Xperten - Der Anfang: Kurzgeschichten
klingende Aktivitäten durch Informationstechnologie simuliert werden können. Der PC14, der auch in [1] eine prominente Rolle spielt, ist dabei eine wesentliche Komponente. Während des Telefonierens können Bilder bzw. Videos übertragen werden, sei es vom Sprecher, von der Umgebung des Sprechers oder aufgezeichnetes Material. Umgekehrt kann die gesamte audio-visuelle Kommunikation für später aufgezeichnet werden.
Die eingebaute Kamera spielt dabei eine wesentliche Rolle: Sie kann natürlich auch aus der Brille herausgenommen werden, damit man problemlos das eigene Gesicht, eine Blume oder sonstige Aufnahmen senden bzw. archivieren kann. Wenn sie im Normalfall in der Brille ist, »sieht« sie genau das, was der Träger sieht. Das kann dazu verwendet werden, um alles, was sich um den (oder genauer vor dem) Träger der Brille akustisch oder visuell abspielt, aufzuzeichnen! Sofern man diesen Modus aktiviert, kann die Kamera also alles, was der Träger sieht und hört, aufnehmen und lokal oder auf einem Server über das Netz aufzeichnen, wobei die Filmsequenzen durch einen »Ort- Stempel« (d. h. die durch das GPS genau bestimmte Position) und einen »Zeit- Stempel« (d. h. Datum und Uhrzeit) später leicht gefunden werden kann. Die so erhaltenen Audio- und Videoinformationen wurden anderweitig [13] als das »Tagebuch der Sinne« bezeichnet. Man kann Jahre später durch Eingabe von Informationen wie »Zion National Park, Mitte Juli 2009« mit geeigneter Software alle Informationen abrufen, die man beim damaligen Besuch des Zion Parks in Utah, USA, aufgezeichnet hat! Es ist klar, dass bei einem vollständigen Tagebuch der Sinne sehr große Datenmengen anfallen, die pro Jahr bei 10 Terabyte liegen mögen. Damit ist das beschriebene »Tagebuch der Sinne« wohl im Jahr 2014 noch nicht wirklich realistisch, aber wie nahe wir daran schon heute herankommen, zeigen kommerzielle, bereits erhältliche Entwicklungen. Zum Bespiel wird unter dem amüsanten Namen »DejaView« im WWW eine Kamera angeboten, die »die Vergangenheit filmt«. Letzterer Ausdruck ist ein netter Marketing-Gag und doch trifft er in etwa zu: DejaView besteht aus einem kleinen (Handy-großen) Videorekorder, den man im Rucksack oder der Hosentasche trägt, und einem Kamerateil, der klein wie eine Webcam auf irgendeine Brille (oder den Hut oder den Mantelkragen) aufgesetzt wird und der mit dem Rekorderteil drahtlos verbunden ist. Die Kamera ist in Dauerbetrieb (!), zeichnet aber das Geschehen NICHT auf dem Videorekorder auf, sondern auf einem eingebauten Chip, in der ersten 2003 verfügbaren Version rollierend die letzten 30 Sekunden. Durch einen Knopfdruck werden die letzten 30 Sekunden dann nicht mehr überschrieben, sondern auf dem Videorekorder aufgezeichnet. In einem gewissen Sinn filmt man damit tatsächlich die Vergangenheit: Ich gehe im Wald spazieren und sehe einen Hirsch über den Weg springen. Mit normalen Kameras hätte ich keine Chance, dies aufzunehmen, denn bis ich die Kamera schussbereit habe, ist der Hirsch lange verschwunden. Mit DejaView nicht: Die Kamera hat ja genau das gesehen, was ich sah. Es genügt also, im Nachhinein den Aufnahmeknopf zu drücken und der über den Weg springende Hirsch (noch im Chip aufgezeichnet) wird auf den Rekorder übertragen. Die Anwendungen sind vielseitig: Ich sehe einen Unfall in einer Stadt, drücke nachher auf den Knopf und der Unfall wird sozusagen nachträglich gefilmt, für die Klärung der Schuldfrage vielleicht von kritischer Bedeutung.
Sobald DejaView-Kameras eine hinreichend große Auflösung haben und noch um einige technische Details (bessere Auflösung, Zoom, längere Aufzeichnungszeit?) erweitert sind, könnten sie meiner Ansicht nach ein großer Hit werden. Wie oft ärgern wir uns doch, dass die interessantesten Momente, die man erlebt, gerade jene sind, die nicht aufgezeichnet wurden!
Freilich, die damit verbundenen Gefahren jeder solchen Technologie für zum Beispiel unsere Privatsphäre sollen anhand dieses Beispiels einmal deutlich vor Augen geführt werden: Wenn jeder Mensch eine solche DejaView-Kamera trägt, dann werden auch alle Peinlichkeiten, die jedem von uns unterlaufen, alle Indiskretionen usw. aufgezeichnet. Das mag für die anderen Personen ja recht unterhaltsam sein (wie die Folgen »Mit versteckter Kamera« im Fernsehen), für die Betroffenen aber oft mehr als nur peinlich. Diese so entstehende andauernde Beobachtung (= Überwachung), die durch andere Geräte (Minidrohnen
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