Xeelee 4: Flux
vorgeht.«
»Das ist doch offensichtlich«, sagte Hork schnaubend. »Der Ring wird angegriffen. Es herrscht Krieg, Dura; jemand greift die Xeelee an.«
Er wies auf das filigrane Lichtmuster. »Und es wäre ein außerordentlicher Zufall, wenn wir ausgerechnet zum Auftakt des Kriegs mit dem Stern hier einträfen. Dura, dieser Krieg – die Attacken gegen den Ring – muß schon lange toben.« Er rieb sich am Kinn. »Vielleicht dauert er bereits mehrere Generationen oder gar Jahrhunderte…«
Es verschlug ihr die Sprache. »Menschen? Sind das Schiffe der Ur-Menschen?« Sie versuchte, die riesigen Schiffe dieser spektralen Giganten auszumachen.
Die Schlacht entfaltete sich vor ihren Augen. Einige der glitzernden Schiffe verschwanden; offensichtlich waren sie von den Xeelee-Verteidigern zerstört worden. Andere tauchten in den Ring ein, und wenn die alten Geschichten stimmten, mußten sie nun in einem anderen Universum herauskommen. Sie fragte sich, ob die Besatzungen dieser Schiffe überleben würden… und, wenn ja, welche phantastischen Geschichten sie wohl zu erzählen hätten.
»O ja«, sagte Hork düster. »Ja, die Angreifer sind Menschen. Siehst du es nicht, Dura? Der Stern nimmt Kurs auf den Ring. Wir werden mit ihm zusammenstoßen…«
Dura starrte auf die in der Ferne aufleuchtenden Blitze. Hatte Hork recht? »Ich weiß nicht, wie groß der Ring ist. Vielleicht ist er größer als der Stern; vielleicht wird er die Kollision überstehen. Aber der Stern wird auf jeden Fall zerstört werden.«
Hork hob die Fäuste. »Kein Wunder, daß die Xeelee den Stern angreifen; sie wollen ihn vernichten, bevor er den Ring erreicht. Dura, der Stern zielt direkt auf das Xeelee-Artefakt; er ist eine Rakete«, sagte er beinahe ehrfürchtig. Dura sah ihn fragend an; fasziniert betrachtete er das ferne Schlachtengetümmel.
Sie fragte sich, ob er den Verstand verloren hatte. Diese Vorstellung beunruhigte sie.
Aus diesem Grund sind wir also hier, sagte sie sich. Das ist der Zweck des ganzen Projekts. Die Kolonisten, die Schöpfer der Sternen-Menschen… Das ist der Daseinszweck meiner Rasse. Der Sinn meines Lebens.
Wir sind Waffenfabrikanten für einen Krieg, der sich unserem Begriffsvermögen entzieht.
Und wenn der Stern den Kamikazeangriff gegen den Ring ausgeführt hatte – oder zuvor von den Sternenhämmern der Xeelee zertrümmert wurde –, dann hatten sie ihren Zweck erfüllt und würden sterben.
Nein.
Das Wort übertönte den Aufruhr in ihrem Bewußtsein. Sie mußte etwas unternehmen.
Ohne an die Konsequenzen zu denken, schwamm sie mit kräftigen Stößen durch die Kammer auf den schwebenden Stuhl zu.
»Was tust du da? Dura, es gibt nichts, was wir tun könnten. Wir befinden uns in der Gewalt gigantischer Mächte, die wir kaum begreifen. Und…«
Sie setzte sich auf den Stuhl. Der geisterhafte Stuhl der Ur-Menschen zitterte unter ihrem Gewicht. Sie packte die an den Lehnen angebrachten Griffe.
Eine große, dunkelrote Kugel materialisierte in der Luft; sie war von einem Gitter überzogen, ähnlich den Parz City umspannenden Anker-Bändern.
Die durch diese plötzliche Erscheinung schockierte Dura verlor die Nerven und schrie auf.
Hork lachte sie aus. »Verdammt, Dura«, sagte er mit einer hohen, schrillen Stimme, die seine eigene Anspannung verriet, »du bist soeben Zeuge einer Schlacht geworden, die unser Vorstellungsvermögen übersteigt. Du weißt nun, daß unsere Welt dem Untergang geweiht ist. Und dann verlierst du wegen eines solchen Gimmicks die Fassung!«
»Aber was ist das?«
Die vor dem Stuhl schwebende Kugel hatte einen Durchmesser von etwa einer Mannhöhe. »Das ist doch offensichtlich!« sagte Hork schroff. »Nimm die Hände von den Hebeln.« Sie tat wie geheißen; nach einigen Sekunden schrumpfte die Kugel zusammen und verschwand schließlich. »Es ist ein Hilfsmittel«, sagte Hork. »Wie…« Er machte eine vage Geste. »Wie ein Fenster in einem Luft-Wagen. Ein Hilfsmittel für den Piloten.«
Sie versuchte, dieses neue Rätsel zu lösen. Sie sah durch die Kammer auf den Stern, diesen rotgelben Fleck im Zentrum der riesigen Gaswolke. »Aber diese Kugel hat ausgesehen wie der Stern.«
Hork lachte schrill; die Augen waren vor Aufregung geweitet. »Natürlich hat sie wie der Stern ausgesehen! Verstehst du denn nicht? Dura, man kann den Stern mit diesen Hebeln lenken…«
»Aber das ist doch absurd«, wandte sie ein. »Wie kann ein Stern – eine ganze Welt – wie einer eurer Luft-Wagen
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