Xperten - Der Anfang: Kurzgeschichten
mehr und mehr als Partner beim Essen das Fernsehen oder eine Zeitung einspringt.
Vor mir sehe ich diese Vision: Eine Gruppe von Freunden sitzt am Abend zusammen. Einer entschuldigt sich plötzlich möglichst unauffällig; er muss nicht aufs WC, sondern er ist hungrig. Er verschwindet kurz in einer kleinen Esszelle, wo er seine drängenden (Ess-)Bedürfnisse befriedigt. Wenn er zurückkehrt, wird über seine Aktivität nicht gesprochen: Das wäre sehr ungehörig …
8.8 Mir geht es gut …
ich weiß, dass ich sterbe
Mein Freund Markus schaut seit Jahren schlecht aus: Er darf nicht mehr rauchen, er trinkt ganz vorsichtig, er isst nur Gemüse, Kaffee ist verboten … Er tut mir Leid, seit ihm die Ärzte gesagt haben, er müsse sehr Acht geben, und ihm vielfache Diäten verordnet haben. Vor wenigen Wochen traf ich ihn in einem Schlemmerlokal. Er schaute nicht gut aus, aber glücklich. Er war in Begleitung einer jungen, hübschen Frau, aß Schnecken, trank einen Aperitif und reichlich Wein, bestellte ein mehrgängiges Menü, seine Augen strahlten, er hatte prächtige Laune.
Erstaunt und neugierig setzte ich mich zu ihm, als er sich gerade eine Zigarre anzünden ließ. »Ich bin froh, dass es dir endlich wieder gut geht«, meinte ich bieder. Er lachte schallend. »Ich weiß, dass ich nur noch vier Monate zu leben habe, darum geht es mir gut«, antwortete er. Mein Gesicht war nur mehr ein großes Fragezeichen.
Mühsam erklärte er mir: Seit drei Jahren durfte er nichts mehr tun, was im Spaß machte, und jedes Mädchen, das er gerne haben wollte, wollte immer nur geheiratet werden. Seit er (wegen inoperablen Magenkrebses) weiß, dass er nur noch einige Monate zu leben hat, braucht er auf seine Lunge (rauchen), seine Leber (trinken), sein Herz (Cholesterin) usw. nicht mehr Rücksicht zu nehmen. Und selbst die Mädchen verzeihen ihm plötzlich – so sagte er mir –, dass er für JETZT lebt: hier, im Drei-Hauben-Lokal, oder zwei Wochen auf den Fidschi-Inseln oder auf Mauritius bei Freunden oder sonst wo. Niemand erwartet von ihm mehr Versprechen »für immer« (die ohnehin nichts wert sind), sondern jeder freut sich (»carpe diem«) über die Schönheit des Augenblicks.
Ob wir alle davon lernen könnten?
8.9 Feuer und Liebe
Ich war viele Jahre in Kanada und war dort manchmal in der Wildnis unterwegs. Zum angenehmen Überleben war es immer notwendig ein Feuer zu haben, das die ganze Nacht durchbrannte: der Wärme wegen, um Stechmücken und Bären fernzuhalten und auch um etwas zu kochen. Der heiße Tee am Morgen war einfach »notwendig«! Dabei habe ich gelernt, dass das Feuer, das Verbrennen von Holz, eigentümliche Eigenschaften hat. Solange noch genug Glut da ist, kann man durch Blasen und durch Umgruppieren schwelender Äste jederzeit wieder ein großes Feuer entfachen. ABER: Wenn einmal die Glut weg ist, dann hat es keinen Sinn mehr, die halb verkohlten Äste wieder zum Brennen bringen zu wollen. Man entfernt sie am besten und fängt mit neuem Holz von vorne an …
Oft habe ich mir überlegt, dass dies mit der Liebe ähnlich ist. Eine »große« Liebe kann kleiner werden, nur noch glühen und ist jederzeit wieder »entfachbar« (und das genügt zum angenehmen Leben). Aber irgendwann, wenn die Glut nicht mehr da ist, dann geht ein Anzünden auf einmal gar nicht mehr. Um ein neues Feuer (eine neue Liebe) zu erhalten, muss das alte Holz (die alte Liebe) vergessen werden und ist neues Holz (ein anderer Partner) notwendig.
Stimmt diese recht »zynische« Analogie?
9 SPLITTER
9.1 Haustiere in Städten?
Wer hat nicht schon mit Begeisterung Eichkätzchen im Park beobachtet, Vogelgezwitscher gehört, Rehe im Wald gesehen, Gämsen in Felswänden gesucht, Hunde als Beschützer eines einsam stehenden Hauses erlebt?
Wer hat sich andererseits nicht auch schon belästigt gefühlt durch Hunde in einem Restaurant, durch von Hunden verschmutzte Gehsteige, durch jaulende Katzen; oder hat sich nicht schon über den Geruch, den Schmutz und die Zerstörung geärgert, die Hunde oder Katzen in einer Wohnung verursachen … selbst wenn es die eigenen Tiere sind?
So schön Tiere sind, größere Haustiere gehören meiner Ansicht nach nicht in Stadtwohnungen und größere Städte. Ich beschränke mich heute auf die Diskussion über Hunde und Katzen, denn kleinere Tiere wie Mäuse, Meerschweinchen, Vögel (von den Tauben abgesehen) oder Fische belästigen, wenn überhaupt, die Familie des Besitzers, aber sonst niemanden; und
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