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Xeelee 3: Ring

Xeelee 3: Ring

Titel: Xeelee 3: Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Wasserstoff entzündete sich außerhalb des Kerns und begann sich einen Weg aus dem Herzen der Sonne zu bahnen. Anfangs fragte sich Lieserl, ob die Photino-Vögel wohl versuchen würden, auch diese neue Schale aus Energie aufzuzehren, wie sie es schon mit dem Kern gemacht hatten. Aber sie jagten nur durch die fusionierende Hülle und ignorierten ihre Brillanz. Heliumasche wurde aus der Schale auf den toten Kern ausgefällt; die Masse des Kerns nahm zu, wodurch er unter seinem eigenen Gewicht weiter kollabierte. Die von der Schale emittierte Wärmeenergie, zusammen mit der des trägen, kollabierenden Kerns, war intensiver als die von dem ursprünglichen Fusionskern ausgehende Energie.
    Die Sonne konnte die zunehmende Wärmeleistung ihres neuen Herzens nicht mehr verkraften. In erstaunlich kurzer Zeit wurde sie zur Expansion gezwungen – sie war dabei, ein Riese zu werden.

    Louise Ye Armonk stand auf der Back der Great Britain und sah zum Südpol von Triton hinunter.
    Die Britain flog eine halbe Meile über dem Satelliten mit seiner dünnen, leuchtenden Kappe aus gefrorenem Stickstoff durch den Raum; der einzige Schornstein des Schiffes zog eine Rauchfahne durch das All, ein irrealer Anblick. Die Eiskappe krümmte sich unter dem Kiel des Schiffes so nahtlos wie eine große Eierschale. Die südliche Hemisphäre von Neptuns größtem Mond trat gerade in ihre vierzigjährige Sommerphase ein, und die Eiskappe schmolz ab. Als Louise den Kopf zurücklegte, konnte sie sehen, wie dünne, hohe Cirruswolken aus gefrorenem Stickstoff von Winden aus verdampftem Poleis nordwärts getrieben wurden.
    Sie spazierte über das Deck, vorbei an der raffiniert aufgehängten Schiffsglocke. Die große, nebelverhangene Masse von Neptun wurde von der glänzenden Oberfläche der Glocke reflektiert, und Louise fuhr mit der Hand über die kühlen Konturen des gegossenen Metalls, wodurch die Glocke leicht schwang; die multiplen, amorphen Abbildungen von Neptun glitten elegant über das Metall.
    Von hier aus war die Sonne ein heller Stern, ein entfernter Lichtpunkt; und das blaue Neptunlicht, unheimlich irdisch, überflutete die Konturen des alten Schiffes und ließ es ätherisch, irgendwie immateriell wirken – wie paradox, dachte Louise, denn gerade die Britain war in ihren Augen gegenwärtig das einzig reale Artefakt.
    Als sich die Britain dem zerklüfteten Rand von Tritons Eiskappe näherte, blies ein Geysir, fast direkt vor dem treibenden Schiff. Dunkle, mit gefrorenem Stickstoff durchsetzte Bodenmaterie stieg expandierend auf, bis in eine Höhe von sechzehn Kilometern; als sie den dünnen Höhenwind erreichte, wurde die Wolke um neunzig Grad gedreht und flog an der Oberfläche von Triton entlang. Louise ging bis zum Ende der Back und verfolgte den Kurs der wieder zur Mondoberfläche hinabsinkenden Wolke, wo sie eben noch den niedrigen Krater im Eis an der Basis der Wolke erkennen konnte. Der Geysir wurde durch die Einwirkung der Sonnenwärme auf Gastaschen aktiviert, die in der dünnen Eiskruste eingeschlossen waren. Die Stelle der Eruption war mit Eisbrocken übersät, und einige Splitter wirbelten noch immer durch die dünne Stickstoffatmosphäre und kehrten unter dem sanften Zug der Triton-Gravitation langsam wieder zur Oberfläche zurück.
    Das war eines ihrer beliebtesten virtuellen Dioramen, obschon eines der seltensten. Die Kapazität ihrer Prozessoren zur Erzeugung dieser Dioramen war zwar hoch, aber nicht unendlich; sie hielt das Neptun-Diorama bewußt in Reserve und rationierte seinen Einsatz über die immer gleichen Jahrhunderte, um seinen Reiz zu bewahren.
    Die Analyse, warum ihr diese spezifische virtuelle Szene so gut gefiel, war nicht schwer. Die Landschaft dieses abgelegenen Mondes war außergewöhnlich und fremdartig, zudem überraschend wechselhaft aufgrund der Energie der entfernten Sonne; und die blaue Masse von Neptun mit ihren Bändern aus Stickstoff-Wolken hatte so viel Ähnlichkeit mit der Erde, um tiefe, fast verschüttete Gefühle der Nostalgie in ihr zu wecken – und doch war Neptun so anders, daß die Gemeinsamkeiten mit der Erde fast schon unterschwellig waren, so vage, daß sie nicht versucht war, in morbide Sehnsüchte zu verfallen. Und…
    Plötzlich wirbelten Bildpunkte vor ihr herum, tausend Lichtblöcke mit eigenem Antrieb. Vor lauter Überraschung wäre sie fast gestolpert; sie hielt sich an der Reling des Decks fest.
    Die Pixel verdichteten sich mit einer lautlosen Erschütterung zu einem Bildnis von

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