Yakuza Flowers
Mann“, sagte er schließlich. Aber Jiro wusste, dass dieser Kommentar nicht bedeutete, dass er sich hätte entspannen können.
„Und er scheint durchaus aufgeweckt genug zu sein, um nicht neugierig werden zu wollen. Das ist für uns alle gut. Aber dir ist doch klar, über kurz oder lang wirst du ihn nicht behalten können.“ Takanawa sprach es wie eine unumstößliche Tatsache aus, die Jiro Magenschmerzen bereitete. Er nickte nur leicht, selbst wenn er persönlich eine andere Meinung dazu hatte. Warum schien jeder anzunehmen, dass die Beziehung zwischen ihm und Gabriel nicht halten konnte? Er wollte ihn trotzdem nicht aufgeben. Er sah, dass Gabriel sich distanzierte, je mehr er von seiner Arbeit erfuhr, aber Jiro war nicht bereit ihn gehen zu lassen. Selbst wenn er als Preis dafür da s Unbehagen i n seinen Augen sah. Auf der anderen Seite hatte Takanawa recht. Die Mauer, die sich zwischen ihnen aufbaute, würde letztendlich zu der prophezeiten Trennung führen, wenn Jiro nichts unternahm.
„Ich kenne dich lange genug, um zu wissen, dass du ihn nicht so einfach wirst gehen lassen wollen.“ Leider stimmte Takanawas Einschätzung auch in diesem Detail. Aber nach fünfzehn Jahren war es kein Wunder, dass sein Mentor ihn kannte. Langsam erhob sich der alte Mann und ging zum Fenster, um in den Garten zu blicken. Jiro folgte ihm. Gabriel war noch immer am Teich und warf den Fischen Flocken zu.
„Es ist nicht für diese Welt geschaffen und du wirst diesen Seiltanz nicht ewig aufrechterhalten können.“ Takanawa drehte sich zu Jiro um. In seinen Augen war so etwas wie Zuneigung zu finden, wie man sie den eigenen Kindern entgegenbrachte. „Genieß die Zeit, die dir mit ihm noch bleibt. Aber kümmere dich auch um die andere Sache.“ Das waren die letzten Worte, die Jiro zum Abschied bekam und dann konnte auch er endlich gehen.
Wie zu erwarten war Hikaru noch im Flur, als Jiro das Zimmer verließ. Ihre Blicke waren voller Rivalität . Doch als Jiro an Hikaru vorbeigehen wollte, hielt dieser ihn auf. Der Vorfall aus dem Appartement war noch nicht vergessen, und es kostete Jiro einiges an Selbstbeherrschung, Hikaru nicht sofort eine reinzuhauen.
„Dir ist doch klar, dass du deinen Kopf nicht permanent aus der Schlinge ziehen kannst. Der alte Herr wird auch nicht ewig seine Hand über dich halten.“ Hikaru hatte seine freundliche Maske fallen lassen. Seine Worte waren so kalt wie Eiszapfen. Er machte keinen Hehl daraus, dass er nur darauf wartete, Jiro auszubooten und seinen Platz einzunehmen. Aber Jiro war diese offene Feindschaft lieber als geheuchelte Freundlichkeit.
„Du solltest dir weniger Sorgen um mich machen, als um dich.“ Auch Jiro ließ keinen Zweifel daran, dass ihm Hikarus ständige Einmischungen allmählich auf die Nerven gingen. Er hatte lange darüber hinweg gesehen. Verstanden, ihn zu neutralisieren, nicht zuletzt, weil Takanawa fast immer auf Jiros Seite gestanden hatte. Doch seit Hikaru auf die Idee gekommen war, über Gabriel an ihn heranzukommen, hatte Jiro ständig das Bedürfnis ihn umzubringen. Damit wäre das Problem ein für alle Mal gelöst. Es war eine Sache, Jiro direkt anzugreifen, aber eine andere, wenn Hikaru versuchte über Jiros Geliebten ihm zu schaden. Über kurz oder lang mussten sie ihren Kampf ausfechten und am Ende konnte nur einer von ihnen übrig bleiben. Der andere würde für immer von der Bildfläche verschwinden.
„Ich mache mir nur Sorgen um den Clan“, stellte Hikaru klar und griff in seine Jackettasche, um einen Briefumschlag herauszuholen, den er an Jiro reichte. „Ich habe mir gedacht, dass ich dir etwas helfen könnte, damit du den Journalisten schneller findest. Er ist fast jeden Abend dort. D u solltest den Ort kennen.“ Ein sadistisches Lächeln huschte über seine Lippen. „Sieh es als guten Willen von mir an, dir etwas unter die Arme zu greifen.“ Dann ging er und ließ Jiro alleine im Flur zurück.
Jiro öffnete den Briefumschlag erst, als Hikaru schon außer Sichtweite war. Ihm stockte buchstäblich der Atem. Es war die Adresse eines Kabukitheaters, das Jiro nur zu genau kannte. Warum ausgerechnet dieses Haus? Hikaru hatte recht gehabt – diesen Ort kannte er viel zu gut. Das erklärte dann auch seine übertriebene Hilfsbereitschaft: Er hatte sich lediglich keine Chance entgehen lassen wollen, um ihn zu quälen. Und das war ihm gelungen.
Jiro blieb keine Wahl. Er steckte das Foto des Journalisten, samt der Adresse zurück in den
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