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Xperten - Der Anfang: Kurzgeschichten

Xperten - Der Anfang: Kurzgeschichten

Titel: Xperten - Der Anfang: Kurzgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Maurer
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Viertel garantiert.
    Apropos Viertel: Wenn dieser Beitrag zu trocken war – ein Heuriger mit Stelzen, Schinken, fetten Schweinswürsteln und Schmalz- oder (steirischem) Verhackertbrot ist sicher ganz in der Nähe. Also dann: Guten Appetit und Prost!
    Es gibt bei Ihnen keinen solchen Heurigen um die Ecke? Nun, das nächste Kaffeehaus mit ein oder zwei Stück Torte mit Schlagobers, einem starken Kaffee und dann vielleicht noch ein Schnäpschen tut’s wohl auch.

    8.7 Die Tabuisierung von
    Körperfunktionen

    Die Senatoren im antiken Rom vereinbarten häufig wichtige Besprechungen in den öffentlichen Latrinen. Ein entspanntes Gespräch während einer entspannenden »Verdauungssitzung« gehörte zum normalen Tagesablauf und war dem sozialen Klima genauso förderlich wie dem Darm. In manchen »Plumpsklos« auf unseren Almen findet man als Überbleibsel anstelle der isolierenden Einlochanordnung die geselligkeitsfördernde Mehrlochkonstruktion. Auch ein Schuss Pragmatik mag da dabei gewesen sein: Schließlich ist das Freischaufeln des Weges in einer Winternacht eine typische Teamarbeit: Einer leuchtet, zwei schaufeln. Früher waren Schlürfen und Schmatzen beim Essen üblich und ein Kompliment an die Kochkunst.
    Auch ein Zitat Luthers (»Warum rülpset und furzet Ihr nicht, hat es Euch nicht geschmecket?«) zeigt den Wandel in der Einstellung zu vielen Körperfunktionen und ihre zunehmende Tabuisierung.
    Ich erinnere mich noch an Schilder in den Amtsräumen von Behörden: »Bitte nicht auf den Boden spucken!«, und man bot Spucknäpfe als Alternativen an. Heute sind nicht nur die Schilder, sondern auch die Näpfe verschwunden.
    In einem alten Englischbuch fand ich den Limerick:

    There was a young fellow of Ealing
    devoid of all delicate feeling
    when he read on the door
    »please don’t spit on the floor«
    he immediately spat on the ceiling.
    Fast unverständlich klingt dieser Limerick heute: Das Ausspucken ist innerhalb von zwei Generation als Gewohnheit (als Problem?) verschwunden.
    In einem Roman aus dem letzten Jahrhundert, der in der »steirischen Eisenwurzen« spielt, wird von einem schwer arbeitenden Familienvater berichtet, der nach einem gefährlichen Einsatz nach Hause kommt. »Als sich der starke, vertraute Schweißgeruch des Mannes in der Wohnstube ausbreitete, entspannten sich die Kinder und Maria: Der Vater war wohlbehalten daheim.« Damals durften die Menschen noch riechen, war dies eine vertraute und eine persönliche Note! Heute haben uns Seifen- und Deo-Industrie eingeredet, dass wir gefälligst geruchlos zu sein haben oder bestenfalls einen der gerade anerkannten Modedüfte ausströmen dürfen!
    So sehr ein Mindestmaß an Hygiene sinnvoll sein mag, ist die weitgehende Tabuisierung aller menschlichen Ausscheidungsfunktionen schon deshalb zweifelhaft, weil sie ein Symptom für eine Entwicklung ist, die den Menschen immer mehr zu einer perfekten, sterilen, unmenschlichen Maschine machen will.
    Wir tabuisieren ja nicht nur so natürliche Körperfunktionen wie Ausscheidungsvorgänge; wir verdrängen den menschlichsten Vorgang von allen, das Sterben. Wir erlauben das Geschrei von Kindern in Wohnungen nur mehr bis zu einer gewissen Lautstärke, auch wenn draußen ein Überschalljäger viel lauter vorbeidonnert; wir sind verzweifelt, wenn Kinder miteinander raufen, als wäre dies nicht ein grundnatürlicher Vorgang. Als in einem voll besetzten Zugabteil sich unlängst ein junges Liebespaar etwas intensiver küsste, gerieten die Mitpassagiere in Aufruhr wegen des »unmöglichen Benehmens« usw. usw.

    Sind wir vielleicht im Begriff, auch die Nahrungsaufnahme immer mehr zu tabuisieren? Wir verstecken unseren Mund, wenn wir (wohlerzogen) gähnen, einen Zahnstocher benutzen oder den Kirschkern unseres Kirschkuchens auf die Gabel befördern (wer kann’s perfekt?). Das Essen eines kleinen Imbisses auf der Straße gilt (zunehmend) als »unfein«, wenn man nicht in unmittelbarer Nähe eines Würstel- oder Maronistandes ist. Die Beleuchtung in »guten« Restaurants ist so schwach (eine aus den USA importierte Unsitte), dass man das Gegenüber kaum mehr sieht. In Motels in Australien wird das Frühstück durch ein kleines, zweites Türchen ins Zimmer geschoben, damit man es da unbeobachtet von anderen verzehren kann. In Fastfood-Restaurants sitzt man immer häufiger (wenn man alleine ist/isst) mit dem Gesicht zur Wand. Der Mikrowellenherd hat die Synchronisation des Familienessens endgültig durchbrochen, sodass

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