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Xeelee 2: Das Geflecht der Unendlichkeit

Xeelee 2: Das Geflecht der Unendlichkeit

Titel: Xeelee 2: Das Geflecht der Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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eine Morgentoilette genommen?«
    »Ich bin ein Mensch«, erwiderte Parz bestimmt. »Selbst wenn die Welt untergehen sollte, kann ich trotzdem jeweils nur mit einem Bein in die Hose steigen.«
    Das Qax dachte darüber nach. »Und jetzt hast du deine metaphorische Hose an?«
    »Öffne das verdammte Augenlid.«
    Die Wand vor dem großen Augapfel des Spline erzitterte und schickte leichte Schockwellen durch die viskose entoptische Flüssigkeit, die an Jasofts Haut kitzelten. Muskeln bewegten Schichten schweren Fleisches, und das Augenlid hob sich wie ein Vorhang. Lachsrosa Licht drang durch das gummiartige Grau der Spline-Hornhaut, ließ das gelbe Glühen von Jasofts Kugellampe verblassen und zeichnete seinen schlanken, gebeugten Körper als verschwommenen Schatten auf der von roten Adern durchzogenen Netzhaut hinter ihm ab. Jasoft schwamm mühelos zur Innenseite der Pupille; irgendwie bewegt von den Wahrnehmungen des Spline, legte er die behandschuhten Hände vorsichtig auf die warme, elastische Substanz der Linse.
    Das Universum draußen war ein verwaschenes Kaleidoskop aus Pink, Feldgrau und Babyblau; Jasoft fixierte die Augen auf einen Punkt, damit die digitale Sehhilfe korrekt fokussiert werden konnte. Nach einigen Sekunden war die Akkomodation mit einem fast wahrnehmbaren Klicken abgeschlossen und ließ die verschwommenen Flecken zu klaren Abbildungen und somit zu einer Bedrohung werden.
    Da stand unübersehbar Jupiter: riesige Zyklone rasten über seine narbige, purpurrote Oberfläche. Ein anderes Schiff glitt vorbei – ein zweiter Spline, dessen Poren mit Sensoren und Geschützen gespickt waren. Der Augapfel, hinter dem Parz sich befand, richtete sich auf das zweite Schiff aus und verursachte Turbulenzen in der entoptischen Flüssigkeit, die Parz aus der Balance brachten und ihn leicht gegen die Linse drückten.
    Jetzt wendete Parz’ Spline, angetrieben durch ein Schwungrad aus Fleisch, Blut und Knochen; das Auge wandte sich von Jupiter ab und nahm den babyblauen Fleck ins Visier, den er schon früher gesehen hatte und der jetzt zu einer aus exotischer Materie bestehenden Pyramide geworden war. Die dreieckigen Facetten des Interface-Portals wurden von silbrig-goldenem Licht ausgefüllt; einmal reflektierten sie Ausschnitte von Jupiter, dann wieder gaben sie einen flüchtigen Blick frei auf eine andere Raumzeit.
    Das Portal füllte Parz’ Sichtfeld zunehmend aus. Der Spline mußte sich bereits in der Strangeness-Zone befinden, die der eigentlichen Öffnung des Wurmlochs vorgelagert war, und bald hatten sie sich dem Portal so weit genähert, daß Jasoft das Helmvisier an die warme Linse des Spline drücken mußte, um die Pyramide voll zu überblicken.
    »Es ist bald soweit«, flüsterte er.
    »Ja, Botschafter«, grollte das Qax. »Es ist bald soweit.«
    Die aus dem Helmlautsprecher dringenden Worte waren – wie immer – monoton und synthetisiert, das Produkt eines irgendwo im Spline installierten Translators. »Qax, ich wünschte, ich würde deine Gefühle kennen.«
    Das Qax schwieg einige Sekunden. Dann: »Vorfreude. Die Vorfreude der Befriedigung. Mein Ziel ist nahe. Warum fragst du mich das?«
    Jasoft zuckte die Achseln. »Warum nicht? Ich interessiere mich für deine Reaktionen. Genauso, wie du dich für meine interessieren mußt. Warum hättest du mich auch sonst hierher bringen sollen?«
    »Ich habe das bereits erklärt. Ich brauche eine Schnittstelle zur menschlichen Wahrnehmung.«
    »Quatsch«, tat Parz das ab. »Warum brichst du dir einen ab, mit solchen Rechtfertigungen? Qax, du bist aus der Zukunft gekommen, um die Menschheit zu vernichten – um ein für allemal das unbegrenzte Potential einer Spezies auszulöschen. Was interessiert dich da noch die menschliche Mentalität?«
    »Jasoft Parz«, sagte das Qax, wobei die Belustigung in seiner jetzt fast samtweichen Stimme unüberhörbar war, »du bist der einzige Mensch, der zusammen mit dieser Expedition der Qax in die Vergangenheit reist. Vor fünfzehn Jahrhunderten hatten die Menschen gerade erst begonnen, über ihr muffiges Heimat-Sonnensystem hinaus zu expandieren. Wenn wir den Heimatplaneten zerstört – und die benachbarten Planeten und Raumsektoren gesäubert – haben, wirst du der einzige noch existierende Mensch sein. Und mit der Terminierung eurer Gattung wirst du zugleich der letzte Mensch sein. Was für ein Gefühl wäre das?«
    Jetzt spürte Parz das Gewicht seines Lebens des Kompromisses – der Diplomatie – schwer auf sich lasten,

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