Xperten 1.2 - Der Mindcaller
Ocker.«
»Gibt es noch Gebäude zu sehen?«, erkundigt sich jetzt Aroha.
»Nein, nur noch Feuerstellen und Erdlöcher, in denen wohl früher Mahlzeiten zubereitet wurden.«
»Wenn es kein großer Umweg ist, dann gehen wir«, sagt Jeannie.
Mike beruhigt: »Nein, es ist eigentlich fast in gerader Linie, wie wir zum Hauptfluss zurück müssen. Nur geht es nicht eben dahin, sondern ein Stück bergauf.«
Das ‚Stück bergauf‘ erweist sich als ein ausgewachsenes Steilstück, aber alle sind begeistert über das, was sie schließlich finden. Aroha wundert sich, wie viele Teile des Palisadenzaunes noch durch Flachsstricke zusammengehalten werden, der Zustand ist überraschend gut. In einem der Erdlöcher, die zum Kochen verwendet wurden, also in einem ‚Hangi-Pit‘, finden sie noch Knochen von einem Tier, das sie nicht identifizieren können. Und eine Erdhöhle diente offenbar einmal als Vorratskammer.
Während die Frauen die befestigte Wohnungsanlage genau untersuchen, beginnt Mike an einer Stelle, die Aroha nicht sehen kann, ein großes Mittagessen herzurichten. Aroha hat heute Geburtstag, nur hat Aroha keine Ahnung, dass die anderen das wissen! Als Mike und Kevin »zum Mittagstisch« bitten, ist Aroha überrascht und gerührt, und die drei anderen freuen sich, dass die Überraschung so gut gelungen ist.
Nun ist es auch klar, warum die Rucksäcke der Freunde so besonders groß ausgesehen hatten. Sie haben drei große Dosen mitgebracht, die sich automatisch erhitzen, wenn sie geöffnet werden. Es gibt daher zwei Arten von Fleisch mit Gemüse, einen Pflaumenpudding und sogar eine Flasche Wein. Bald hört diese Anlage wohl zum ersten Mal nach sehr langer Zeit ein fröhliches Geburtstagslied, und die Berge werfen ein leises Echo zurück.
[26] Ein Pa ist eine befestigte Wohnsiedlung. Sie liegt, von einem Palisadenzaun umgeben im Normalfall immer auf einen Hügel, um die Verteidigung zu erleichtern. Die Maoris waren in früheren Zeiten ein ausgesprochen kriegerisches Volk!
[27] Tiki sind die Amulette der Maoris. Sie gelten meist, aber nicht immer, als Glücksbringer.
Die Geschenke, die die drei mitgebracht haben sind originell, filigran und fast gewichtslos. Eine Pfeiferl (damit Aroha um Hilfe rufen kann wenn sie sich je verirrt), eine kleine tragbare Sonnenuhr und von Mike ein Gerät, das er als die genialste kleine Mückenklatsche bezeichnet, die je erfunden wurde.
Aroha bedankt sich liebevoll, streift Kevins Mund mit ihren Lippen. Sie weiß, sie wird diese Feier nie vergessen, in ihrer Einfachheit aber auch in ihrer Ungereimtheit. Ein Fest im 21. Jahrhundert mit sich selbst wärmenden Gerichten in einer uralten befestigten Wohnanlage. Aroha amüsiert die Situation sehr. Als Kevin ihr Lächeln merkt, sie fragend ansieht und sie erklärt, was sie empfindet, lachen alle und können kaum mehr aufhören.
Ein Wermutstropfen für Aroha ist, dass Kalina nicht dabei ist. Sie erinnert sich, dass irgendwer einmal gesagt hat, was für ein unpassendes Paar sie eigentlich sind. Aroha, die Naturwissenschaftlerin, eine Romantikerin mit einer zunehmend mystischen Ader, und Kalina, eine Künstlerin, rational im Denken und Handeln in jeder Hinsicht.
Am Weg zurück halten alle intensiv Ausschau nach anderen Zeichen menschlicher Besiedlung, aber sie sehen nichts. Sie beobachten allerdings einen Schwarm großer Vögel über ihren Köpfen.
»Die sind so groß wie Albatrosse«, ruft Jeannie erstaunt, »und es sind Dutzende von ihnen.«
So Leid es ihnen tut, sie haben nicht mehr viel Zeit. Die Autofahrt zurück in die Stadt wird fünf Stunden benötigen. Sie beginnen im Auto noch einmal über das Kapakapa und ihre Erlebnisse zu sprechen, doch sind schließlich zu müde, um die Dinge weiter zu verfolgen. Sie beschließen, bei nächster Gelegenheit einen »Kriegsrat« abzuhalten, wie es weitergehen soll.
8. Felsen, Feuer und Eis
Mike, Aroha und Jeannie treffen sich bei der Statue von Sir Richard Grey im Park vor der Universität, der diese vom Stadtzentrum trennt. Kevin ist im Tongariro Nationalpark beschäftigt und fehlt daher leider bei ihrer Zusammenkunft.
»Ich bin sicher, dass wir alle viel nachgedacht haben«, beginnt Mike.
»Ja, aber ich finde es noch immer schwer zu glauben, was wir im Tongariro Park erlebt haben«, sagt Aroha.
»Ich glaube, wir sollten eine Liste von Feststellungen sammeln und dann versuchen, diese in ein sinnvolles Ganzes einzubinden«, schlägt Mike vor.
»Feststellung eins: Wir haben alle
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