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Yakuza Flowers

Yakuza Flowers

Titel: Yakuza Flowers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Murasaki
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Teppich. Es war ein winziger Plastikbeutel, befüllt mit weißem Pulver. Gabriel sagte nichts, aber Jiro sah die Enttäuschung in seinem Gesicht. Die ausgelassene Stimmung von vorhin gefror einfach. Gabriel hob das Beutelchen auf und präsentierte es Jiro auf seiner Handfläche. Es war eine längst vergessene Probe, die Jiro im Eifer des Gefechts mal zwischen die Bücher geschoben hatte. Wie das für Gabriel jetzt aussehen musste, war ihm allerdings klar. Immerhin hatte er ihm klipp und klar gesagt, dass er es nicht dulden würde, wenn Jiro Drogen nahm. Gabriel zuliebe hatte er mit den Drogen aufgehört, selbst wenn die körperlichen Auswirkungen am Anfang unangenehm gewesen waren. Gott sei Dank war sein Konsum nie wirklich übermäßig gewesen. Dennoch hatte es ihm geholfen, wenn er sich nachts schlaflos an Gabriel hatte klammern können. Gabriels Zuneigung war ihm Belohnung genug gewesen durchzuhalten.
    „Ich dachte, du wolltest nichts mehr nehmen“, sagte Gabriel nach einem Moment angespannter Stille.
    „Ich nehme auch nichts“, wehrte Jiro gleich ab. „Es war nur eine Probe. Sie muss da schon seit Wochen oder vielleicht sogar Monaten liegen.“ Er versuchte sich zu rechtfertigen und wusste zugleich, dass mit jedem Wort, das er aussprach, Gabriels Vertrauen in ihn schwand. Gabriel sagte nichts, aber man sah ihm an, dass er nicht überzeugt war, was Jiro nicht ertragen konnte.
    „Komm mit“, sagte er und griff nach Gabriels Hand. Er ging mit ihm schnurstracks ins Bad, hob den Toilettendeckel hoch. Er nahm Gabriel das kleine Beutelchen aus der Hand und öffnete es. Schweigend ließ er das Pulver einfach in die Toilette rieseln, bevor er das Tütchen noch hinterherwarf. Als er danach zu Gabriel sah, stand diesem die Erleichterung ins Gesicht geschrieben.
    „Du bist das Einzige, was mir wichtig ist, Gabriel.“ Er meinte es vollkommen ernst und vielleicht hätte er sogar noch andere Beteuerungen ausgesprochen, wenn da nicht Gabriels Hand gewesen wäre, die einfach auf die Spülung drückte. Jiro sah, dass Gabriel ihm vertrauen wollte und als sie wieder ins Wohnzimmer zurückkehrten, nahm er sich vor, dieses Vertrauen nicht zu enttäuschen.
     
    Die Vorfreude, die Gabriel für den Theaterbesuch zeigte, konnte Jiro nicht teilen. Immer wieder hatte er darüber nachgedacht, ob es richtig war, den fremden Journalisten im Theater umzubringen. Doch die einzige Antwort, die ihm einfiel, war die, dass es sein musste und er die Chance nutzen sollte, wenn sie sich ergab. Keineswegs wollte er das Theater noch einmal aufsuchen müssen.
    Der nächste Tag entwickelte sich bis zu ihrer Ankunft im Theat er für sie beide sehr entspannt. J iros schlechtes Gewissen wurde allerdings nur davon in Schach gehalten, dass Gabriel von der Vorstellung wirklich angetan war. Bis zuletzt hatte Jiro versucht herauszufinden, ob sich der neugierige Journalist auch noch an anderen öffentlichen Orten aufhielt. Aber alles, was er erfahren hatte, hatte seine Hoffnungen zerstört. Zu allem Übel schien er noch ein guter Freund von Kira Miyamoto zu sein. Womit die Idee, ihn auf dem Weg ins Hotel oder in seine Wohnung abzupassen, flach fiel. Es blieb nur das Theater, selbst wenn die vielen Besucher ein gewisses Risiko waren.
    Sie hatten Plätze in der Loge und von dort aus hatte Jiro den Journalisten sehr leicht ausmachen können. Er saß in der ersten Reihe, auf der linken Seite der Bühne, und verfolgte das Stück mit sichtlichem Eifer. Seine Augen klebten an den Darstellern und Jiro fragte sich, ob es sich bei ihm wirklich um einen Kunstliebhaber handelte. Aber was immer es auch war, es durfte Jiro nicht zögern lassen. Mitleid oder gar Zögern konnte er sich nicht leisten.
    Er war so in Gedanken versunken, dass er überrascht aufblickte, als der Vorhang fiel und die Zuschauer zu applaudieren begannen. Es war kein gutes Zeichen, wenn er schon die ganze Vorstellung in Gedanken verbrachte. Ein Blick zu Gabriel bestätigte ihm allerdings, dass zumindest dieser den Abend in vollen Zügen genoss.
    „Mir war nicht bewusst, dass Kabuki so amüsant sein kann. Wir sollten öfters hierher kommen.“ Gabriels heitere Bemerkung ließ Jiro erschaudern. Er hatte alles andere als das Bedürfnis noch einmal herzukommen, aber das konnte er Gabriel kaum sagen. Darum entschied er sich für eine ausweichende Antwort.
    „Es gibt noch viele andere Dinge, die dir vielleicht ebenso gut oder sogar noch besser gefallen könnten.“ Jeder Ort war besser als dieser hier

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