Yakuza-Rache
spielte hier den Unbekümmerten. Wo ich hinzugehen hatte, wußte ich schon. Es gab kein anderes Ziel als die dunkelrot lackierte Doppeltür, deren rechte Hälfte ich aufdrückte, überrascht mit den Augen blinzelte, weil ich das Gefühl hatte, meinen Fuß in eine fremde Welt gesetzt zu haben.
Japan in London!
Etwas kitschig für meinen Geschmack, aber immerhin. Natürlich fehlte nicht das Bild vom Fudschijama, dem sagenumwobenen höchsten Bergs Japans. Jeder Eintretende blickte auf ihn, weil er als breite Fotografie die gegenüberliegende Wand einnahm.
Vasen mit frischen Kirschblütenzweigen verteilten sich im Raum und bildeten kleine frühlingshafte Inseln. Die Bilder an den Wänden — zumeist Federzeichnungen — waren kleine Kunstwerke für sich. Es gab eine Bar, das hatte man übernommen. Das Holz zeigte eine dunkelrote Lackierung, die im Licht der sehr kleinen künstlerisch interessanten Lampen schimmerte, weil sie an bestimmten Stellen reflexartige Blitze zurückschleuderte.
Wer nicht an dieser Theke saß, konnte an den sehr niedrigen Tischen seinen Platz finden. Matten bildeten die Unterlage, man mußte sich schon im Schneidersitz niederhocken.
Sechs dieser Tische zählte ich. Sie standen so weit auseinander, daß kein Gast den anderen am Nebentisch störte. Es war eine ruhige Welt, keine Barhektik, wie ich sie kannte. Wände im Hintergrund bestanden aus dickem Pergament. Licht an der anderen Seite schimmerte durch und füllte die Wände aus wie eine breite, blasse Sonne. Man kümmerte sich nicht um mich. Die wenigen Gäste waren in ihre Gespräche vertieft.
Die meisten von ihnen trugen europäische Kleidung, die anderen hatten die traditionelle vorgezogen. Kimonos flössen weich um ihre Körper und schillerten, wenn sich die Leute bewegten.
Sariana sah ich nicht. Überhaupt mußte ich die Mädchen suchen. Dafür fiel mein Blick auf die Bühne an der rechten Seite, wo ein grüner Vorhang bis zum Boden hing. Selbst die Decke zeigte Figuren aus der japanischen Mystik und Geschichte. Ineinander verkrallte Monstren und Tiere, die sich um eine Kugel stritten, die den Erdball darstellen sollte. Die leise fremde Musik im Hintergrund begleitete meinen Weg bis zur Theke, wo ich mich auf einem weichen Hocker niederließ, und zwar so, daß ich die Bühne im Auge behalten konnte. Ich saß zudem nicht weit vom Durchgang zu den anderen Räumen entfernt. Dort mußten sich die Saunen oder die Baderäume befinden.
Wahrscheinlich versüßten die Mädchen den Herren dort hinten die Stunden, im Lokal hielten sie sich zurück.
Der Keeper trug einen schwarzen Anzug und ein weißes Hemd mit Rüschen. Erlächelte mirzu. »Darf ich Ihnen etwas zu trinken bringen, Sir?«
Ich nickte. »Ja, vielleicht ein Wasser.«
»Sehr wohl, ein stilles?« — Ich nickte.
Wir hatten beide leise gesprochen. In dieser Atmosphäre traute ich mich nicht, laut zu sprechen. In diesem Club ging alles sehr vornehm zu. Ich bekam mein Wasser. Soweit ich hatte feststellen können, war ich der einzige Europäerin dieser illustren Runde.
Ich trank und nahm etwas von dem Salzgebäck, das vor mir stand.
»Gefällt es Ihnen bei uns, Sir?«
»Sehr nett.« Ich lächelte. »Wie man es mir erzählt hatte…«
»Sie kamen auf Empfehlung?«
»Eine Bekannte.«
»Ah so. Kenne ich sie?«
So fragte man Leute aus, dachte ich, machte das Spiel aber mit und gab lässig die Antwort. »Ja, das ist eine junge Frau, Sariana. Sie sollten sie kennen.«
»Natürlich.« Auf dem glatten Gesicht des Keepers regte sich kein Muskel. »Sie ist mir bekannt.«
»Und wo finde ich sie heute abend?«
»Oh, sie hat gleich ihren Auftritt. Sie wissen ja selbst, was sie hier tut.«
»Klar, sie tritt auf.«
»Genau. Sariana gehört zur Spitze. Sie ist gut. Selbst in Tokio stünde sie ganz oben! Sie haben einen guten Geschmack, Sir, wenn ich das mal so sagen darf.«
»Danke sehr.«
Zwei neue Gäste betraten die Bar. Sie waren älter als ich, dickbäuchig und grinsten auf eine widerliche und impertinente Art und Weise. Die Bar steuerten sie nicht an, gingen an ihr vorbei und nickten dem Keeper zu. Der nickte zurück.
Sekunden später waren die beiden Männer hinter der in meiner Nähe liegenden Tür verschwunden.
Ich trank einen Schluck Wasser, schaute dem Mann hinter der Bar zu, wie er Gläser mit Tee füllte und die Getränke servierte. Es ging sehr gelassen zu, nichts wies in diesem Raum darauf hin, daß etwas falsch laufen oder nicht in Ordnung sein konnte.
Trotzdem war
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