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Xeelee 5: Vakuum-Diagramme

Xeelee 5: Vakuum-Diagramme

Titel: Xeelee 5: Vakuum-Diagramme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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zog sich zur Tür der Kammer zurück. Für ein paar Minuten lauschte sie den warmen, menschlichen Lauten der Dörfler. Bisher hatte sie sich in der Lage gesehen, die bizarren Erfahrungen zu verarbeiten: Die Geschichten von Teal gaben ihr Halt, und solange das alles sich dort draußen abgespielt hatte und solange sie, Erwal, Frau von Damen, noch dieselbe war in der bequemen Lederkleidung und mit den paar Besitztümern, hatte sie sich stark und allen Herausforderungen gewachsen gefühlt.
    Doch nun war es etwas anderes.
    Etwas hatte ihr in den Kopf gegriffen, und zum ersten Mal seit dem Verlassen des Dorfs fühlte sie wirklich Angst. Sie wünschte sich, Teal wäre hier; er hätte sicher eine Erklärung dafür gehabt…
    Sie atmete tief durch und schloss die Augen. Teal war nicht hier. Zumal er selbst nicht imstande gewesen wäre, über diesen Punkt hinauszugehen. Es hatte keinen Zweck, mit ihrer Hilflosigkeit zu kokettieren; die Bedeutung der Vision war offensichtlich. Irgendjemand oder irgendetwas hatte ihr den Weg nach draußen gezeigt. Wer es war und wie er es getan hatte, wusste sie nicht. Es spielte auch keine Rolle. Sie musste eine Entscheidung treffen. Sie hatte die Möglichkeit, zu den Dörflern zurückzugehen und angesichts der Herausforderung der Sterne das Handtuch zu werfen…
    Oder sie folgte den klaren Anweisungen.
    Und was würde dann geschehen?
    Es lag wohl an ihrer fehlenden Vorstellungskraft (sie ging zur entgegengesetzten Wand zurück), denn wenn sie auch nur die leiseste Ahnung gehabt hätte, was sie damit vielleicht auslösen würde (sie hob die Hand wie in der Vision und formte mit den Fingern eine Röhre), hätte sie sich wohl nie der Wand genähert und sie auf diese Weise mit den Fingern gepiekst…
    Nichts geschah.
    Sie lehnte sich an die Wand, wobei sie am ganzen Leib zitterte, und stach immer wieder zu.
    Plötzlich war ein Loch in der Wand. Es war kreisrund mit einem etwas kleineren Durchmesser als ihre Körpergröße, und es führte in einen großen, hell erleuchteten Raum – einen Raum im Innern des Schiffs.
    Plötzlich verlor sie die Nerven und rannte schluchzend aus der Achten Kammer.
    * * *
    Die Menschen traten vorsichtig durch die runde Öffnung und standen in der einzigen Kammer des Schiffs.
    Mit den Pelzen und Leggins wirkten sie dort völlig deplatziert. Sessel aus einem dunklen weichen Material waren übers Deck verstreut. Die Sessel waren starr befestigt, doch fanden die Menschen bald heraus, dass sie sich mit einer sachten Bewegung in Liegen verwandeln ließen. Es dauerte nicht lang, bis die Kinder die Möbel mit Beschlag belegt und in Schaukelstühle umfunktioniert hatten.
    Paul verfolgte das Treiben nachdenklich. Es war offensichtlich, dass diese Sessel für Menschen ausgelegt waren; wie überhaupt das ganze Lebens-System menschlichen Anforderungen genügte. Dennoch wies das Schiff nur wenige Merkmale menschlicher Technik auf. Paul sandte die Aufmerksamkeits-Brennpunkte aus und erkannte, dass die von den Menschen belegte Kammer ein Zylinder war, der fast das gesamte Volumen des Schiffs einnahm. Der Antrieb, die Lebenserhaltung und andere Ausrüstung mussten in die Hülle integriert sein. Und als er die hauchdünne Bordwand selbst inspizierte, stellte er fest, dass darin Raum-Schwingen zu kompakten Spulen zusammengerollt waren. Die komprimierten Abteile in der Bordwand hätten Platz für Hunderte, gar Tausende von Personen geboten.
    Leider bestand kein Bedarf mehr dafür.
    Langsam schwärmten die Menschen in dem weiträumigen Schiff aus. Sie breiteten ihre versifften Decken auf dem Boden aus, stritten sich um die Liegen und versuchten sogar, die arme Kuh durch die Achte Kammer ins Schiff zu treiben. Bald hatten sie mit Hilfe der Decken die Kammer in private Parzellen aufgeteilt.
    Das Schiff war für sie nicht mehr als ein komfortabler Schuppen, sagte Paul sich amüsiert und verärgert zugleich.
    Nur die grauhaarige Frau zeigte anhaltendes Interesse am Schiff selbst. Sie ging an den Wänden entlang, berührte, betrachtete und studierte sie. Es gab Paneele mit Stern-Impressionen. Dabei handelte es sich aber nicht um simple Fenster: Sie zeigten Bilder, die vergrößert, invertiert und verzerrt waren, als ob sie sich im Eis spiegelten. Größere Paneele bedeckten den unteren Wandabschnitt wie ein silberner Anstrich. Und aus einem Tisch unter einer Anordnung von Schalttafeln ragten Vorrichtungen, die Paul als Waldos identifizierte, die an die menschliche Ergonomie angepasst waren.

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