Yakuza Flowers
war ein Reflex, und obwohl Gabriel wusste, dass Jiro ihm niemals etwas tun würde, hatte er es nicht verhindern können. Bedauern flammte in Jiros Augen auf. Aber auch das konnte Gabriel nicht dazu bewegen, die Hand nach ihm auszustrecken und damit den Vorfall abzumildern.
„Wir sollten los, wenn wir nicht zu spät kommen wollen.“ Gabriel ahnte, dass Jiro sich bemühte, die Sache damit zu überspielen, doch so recht wollte es nicht gelingen. Alles, was Gabriel tun konnte, war zu nicken, und dann verließen sie das schöne Appartement, das in Gabriels Augen etwas an Wärme verloren hatte.
Auf der Fahrt zu Takanawa sah Jiro sehr angespannt. Das war ein weiterer Grund, weswegen sie nicht miteinander sprachen und als sie das große Eisentor von Takanawas Heim erreichten, wurde es nicht besser. Der Eingang wurde von zahlreichen Videokameras überwacht.
Es kam Gabriel wie ein Hochsicherheitstrakt vor. Zumindest, bis er das Haus sah, da verschlug es ihm einfach die Sprache. Das Gebäude w ar in die Jahre gekommen un d groß, aber gut gepflegt und sehr vornehm. Es wirkte fast wie aus einem alten Film.
Man empfing sie zwar an der Tür, doch während Jiro aufgefordert wurde, das Haus betreten, legte man Gabriel nah, sich in den Garten zu begeben. Überrascht blickte Gabriel zu Jiro und sah den entschuldigenden Ausdruck in seinen Augen . Aber jet zt war keine Zeit, um zu diskutieren und so fügte sich Gabriel der Anweisung. Trotzdem wäre es ihm lieber gewesen, nicht alleine gelassen zu werden. Ob es etwas Schlechtes bedeutete, dass man sie trennte?
Es war nicht angenehm zu wissen, dass an diesem Ort vielleicht über sein Schicksal entschieden wurde. Und dann kamen ihm noch Hikarus Worte in den Sinn. Würde man ihn hier überhaupt lebendig fortlassen? Die Frage lag Gabriel schwer im Magen, als er durch den Garten schlenderte, dem man sehr deutlich ansah, dass er mit liebevoller Hand gepflegt wurde.
An einem kleinen Teich blieb er stehen und betrachtete die Koi. Die Fische kamen zutraulich näher geschwommen und erwarteten ganz offensichtlich ein paar Brotkrümel. Gabriel staunte nicht schlecht, als er das sah. Jemand hatte sich offenbar große Mühe gegeben, die kostbaren Tiere auf diese Weise an den Menschen zu gewöhnen. Ganz davon abgesehen, dass Koi sehr teuer waren. In diesem Teich schwamm ein kleines Vermögen. Gabriel betrachtete die weißen, roten und grauen Flecken, als er von der Seite angesprochen und damit aus seinen Gedanken gerissen wurde.
„Sie sind wunderschön, nicht wahr?“
Neben Gabriel stand ein alter Mann. Er reichte ihm etwas mehr, als bis zur Schulter und trug einen schmucklosen braunen Kimono. In der Hand hielt er eine Harke, in der anderen einen kleinen Beutel mit Fischfutter. Wahrscheinlich war das der Gärtner, der über diesen Garten wachte. Er wirkte so gelassen und ruhig, dass sich Gabriel mit seiner Nervosität ganz fehl am Platz fühlte. Als der alte Mann lächelte, erwiderte Gabriel das Lächeln höflich.
„Ja, sie sind wirklich wunderschön, wenn auch ziemlich gierig, wie mir scheint.“ Gabriel warf einen Blick auf die Fische, die mit ihren Mäulern immer wieder die Wasseroberfläche berührten.
„Das stimmt. Wenn ich noch Haare hätte, würden sie mir diese ganz bestimmt vom Kopf fressen.“ Der Alte gluckste und obwohl Gabriel nicht wollte, musste er doch mitlachen. Daraufhin wurde ihm der Futterbeutel überreicht.
„Füttern Sie sie ruhig. Mich beruhigt das immer und Sie scheinen Beruhigung zu brauchen.“ Er sagte es in einem Ton, der keine Widerrede duldete. Folgsam ließ Gabriel ein paar Flocken ins Wasser fallen.
„Sie sind mit Jiro-san gekommen, nicht wahr?“ Die Frage wurde so unvermittelt gestellt, dass Gabriel arglos daraufhin nickte. E s überraschte ihn schon, dass selbst der Gärtner hier gut informiert zu sein schien. Was ihn selbst anging, hatte er keinen Grun d zu lügen. Er konnte sich nur wundern, dass seine Einladung schon die Runde gemacht hatte.
„Er war sicher nicht sonderlich glücklich Sie hierher zu bringen. Aber er neigte dazu, Dinge, die ihm wichtig sind, für sich zu behalten und zu verstecken.“ Derartiges aus dem Mund eines Gärtners zu hören, war verwirrend. Da war es schon beinahe nebensächlich, dass der alte Mann nach Gabriels Hand griff und sie zu einem Karpfen führte, der offenbar seiner Meinung nach noch nicht genug bekommen hatte. Gabriel war überrascht, weniger, dass der Alte ihn berührt hatte, als viel mehr, weil er so
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