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Xeelee 3: Ring

Xeelee 3: Ring

Titel: Xeelee 3: Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Modell diesen Beobachtungen anzupassen.«
    Nein. Dann war Schweigen, und Lieserl stellte sich vor, wie Scholes in sein Mikrophon seufzte. Ich glaube, daß wir uns wohl von einem alten Freund verabschieden müssen.
    Sie blendete die konturierten Abbildungen des Standardmodells aus ihrem Sensorium aus und ließ nur die Gradientenkurven der physikalischen Eigenschaften des sie umgebenden Mediums aktiviert. Ohne die markanten Details, die von den eingeblendeten Konturen des Standardmodells bereitgestellt wurden, wirkten die Gradientenkurven zu glatt und täuschend nichtssagend; sie spürte, wie sich, als ihr Sensorium deaktiviert war, ein Anflug der früheren Ruhe zurückmeldete. Alles schien stillzustehen, und es existierten keine Vergleichsmaßstäbe, anhand derer sie irgendwelche Größenordnungen hätte bestimmen können. Es war, als ob sie sich in einer pink und blau glühenden Wolkenbank befände, die von einer versteckten Neonleuchte erhellt wurde.
    »Kevan. Falle ich noch?«
    Du hast jetzt deine nominale Tiefe erreicht.
    »Nominal. Ich hasse dieses Wort.«
    Tut mir leid. Du fällst noch immer, jetzt aber viel langsamer; wir wollen sichergehen, daß wir die Energiegradienten im Griff haben.
    Aber sie war noch kaum durch die Oberfläche des Plasmameeres gestoßen; achtzig Prozent des Sonnenradius – ganze zwei Lichtsekunden – lagen noch unter ihr.
    Und du beginnst jetzt auch, seitlich abzudriften. Es gibt hier irgendwelche Strömungen, Lieserl.
    Es war, als ob sich ihre virtuellen Sinne an die Dunkelheit anpaßten; jetzt konnte sie eine klarere Struktur in der sie umgebenden wächsernen Klimakarte erkennen: Taschen erhöhter Temperatur, langsam driftende Strömungen. »Richtig. Ich glaube, daß ich es sehe. Konvektionszellen?«
    Kann sein. Oder auch ein neues Phänomen. Lieserl, du lieferst uns Daten, die wir noch nie zuvor erhalten haben. Sie sind nur ein paar Minuten alt; deswegen ist es noch etwas zu früh, um Hypothesen zu erstellen, selbst für diese brillanten Kameraden.
    Ich wollte, du könntest das Interface sehen – hier draußen, am anderen Ende deiner Wärmesenke. Es emittiert Plasma aus dem Kernbereich der Sonne, das von jeder Planke abgepumpt wird; es hat den Anschein, als ob eine kleine Nova explodiert wäre, direkt im Herzen des Systems. Lieserl, du wirst es vielleicht nicht glauben, aber du beleuchtest tatsächlich die Photosphäre. Ich möchte wetten, wir würden sogar feststellen, daß du Schatten an die Protuberanzen wirfst, wenn wir nur gründlich genug hinschauten.
    Sie lächelte.
    Ich kann sehen, daß du lächelst, Lieserl. Ich fasse es nicht. Es gefällt dir, der Held zu sein, was?
    »Vielleicht ein bißchen.« Ihr Grinsen wurde noch breiter. Ich werfe Schatten auf die Sonne. Kein schlechtes Monument.

    Die oberste Ebene des Wohnsektors der Northern bestand aus über zwei Quadratkilometern Regenwald.
    Die vier Schwebegleiter passierten eine zylindrische Schleuse. Mark sah, daß er sich wie ein antiker Gott in der Mitte des Dschungels erhob.
    Die Luft war dick, schwer, durchsetzt mit intensiven Gerüchen und den Schreien von Vögeln und dem Gebrüll von Tieren. Er wurde von den astlosen Stämmen der Bäume umgeben, elegante Säulen aus Hartholz, über die sich weit oben ein dichtes Blätterdach wölbte; die Stämme verschwanden nacheinander in der Dunkelheit, als ob er sich in einem von der Natur geschaffenen Tempel befinden würde. Der Boden des Waldes, der wegen des dichten Laubdaches im Dunkeln lag, war erstaunlich kahl und wirkte fest unter den Füßen: Er war ein von deplaziert anmutenden Schleusenöffnungen durchbrochener Teppich aus Blättern, der sporadische Blicke auf die kühlen, riesigen Flächen unterhalb dieser Sub-Welt eröffnete. Pilze wucherten auf dem Boden, zogen ihr Myzel durch die herabgefallenen Blätter und bildeten Fruchtkörper im Schatten der Schirme und Kugeln, Plattformen und Speichen aus, die von Spitzenröckchen bedeckt waren.
    Aus einer Laune heraus stieg Mark dreißig Meter an der Seite eines vermodernden Baumstamms empor. Die Rinde war dicht mit Farnen und Moos überzogen, die in den Ritzen der Rinde einen üppigen Kompost gebildet hatten. Große, farbenprächtige Orchideen und Bromelien hatten die Rinde erobert und bezogen ihre Nährstoffe aus verfaulten Blättern und indem sie mit ihren baumelnden Wurzeln Feuchtigkeit aus der Luft sogen.
    Er ging längsseits zu einer wilden Bananenstaude. Ihre breiten, herabhängenden Blätter waren mit einer Serie Löcher

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