Cauchy, hatte ein Jahrhundert gebraucht, um fünfzehnhundert Jahre zu überbrücken. Das neue Schiff benötigte nur ein halbes Relativ-Jahr für die Schleife aus dem Sonnensystem und wieder zurück; doch mit einer Beschleunigung, die ein Vielfaches der Erdbeschleunigung betrug, war es fünf Jahrhunderte in die Zukunft vorgestoßen.
Parz war kein Wissenschaftler und fand – trotz seiner engen Involvierung in das Projekt – die Wurmlochphysik zum überwiegenden Teil philosophisch verwirrend. Doch nach seinem Flug in den Raum um Jupiter und der Inspektion des langsam rotierenden Juwels, des wieder in den Besitz der Qax gelangten Pyramidenportals, war ihm zumindest der Inhalt des Projekts sehr real vorgekommen.
Auf der anderen Seite dieser graublauen Nebelbänke lag die Zukunft. Wenn die Freunde von Wigner durch die Flucht in eine Vergangenheit, in der kein Qax etwas von der Menschheit wußte, einen Vorteil errungen hatten, von welch
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