Yakuza Flowers
hatte Gabriel auch ein ganz anderes Problem. Seine Beine wollten ihn nicht mehr so recht tragen und der Schwindel, der ihn vorhin schon befallen hatte, nahm immer mehr zu.
„Sagen wir einfach, dass ich ein netter Kerl bin und es mir lieber wäre, wenn Jiro von selbst seinen Posten räumen würde. Wir hätten alle was davon. Wobei für dich das überzeugendste Argument sein müsste, dass Jiro sein Leben behält.“ Hikaru war Gabriel so nah gekommen, dass er seinen Atem auf der Haut spüren konnte.
„Und was … was müsste ich dafür … tun?“ Gabriels Zunge fühlte sich schwer und wie aus Watte an. Auf einmal wurde ihm klar, dass es nicht der Schreck war, der ihn lähmte, sondern etwas, was Hikaru ihm ins Glas getan hatte. Seine müden Augen versuchten Hikaru zu fixieren. Es stellte sich jedoch als schwer heraus, diese offen zu halten. Er wurde immer müder, und das Herz schlug ihm unangenehm fest gegen die Rippen.
„Nichts. Nur hier bleiben“, wisperte Hikaru und lachte leise, als Gabriel zu schwanken begann.
„Ich will aber nicht …“ Zu mehr war Gabriels lallende Zunge nicht fähig. Sein gesamter Körper schrie nach Schlaf und keine seiner anderen Emotionen kam dagegen an.
„Ich habe mir erlaubt, deine Wahl vorwegzunehmen. Es ist nur ein leichtes Betäubungsmittel. Nichts Schlimmes, du wirst nur etwas schlafen und wenn du aufwachst, wird alles wieder gut sein“, erklärte Hikaru weiter, während Gabriels Sinne schwanden.
Das waren die letzten Worte, die Gabriel hörte, bevor seine Augen zufielen und seine Beine nachgaben.
Kapitel 6
Kira
Es dauerte fast eine Stunde, bis Kira und den anderen auffiel, dass Gabriel das Haus verlassen hatte. Erst hatten sie gewartet, dass er wiederkam, doch als er nicht zurückkehrte, hatten sie begonnen ihn zu suchen. Gabriel war nirgendwo zu finden. Selbst Jiros Herumtelefonieren brachte nichts ein. Gabriel blieb einfach verschwunden.
„Ich hätte ihn nicht aus den Augen verlieren dürfen“, fluchte Jiro zum x-ten Mal und tigerte in der Küche auf und ab, während Vincent auf einem Stuhl in der Ecke saß und auf der Unterlippe kaute.
„Nein, ich hätte ihn ablenken sollen, anstatt zuzulassen, dass …“ Als auch noch Vincent mit Selbstvorwürfen begann, unterbrach ihn Kira.
„Hört auf, ihr beiden! Es ist ja nicht auszuhalten, dieses ‚ich hätte‘ und so weiter. Das nützt gerade nichts. Vielleicht hat er sich auch nur irgendwohin verkrümelt, weil er seine Ruhe haben möchte. Oder er hat sich verlaufen. Das kann genauso gut der Fall sein.“ Die harschen Worte ließen die beiden anderen verstummen. Im Grunde war Kira genauso nervös wie Vincent und Jiro. Ihm war aber klar, dass Debatten darüber, wer inwieweit Schuld hatte, sie kaum weiterbringen würden.
Dabei machte er sich selbst ja auch Vorwürfe. Wäre er nicht auf Jiros Idee eingegangen, Gabriel von dem Plan nichts zu erzählen, dann wäre es gar nicht erst soweit gekommen. Nun hatten sie den Salat. Gabriel war in dem Glauben, dass Jiro ihn hinterging, abgehauen und Kira konnte es ihm nicht einmal übelnehmen. Er selbst hätte wohl nicht anders gehandelt. Wenngleich er sicherlich so einige Schimpfworte mehr zurückgelassen hätte. Aber für Schuldzuweisungen war das gerade nicht die Zeit und so hielt Kira den Mund. Erst einmal mussten sie Gabriel wiederfinden, und dann würde er Jiro nahelegen, Gabriel die Wahrheit zu sagen. Dass er mit Schweigen nicht weiterkam, hatten sie nun wirklich alle gesehen.
„Ich werde noch mal meine Leute anrufen, vielleicht haben sie ihn schon irgendwo aufgespürt.“ Jiro griff nach seinem Handy und verließ den Raum, um im Nebenzimmer zu telefonieren. Vincent blieb auf seinem Stuhl sitzen. Di e ausgelassene Fröhlichkeit, die er seit Gabriels Wiederfinden ausgestrahlt hatte, war wie fortgeblasen. Er sah blass und besorgt aus.
„Ich hätte ihm nicht sagen dürfen, dass du mit Jiro telefoniert hast.“ Vincent sah nicht zu ihm auf, sondern drehte ein Glas in den Händen. „Wäre ich nur bei ihm geblieben. Oder ihm nachgegangen …“ Man brauchte kein Genie zu sein, um zu sehen, dass Vincent sich die schlimmsten Vorwürfe machte. Kira konnte gar nicht anders, als zu ihm zu gehen und den Kopf seines Geliebten an seine Brust zu ziehen.
„Es ist nicht deine Schuld, Vincent. Niemand hätte ahnen können, dass er einfach so verschwindet. Ich bin sicher, dass er nur durch die Gegend irrt, um wieder runterzukommen.“ Sie alle hatten angenommen, dass Gabriel
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