Yakuza Flowers
in den Garten gegangen war, um den Streit mit Jiro zu verdauen. Dass keiner sein Verschwinden gleich bemerkt hatte, war nicht mehr zu ändern.
Als Jiro wenige Minuten später zurück in die Küche kam, waren Kira und Vincent noch immer in der gleichen Position. Jiros angespannter Gesichtsaudruck ließ Kira Vincent wieder loslassen. Die beiden Männer sahen fragend zu Jiro.
„Was ist passiert? Haben sie ihn gefunden?“ Ein ungutes Gefühl überkam Kira, noch während er die Frage stellte. Würde es Gabriel gut gehen, dachte er, dann wäre auf Jiros Stirn keine so tiefe Falte.
„Geht es ihm gut?“ Vincent fuhr von seinem Stuhl hoch und wirkte mindestens genauso angespannt wie Jiro selbst.
„Er ist bei Hikaru.“ Auch wenn Jiro Kira über Hikaru informiert hätte, wäre ihm dennoch klar gewesen, dass das nichts Gutes bedeuten konnte. Jiros goldbraune Hautfarbe war nämlich fahl geworden. Kira sank das Herz in die Hose.
„Wer ist dieser Hikaru? Geht es Gabriel gut?“ Die Frage kam von Vincent, der aufgestanden war und auf Jiro zuging. Leider erhielt er auch nur einen ausdruckslosen Blick, und Kira hatte keine Ahnung, was er sagen sollte. Wie es aussah, war das aber auch nicht nötig, denn Jiro entschloss sich, Vincent aufzuklären.
„Er ist ein Geschäftspartner. Er sagte, dass Gabriel heute bei ihm bleiben wird, da er mich nicht sehen will. Wir können ihn aber morgen holen.“
Kira wusste sofort, dass das ganz sicher nicht Gabriels Wunsch gewesen war. Auch Vincent wirkte nicht überzeugt. Wahrscheinlich kannte er Gabriel gut genug, um ihm so etwas nicht zuzutrauen, doch Kira entschied sich in diesem Punkt zu Jiro zu halten. Immerhin würde es nichts bringen, wenn Vincent sich noch mehr Sorgen machte.
„Dann wissen wir zumindest bescheid, dass es ihm gut geht. Es ist nicht nötig, sich noch länger verrückt zu machen.“ Kira klang mit Absicht so aufgeräumt, obwohl er ganz und gar nicht beruhigt war. Am liebsten hätte er Vincent gleich aus der Küche geschickt, aber das konnte er nicht und so warf er Jiro nur einen warnenden Blick zu, damit dieser nichts mehr sagte.
„Ich schlage vor, dass wir alle zu Bett gehen. Jiro, du schläfst heute Nacht hier. Im Gästezimmer ist genug Platz für dich.“ So gelassen wie es nur irgend möglich war übernahm Kira das Kommando, wobei er sich wirklich fragte, ob sie Gabriel morgen wiedersehen würden. Und wenn ja, in was für einem Zustand. Als Vincent den Mund aufmachte, um zu widersprechen, fuhr er ihm gleich dazwischen.
„Keine Widerrede! Wenn wir hier herumsitzen, wird die Nacht auch nicht schneller vorübergehen.“ Doch als er sah, wie irritiert Vincent war, sprach er sanfter weiter. „Wir wissen jetzt doch, wo Gabriel ist. Wenn er uns heute nicht sehen will, dann sollten wir seinen Wunsch respektieren.“ Kira sah sofort, dass es Vincent schwerfiel, diesen Vorschlag zu schlucken, aber dann gab er nach.
„Wahrscheinlich hast du recht.“ Glücklich klang er dabei jedoch ganz und gar nicht. Jiro nickte ebenfalls zustimmend. Wortlos verließ Vincent dann die Küche. Sie alle waren von der Nachricht mitgenommen, wobei Kira sich nicht hätte entscheiden können, ob es nun Jiro oder Vincent näher ging. Erst als Vincents Schritte im Flur nicht mehr zu hören waren, wandte Kira sich an Jiro. Dieser hatte sich auf einen Stuhl gesetzt und das Gesicht in den Händen verborgen.
„Es ist alles meine Schuld“, sagte Jiro mit belegter Stimme. „Ich hätte von Anfang an ehrlich zu ihm sein sollen. Ich hätte einfach alles hinwerfen und mit ihm verschwinden müssen …“ Der Rest ging in einem Seufzer unter. So resigniert hatte er Jiro noch nie gesehen. Nicht einmal als sie Kinder gewesen waren. Tröstend legte er seine Hand auf den Kopf des anderen und streichelte über sein Haar.
„Hätte und sollte wird uns jetzt nicht weiterbringe n. Erzähl mir lieber, was Hikaru genau gesagt hat.“ Er setzte sich seinem Bruder gegenüber und betrachtete ihn voller Ernst. Wie sich Jiro gerade fühlen musste, konnte Kira nur zu gut nachvollziehen. Jiros Eröffnung vor einigen Tagen hatte ihm einen ähnlichen Schrecken eingejagt. Dass Jiro allerdings so bald selbst solch einen Schrecken erleben würde, damit hatte keiner von ihnen gerechnet. Es gab Dinge im Leben, auf die konnte man ruhigen Gewissens verzichten und solche Vorfälle zählten dazu.
Jiro lehnte sich langsam zurück, bevor er zu sprechen begann.
„Er sagte, dass er Gabriel auf der Straße aufgesammelt
Weitere Kostenlose Bücher