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Xeelee 3: Ring

Xeelee 3: Ring

Titel: Xeelee 3: Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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größten Krise, Schutz gewährte –, daß er, Milpitas, ihr Planer, in ihrer Mitte weilte.
    Was aber, wenn die Schwerkraft überhaupt nicht mehr zurückkam, fragte er sich.
    Er zupfte sich am Kinn, wobei die Fingernägel über das Netz von AS-Narben fuhren, die sich dort angesammelt hatten.
    Sie würden sich den Gegebenheiten anpassen müssen. So einfach war das. Es skizzierte vage Entwürfe für eine Takelage aus Seilen, die sich über die Decks spannte; es gab wirklich keinen Grund, warum das normale Leben – oder zumindest ein annähernd normales – nicht wieder einsetzen sollte.
    Die Disziplin der Planer hatte schon fast seit tausend Jahren Bestand. Da würde ein kleines, lokales Problem mit der Schwerkraft der Sache sicher keinen Abbruch tun.
    Dennoch, so überlegte er, drängten sich einem gewisse Vorgänge – wenn auch unwillkommener Art – ins Bewußtsein. Zum Beispiel der Augenblick, als die Gravitation aussetzte. Milpitas erinnerte sich, wie er sich an seinen Stuhl geklammert und geschockt zugesehen hatte, wie die Utensilien auf seinem Schreibtisch – der übliche, alltägliche Krimskrams – sich in die tückische Luft erhoben hatten.
    Auf den Decks war Panik ausgebrochen.
    Milpitas hatte die Sirene eingeschaltet – die noch bis heute quäkte – und die Leute zu sich gerufen, in die Sicherheit des Tempels.
    Langsam, einzeln oder in kleinen Gruppen, die sich furchtsam aneinanderdrängten, waren sie zu ihm gekommen. Er hatte sie in Büroräumen untergebracht und ihnen die Sicherheit von vier massiven Wänden um sich herum vermittelt.
    Manche Leute waren hilflos in der Luft gestrandet. Seile waren zwischen den Decks gespannt und große Netze durch die Luft gezogen worden, um die zappelnden menschlichen Fische einzufangen. Alle waren sie zu ihm gebracht worden, manche fast katatonisch vor Angst, wobei ihre jung-alten Gesichter starr und weiß waren.
    Er erreichte die pyramidenförmige Außenwand des Tempels. Die Fassaden waren Mauern aus goldenem Glas, die elegant über ihm zusammenliefen und das grelle Licht der Decks abmilderten; die Wände warfen lange, weichgezeichnete Schatten auf die äußeren Korridore.
    Aber jetzt fiel ihm auf, daß sich die Lichtverhältnisse verändert hatten. Schnell schaute er nach oben. Strahlen des grauen Tageslichts der Decks stachen unangenehm direkt und ungefiltert durch Löcher in der goldenen Wand. In jedem Wanddurchbruch war eine Wache postiert, die mit einer lockeren Seilschlinge am Glas gesichert wurde.
    Die Löcher waren in den letzten paar Minuten oder Stunden von den Posten in die Wandung geschlagen worden; sie mußten gesehen haben, daß sich jemand irgendwie dem Tempel näherte.
    Der nächste Posten verfolgte Milpitas’ Annäherung. Milpitas sah, daß es sich um eine Frau handelte; nervös hielt sie ihre Armbrust vor den Oberkörper.
    Er lächelte und winkte ihr zu. Dann, sobald er es für vertretbar hielt, ließ er den Blick wieder sinken und marschierte weiter.
    Verdammt. Sein Gemütszustand, seine Gefühlslage, war durch den Anblick der Wachen und der zerschmetterten Fensterscheiben ziemlich in Mitleidenschaft gezogen worden. Natürlich hatte er selbst die Wachen als Vorsichtsmaßnahme dort oben postiert (wobei er indessen nicht weiter darüber nachgedacht hatte, wogegen er diese Vorkehrungen überhaupt getroffen hatte). Er hoffte nur, daß die Wachen nicht gebraucht würden und daß keine weiteren Störungen von außen erfolgten.
    Letztlich hatte sich diese Hoffnung jedoch als trügerisch erwiesen. Seine Pläne einer erneuten Besiedelung der Decks würden noch eine Weile zurückgestellt werden müssen.
    Nun, die Tempel verfügten noch über Lebensmittel und andere Bedarfsgegenstände. Und wenn die Vorräte knapp wurden, konnten die AS-Nanobots sie noch für lange Zeit am Leben erhalten; die Nanobots würden jeden alten menschlichen Körper befähigen, auf seine eigenen Ressourcen zurückzugreifen, dabei immer tiefer vorzustoßen und so die lebenswichtigen Funktionen aufrechtzuerhalten.
    Und selbst das Versagen dieser letzten Sicherung wäre am Ende natürlich nicht mehr von Belang.
    Die Leute würden bei ihm, dem Planer Milpitas, hier im Tempel bleiben. Wo sie sicher waren. Er mußte die Zukunft der Spezies garantieren. Das war seine Mission: Eine Mission, die er unbeirrbar seit tausend Jahren verfolgt hatte. Er hatte nicht die Absicht, seine Pflichten jetzt auf seine Chargen zu übertragen.
    Auch dann nicht, wenn das bedeuten würde, daß sie für

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