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Xeelee 4: Flux

Xeelee 4: Flux

Titel: Xeelee 4: Flux Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Betroffenheit – ein bisher unbekanntes Gefühl des Verlusts –, doch dann wurde dieses Gefühl von einer Flut des Triumphs fortgespült. Ob es nun Glück oder Können oder beides gewesen war, er hatte es bewältigt. Er stand noch immer auf dem Brett, war noch immer im Rennen, war noch immer entschlossen, zu gewinnen.
    Doch etwas stimmte nicht. Er driftete nach unten durch die sechseckige Konfiguration. Er korrigierte den Kurs und stieß sich kräftig am Magfeld ab – doch erneut setzte diese verdammte Abwärtsdrift ein. Er war verwirrt und desorientiert, als ob die Instinkte ihn im Stich ließen.
    … Allmählich wurde ihm bewußt, daß das nicht der Fall war; die Instinkte waren in Ordnung, und seine Fähigkeiten hatte er auch nicht eingebüßt. Er behielt den Kurs bei. Die Feldlinien selbst drifteten nach oben, der Kruste entgegen. Obwohl er ein Stadt-Junge war, wußte er, was das zu bedeuten hatte.
    Der Mantel gab sein Drehmoment ab. Störfall.
    Plötzlich fühlte er sich zum erstenmal verloren und verwundbar; er hatte das Gefühl, allein am Himmel zu sein. Er stieß einen Schrei aus und wünschte sich in die Sicherheit des entfernten Parz zurück.
    Dann zwang er sich zur Konzentration. Noch befand er sich nicht in unmittelbarer Gefahr. Mit etwas Glück und bei seinem Können würde er vielleicht durchkommen.
    Er schoß durch den Himmel, wobei er sich an den driftenden Feldlinien orientierte. Dann bremste er ab und schaute sich um. Er war praktisch allein; von den hundert Teilnehmern waren vielleicht dreißig noch auf den Brettern und trieben parallel zu ihm durch die Luft. Von den anderen und der Rennleitung war nichts zu sehen. Die Stadt hing noch immer in der Luft wie eine staubige Laterne, massiv und unerschütterlich.
    Die Drift der Feldlinien wurde schneller, und nun verwoben sie sich auch miteinander. Bei näherem Hinsehen erkannte er Instabilitäten, die sowohl vom Oberais auch vom Unterlauf ausgingen; die großen, komplexen Wellen überlagerten sich und schienen sich dabei zu verstärken.
    Er blickte über die Schulter zum Oberlauf. Die Luft glühte gelb. Sie war leer. Überhaupt keine Feldlinien mehr.
    Nun wurde die Luft von purpurnem Licht durchflutet; das geschah so plötzlich, daß das Brett einen Schatten auf Arme und Beine warf. Er beugte sich über das Brett und schaute nach unten.
    Das Quanten-Meer war unter der Stadt explodiert, und nun stieg eine Neutrino-Quelle zu Parz empor, wie eine riesige Faust.
    Ärger keimte in Cris auf. Nein, sagte er sich. Nicht heute. Nicht an meinem Tag…
    Erneut schlug das Magfeld Wellen und stieß das Brett mit plötzlicher Wucht nach oben.
    Ich war am Gewinnen! Oh, ich war am Gewinnen!

    Wie ein Nahrungsbrocken, der durch den Verdauungstrakt geschleust wurde, strebte der hölzerne Zylinder mit seiner wertvollen menschlichen und tierischen Fracht dem Artefakt der Ur-Menschen entgegen.
    Dura fütterte und beruhigte die Luft-Schweine, die mit ihren Winden die Turbine antrieben. Um das ›Schwein‹ zur Öffnung des Wurmlochs zu bringen, mußte Hork das Schiff auf eine Position oberhalb einer Facette der Schnittstelle manövrieren. Als Dura aus dem Fenster schaute, sah sie, wie das Wurmloch-Tor kurz mit dem glitzernden UnterMantel verschmolz und beim erneuten Anflug wieder auftauchte.
    Das langsam das Blickfeld ausfüllende Interface glich einer ausgestreckten Hand, die vom Klarholz-Fenster eingerahmt wurde; Blitze, so blau wie Feldlinien, zuckten durch sein Inneres.
    Verbissen betätigte Hork die Steuerung. Wo er im bisherigen Verlauf der Reise eher locker gewirkt hatte, so schien die Begegnung mit Karen Macrae ihn nun in Rage versetzt zu haben. Oder vielleicht hatte dieser Zorn auch schon die ganze Zeit in ihm geschwelt, sagte Dura sich; vielleicht hatte er es nie verwunden, daß die Menschen hilflos in diesem Stern ausgesetzt worden waren. Doch nun hatte dieser Zorn zum erstenmal einen konkreten Bezugspunkt: Karen Macrae und die Kolonisten im Kern des Sterns.
    Dura fragte sich nun, wie es um ihr eigenes Seelenleben bestellt war. Ja, beim Blick in den dräuenden Schlund des Wurmlochs wäre sie fast vor Angst vergangen. Doch gleichzeitig erkannte sie, daß sie im Gegensatz zu Hork wußte, was ihr bevorstand. Die Überlieferungen der Menschlichen Wesen war sachlich, detailliert und analytisch. Das Universum jenseits des Sterns, das Universum der Vergangenheit jenseits des Hier und Jetzt: sie waren abstrakt und weit entfernt, aber für Dura waren sie genauso real

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