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Xeelee 3: Ring

Xeelee 3: Ring

Titel: Xeelee 3: Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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glaubte sie zumindest – Wachstum beobachtete.
    Schließlich erlebte sie, wie ein Vogel sich vermehrte.
    Sie stellte schon beim Anflug fest, daß irgend etwas an dem Vogel anders war. Er war fett und durch die Wärmeenergie der Protonen aufgebläht. Er wirkte irgendwie substantieller – realer für Lieserls baryonische Sinne – als seine Kameraden.
    Der Vogel erzitterte – einmal, zweimal –, und seine linsenförmige Flanke vibrierte. Sie verspürte fast eine gefühlsmäßige Bindung zu dem Vogel; er schien Qualen zu leiden. Mußte die Geburt denn immer von Schmerzen begleitet sein?
    Abrupt – Lieserl erschrak richtig – verließ der Vogel mit hoher Geschwindigkeit seine Orbitalbahn. Er schwebte für einen Moment – und tauchte dann wieder in den heißen Kern der Sonne ein. Lieserls Prozessoren meldeten ihr, daß der Vogel jetzt etwas an Masse verloren zu haben schien.
    Und er hatte etwas zurückgelassen.
    Lieserl verstärkte ihre Sinne bis zum Maximum. Der Muttervogel hatte eine Kopie von sich hinterlassen – eine geisterhafte Kopie, die sich als Klumpen höherer Dichte in dem plasmatischen Gemisch aus Protonen und Elektronen manifestierte. Es war eine dreidimensionale Abbildung der Mutter aus baryonischer Materie. In Sekundenbruchteilen begannen die Klumpen auseinanderzustreben – aber nicht bevor sich noch weitere Photinos um das komplexe Muster aus baryonischer Materie geschart hatten und zügig seine innere Struktur überlagerten.
    Der ganze Vorgang nahm nicht einmal eine Sekunde in Anspruch. Schließlich verließ ein neuer Photino-Vögel, dünn und klein, die Stätte seiner Geburt; die letzten Spuren der von der Mutter zurückgelassenen baryonischen Materie höherer Dichte drifteten weg.
    Lieserl ließ diese Bildsequenz immer wieder ablaufen. Als eine Methode der Fortpflanzung hatte das nichts mit den irdischen Paradigmen gemein – nicht einmal mit dem Klonen. Es hatte mehr Ähnlichkeit mit dem Anfertigen einer Kopie – ein Abdruck einer dreidimensionalen Form, wobei die Prozeßsteuerung durch baryonische Materie erfolgte.
    Das Neugeborene mußte fast eine exakte Kopie seines Elters sein – noch präziser als jeder Klon. Vermutlich war es auch mit einer Kopie der Erinnerungen seines Elters ausgestattet – vielleicht sogar mit seinem Bewußtsein…
    Und womöglich auch mit einer Kopie der Großeltern – und der Urgroßeltern, und…
    Lieserl lächelte. Jedes Photino-Kind mußte in seinem Innern die Seele all seiner Vorfahren tragen, ein Stammbaum des Bewußtseins, dessen Wurzeln bis zum Anfang der Spezies zurückreichten.
    Und das alles durch die katalytische Wirkung baryonischer Materie, überlegte sie mit einem Gefühl des Wunders. Die Vögel benötigten die relative Transparenz dunkler und baryonischer Materie, um detaillierte, dreidimensionale Kopien von sich zu erstellen.
    Aber das hieß ihrer Erkenntnis zufolge auch, daß die Photino-Vögel nur an solchen Orten brüten konnten, wo sie baryonische Materie in ausreichender Dichte vorfanden. Sie konnten nur in Sternenkernen brüten.
    Immer wieder ließ sie den Geburtsvorgang ablaufen.
    Die Photino-Vögel hatten etwas Graziles, höchst Reizvolles, und sie spürte, wie ihre Sympathie für sie wuchs. Spirituell fühlte sie sich nun den Vögeln viel näher als den kaltäugigen Menschen der Assimilation jenseits des solaren Ozeans.
    Sie hoffte, daß ihre Theorie – daß die Vögel vorsätzlich die Sonne zerstörten – falsch war.

    Der Rückweg schien viel länger zu dauern. Morrow war zornig, enttäuscht, erschöpft. »Ich kann Milpitas’ Reaktion nicht begreifen.« Er schüttelte den Kopf. »Als ob er noch nie Leute wie euch gesehen hätte…«
    »Oh, ich verstehe schon.« Uvarov drehte den Kopf. »Ich verstehe. Wir sind alle zu alt, weißt du. In gewisser Weise hatte Milpitas recht, was mich betrifft; letztlich bin ich selbst nicht ganz fehlerfrei.« Uvarovs Stimme, die zwar nach wie vor durch das Alter verzerrt war, wirkte in Morrows Augen jetzt ruhiger und rationaler als während des ganzen Gesprächs mit Milpitas.
    »Wenigstens kann ich aber meine eigenen Grenzen erkennen«, fuhr Uvarov fort, »den durch das Alter und die körperliche Verfassung verursachten Tunnelblick. Und auf der Grundlage dieser Erkenntnis angemessen handeln.«
    Seilspinnerin hatte auf der hundert Meter langen Rampe hinauf zu Deck Eins die Führung übernommen. Jetzt, als sie sich deren Ende näherte, wurde sie langsamer. Ihre Hand fiel, scheinbar automatisch, auf das

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