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Xeelee 2: Das Geflecht der Unendlichkeit

Xeelee 2: Das Geflecht der Unendlichkeit

Titel: Xeelee 2: Das Geflecht der Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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welche religiöse Sekte würde sich selbst Freunde von Wigner nennen?
    Schließlich erreichten sie das ›Dorf‹, welches die antike Stätte im Zentrum des Erd-Schiffes umgab. Jaar führte Poole an auf dem Rasen verstreuten Kegeln, Zylindern und Würfeln vorbei, die alle knapp zweieinhalb Meter hoch waren und aus dem taubengrauen Xeelee-Werkstoff bestanden. Wenn die Merkmale der Besiedelung nicht gewesen wären, dachte Poole, wäre er sich wie auf einem Rundgang durch ein Kinderspielzimmer vorgekommen. Ansammlungen junger Leute gingen ruhig und gelassen ihrer Arbeit nach; einige von ihnen hatten diese flachen, kompakten Rechner bei sich, die Berg als ›Tafeln‹ bezeichnet hatte.
    Sie erreichte eine halbkugelförmige Hütte, die sich durch nichts von den anderen unterschied. »Was ist das?« fragte Poole. »Trautes Heim, Glück allein? Nichts für ungut, aber ich habe schon gestern bei Shira genug Seetang gemümmelt…«
    Jaars Lachen klang nicht einmal unangenehm. »Nein, Michael; obwohl ich mich geehrt fühlen würde, wenn ich Sie später in meiner Unterkunft als Gast begrüßen dürfte. Dieses Gebäude hier dient dem Zutritt.«
    »Zutritt?«
    »In das Innere des Erd-Schiffes. Zur Singularitätenebene.« Jaar musterte ihn leicht verwirrt. »Das ist es doch, was Sie sehen wollten. Oder?«
    Poole lächelte. »Worauf warten wir noch?«

    Sie betraten die Kuppel, wobei Jaar den Kopf unter dem rasiermesserscharfen Sturz einziehen mußte. Poole fühlte sich hier richtig leichtgewichtig, fast wie ein junger Springinsfeld; die Oberflächengravitation mußte hier etwas niedriger als draußen sein. Innerhalb der Kuppel wuchs ein schlanker Zylinder aus einem Boden aus Xeelee-Belag. Eine Öffnung war in seine Wandung gefräst.
    Jaar kletterte hinein und zog dabei die schmalen Schultern an; Poole folgte ihm. Lautlos schloß sich die Tür hinter ihnen. Sie waren eingesperrt. Die Kammer war eng, fugenlos und mit einem diffusen, perlfarbenen Licht angefüllt, dessen Quelle Poole nicht orten konnte; irgendwie war es ihm, als ob sie sich in einer Neonröhre befinden würden.
    Poole registrierte, daß Jaar ihn mit einer Art amüsierter Geduld musterte. Jetzt lächelte Jaar. »Dies ist ein Aufzug. Die Terminologie hat sich seit Ihrer Zeit nicht geändert. Er wird uns ins Innere bringen.«
    Poole nickte und fühlte sich unterschwellig nervös; es war für ihn nicht unbedingt Routine, sich dem Risiko physischer Gefahr auszusetzen. »Gut. Dann stecken wir also in einem Fahrstuhlschacht, der durch die Singularitätenebene verläuft. Daher auch die verringerte Schwerkraft.«
    Jaar schien seiner Nervosität Rechnung tragen zu wollen. »Wenn Sie noch nicht soweit sind…«
    »Sie müssen mich nicht beim Händchen nehmen, Jaar.«
    »In Ordnung.« Jaar berührte einen Ausschnitt der blanken Wand. Er versuchte seine Aktivitäten nicht vor Poole zu verbergen, obwohl ihm klar gewesen sein mußte, daß Poole jeden Augenblick dieser Exkursion memorieren würde.
    Die Sache verlief völlig lautlos. Nur der Boden schien nach unten zu stürzen. Pooles Magen wollte sich schier umstülpen, und unwillentlich griff er nach hinten, um sich an der Wand abzustützen.
    »Das geht vorüber«, murmelte Jaar.
    Jetzt, wo sich Poole im Schwebezustand befand, schraubte sich ein Gefühl des Drucks von unten nach oben durch seinen Körper; aber es war ein inverser, negativer Druck, vergleichbar dem Druck exotischer Materie, der Magen und Lunge eher herauspreßte statt sie zu komprimieren.
    Jaar beobachtete ihn noch immer mit seinen ausdruckslosen braunen Augen. Poole setzte einen betont gleichmütigen Gesichtsausdruck auf. Verdammt, er hätte darauf vorbereitet sein müssen; wie Jaar unterstellt hatte, hatte er die innere Struktur des Schiffes bereits deduziert. »Die Singularitätenebene«, kommentierte er mit einigermaßen fester Stimme. »Wir durchqueren sie gerade, richtig?«
    Jaar nickte zustimmend. »Und der Druck, den Sie auf Ihrer Brust spüren, sind die Schwerefelder der Singularitäten. Wenn Sie auf der Oberfläche des Erd-Schiffes stehen, befindet sich die Ebene unter Ihnen und zieht Sie hinab. Auf diese Art wird das Gravitationsfeld der Erde simuliert; doch hier im Innern des Schiffes umgibt uns das Feld von allen Seiten.«
    Jetzt hatte die Gravitationsebene Pooles Hals erreicht; absurderweise hob er den Kopf, als ob er sich über Wasser halten wollte.
    »Michael – passen Sie jetzt auf«, sagte Jaar. »Versuchen Sie, sich wieder wie vorhin an der Wand

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