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Xeelee 3: Ring

Xeelee 3: Ring

Titel: Xeelee 3: Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Millionen Jahre zurückgelegt, Pfeilmacher«, flüsterte er. »Fünf Millionen Jahre. Jetzt ist es Zeit, nach Hause zu gehen.«

11

    SIE ZITTERTE. Plötzlich war ihr irgendwie kalt.
    Kalt? Nein. Komm schon, Lieserl, denk nach.
    Zuweilen war ihre virtuell-menschliche Illusionsgestalt nur Ballast; sie veranlaßte sie, unmittelbare Erfahrungen auf der menschlichen Ebene zu rezipieren.
    Gerade eben war etwas mit ihr geschehen; irgendwie hatte sich ihre Umwelt verändert. Wie?
    Da war es schon wieder – dieser tiefe, innere Anflug von Kälte.
    Sie schaute an sich hinunter.
    Eine geisterhafte Form – ein Photino-Vögel – tauchte aus ihrem virtuellen Magen auf und schlug eine Umlaufbahn um die Sonne ein. Ein weiterer flog durch ihre Beine; noch mehr kamen durch Arme und Beine – und schließlich flog ein Vogel durch ihren Kopf, den Ort, den sie bewohnte. Das Gefühl der Kälte war eine Reaktion auf die Energiesplitter, welche die Vögel bei ihrem Durchgang aus ihr herausfrästen.
    Zuvor hatten die Photino-Vögel sie immer gemieden; sie hatten sie wohl verschwommen registriert und ihre Flugbahnen so ausgerichtet, daß sie immer an ihr vorbeiflogen. Jetzt schienen sie indessen genau das Gegenteil zu tun. Sie schienen direkt Kurs auf sie zu nehmen und wichen dabei so von ihren Bahnen ab, daß sie vorsätzlich mit ihr kollidierten.
    Sie hätte schreien mögen – um sich schlagen, diese Kreaturen mit den Fäusten verjagen.
    Das hätte aber auch was gebracht. Sie zwang sich zur Ruhe, beobachtete und wartete.
    Hinter ihr schienen sich die Vögel zu einer neuen Formation zu vereinigen: Ein Kegel, mit ihr als Spitze, ein Kegel, in den sie hineinströmten.
    Könnten sie mich beschädigen? Könnten sie mich gar töten?
    Ja, konnten sie? Dunkelmaterie konnte bis zu einem gewissen Grad mit baryonischer Materie reagieren. Wenn die sie umgebende Dichte einen entsprechend hohen Wert annahm – wenn die Rate der Wechselwirkung zwischen den Vögeln und den Partikeln, aus denen sie selbst bestand, hoch genug wurde –, dann, so realisierte sie, konnten die Vögel alles tun.
    Und es gab verdammt nichts, was sie dagegen hätte unternehmen können; eingehüllt in diesen Plasmaschlick würde sie nie rechtzeitig vor ihnen fliehen können.
    Sie fühlte sich, als ob ein heftiger, nadelfeiner Regen sie durchdränge. Sie merkte, daß es wohl unangenehm war – es kitzelte – aber eigentlich nicht schmerzhaft.
    Vielleicht wollten sie sie überhaupt nicht vernichten, sinnierte sie trübe. Vielleicht – vielleicht wollten sie sie nur verstehen…
    Sie breitete die Arme aus und unterzog sich einer Inspektion durch die Photino-Vögel.

    Sie formierten sich zu einer Art Kolonne – mit Pfeilmacher an der Spitze, gefolgt von Morrow und Seilspinnerin, wobei diese von Zeit zu Zeit Uvarovs Rollstuhl anschubste.
    Morrow ging über die flache Kante der Rampe und begann den sanften Hundert-Meter-Abstieg zurück in die relative Helligkeit und Wärme von Deck Zwei.
    »Hört mir zu«, sagte Garry Uvarov. »Wir befinden uns im obersten Bereich der Lebenskuppel. Wir müssen zur Basis der Kuppel, mehr als anderthalb Kilometer unter uns. Dann müssen wir uns einen Gleiter besorgen und die halbe Länge des Auslegers der Northern bis zur Antriebseinheit abfliegen; und dort werden wir das Interface finden. Noch Fragen?«
    Das meiste davon ging über Morrows Horizont. Er versuchte sich auf den Teil zu konzentrieren, den er verstand. »Was meinen Sie mit der Basis der Lebenskuppel? Deck Vier?«
    Uvarov stieß ein bellendes Gelächter aus. »Nein; ich meine den Frachtraum. Unterhalb von Deck Fünfzehn.«
    Morrow spürte, wie sich etwas in ihm verkrampfte. Ich bin schon zu alt für solche Sachen… »Aber, Uvarov, es gibt nichts unterhalb von Deck Vier…«
    »Stell dich nicht so verdammt blöd, Mann.«
    »Ich meine, nichts Bewohntes. Sogar Deck Vier wird ja nur als Mine genutzt.« Er versuchte sich vorzustellen, wie er sich unter das düstere, höhlenartige Deck begab, auf dem er einen so großen Teil seines Berufslebens verbracht hatte. Vielleicht gab es dort unten nur ein Vakuum. Und ganz sicher würde es dunkel sein. Und…
    Ein Lufthauch strich an seinem Ohr vorbei, ein Klappern, als ob etwas auf die Metallrampe hinter ihm gefallen wäre.
    Pfeilmacher erstarrte und griff sofort zu seinem Bogen. Seilspinnerin brachte Uvarovs Rollstuhl ruckartig zum Stehen, und der alte Doktor drehte den Kopf mit den blinden Augen in alle Richtungen.
    »Was war das?« forschte

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