Xeelee 4: Flux
weiten Weg nur wegen einer Handvoll Fleisch gemacht…«
»Ja«, sagte Philas heftig, »aber wir hätten Reichtümer finden können. Unvorstellbare Reichtümer. Wir mußten dorthin gehen.«
»Ich frage mich, weshalb sie überhaupt in der Nähe des Interface bleiben. Glaubst du, es bietet ihnen Schutz bei einem Störfall?«
»Das bezweifle ich«, sagte Philas. »Sie haben doch selbst gesagt, daß das Ding frei schwebt. Es ist nur ein Relikt, eine Ruine aus der Vergangenheit.«
»Weshalb bleiben sie dann?«
»Aus dem gleichen Grund, weshalb Duras Stadt-Leute die Stadt am Pol errichtet haben.« Philas wies auf den leeren Mantel und die gekrümmten Feldlinien. »Weil es einen Fixpunkt in dieser Leere darstellt. Etwas, woran sie sich festhalten können und das ihnen ein Heimatgefühl vermittelt.« Sie rieb sich die Augen; ihr schien bereits die Puste auszugehen. »Das ist besser, als sich einfach nur treiben zu lassen, wie wir es tun. Viel besser.«
Mur schaute hinauf zum Krusten-Wald und erhöhte das Tempo, wobei er die zunehmenden Schmerzen in Hüfte, Knien und Knöcheln ignorierte.
19
DURA SORGTE DAFÜR, daß Hork nicht Farr, sondern sie als Teilnehmerin für die Reise in den UnterMantel bestimmte.
Um eine Brücke zwischen Dura und Farr zu schlagen, versuchte Adda anfangs, dem Jungen Duras Handlungsweise plausibel zu machen, doch ohne jeden Erfolg. Wie ein in die Enge getriebenes Luft-Schwein verkroch Farr sich im Apartment in der Oberstadt, das Hork den Menschlichen Wesen zur Verfügung gestellt hatte.
Der Junge erinnerte Adda an Logue, als er ein junger Mann gewesen war. Farr hatte aus vielerlei Gründen Wert auf die Reise in den UnterMantel gelegt – zum einen hätte er die bisherige Rollenverteilung der Geschwister umkehren und fortan als Beschützer seiner Schwester auftreten können; außerdem war die Reise an sich schon eine aufregende Sache. Farr war zwar kein Kind mehr, aber auch noch kein Mann.
Deshalb war Dura die beste Wahl, wenn es sich schon nicht vermeiden ließ, daß eines der drei Menschlichen Wesen an diesem absurden Ausflug teilnahm. Farr besaß nicht die Reife und Adda nicht die Kraft, um den Herausforderungen der Reise gewachsen zu sein…
Adda war wütend auf sich, weil er schon die Terminologie der Städter benutzte; ihre Mentalität hatte bereits auf ihn abgefärbt. In den Kern damit.
Tatsache war, daß jeder, der sich mit diesem zerbrechlichen Gefährt in den UnterMantel wagte, mit größter Wahrscheinlichkeit ums Leben kommen würde. Duras Qualifikation bestand lediglich darin, daß sie aufgrund ihrer geistigen Fähigkeiten und körperlichen Stärke als einzige der drei eine reelle Überlebenschance hatte.
Im Bewußtsein, daß Duras Entscheidung richtig war, gab Adda es auf, Farr überzeugen zu wollen. Statt dessen versuchte er nun, auf subtile Art und Weise Farrs Zustimmung zu erlangen – indem er die Entscheidung nicht mehr rechtfertigte, sondern sie als unumstößlich hinstellte. Er versuchte, Farrs Ressentiments gegen seine Schwester abzubauen, die sich verstärkten, je näher der Tag der Einfahrt in den UnterMantel rückte. Deshalb war Adda auch froh über die Freundschaft, die Farr während seines bisherigen Aufenthalts in der Stadt mit Cris und dem Fischer Bzya geschlossen hatte und ermunterte ihn, sie zu pflegen.
Als Cris Farr zum Surfen einlud, reagierte Farr zunächst ablehnend, weil dies eine Ablenkung bei der Kultivierung des Zorns auf Dura dargestellt hätte; doch Adda drängte ihn, die Einladung anzunehmen. Schließlich waren es vier Leute – Cris, Farr, Adda und Bzya –, die zwei Tage vor Duras Abreise durch die Korridore der offenen Luft zustrebten.
Adda hatte mittlerweile Sympathie für den hünenhaften Fischer entwickelt; er war sich der Tatsache bewußt, daß Bzya Farr während seiner kurzen Dienstzeit im Hafen sehr geholfen hatte – mehr, als Farr vielleicht ahnte. Nun, wo Farr dank einer Laune von Hork V aus dem Arbeitsverhältnis entlassen war, schien er sich – was in Addas Augen einen erneuten Beweis für die Unreife des Jungen darstellte – von Bzya zu distanzieren, der sich nach wie vor in der Lage befand, der Farr entronnen war – in den großen, stinkenden Hallen des Hafens und in den Tiefen des UnterMantels. Farr indes beklagte sich darüber, daß er Bzya nur noch selten sah.
Adda hatte keine Probleme, Bzyas Hilfe bei der Passage der belebten Korridore in Anspruch zu nehmen; daß der starke Bzya ihm unter die Arme griff, war leichter zu
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