Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
YANKO - Die Geschichte eines Roma

YANKO - Die Geschichte eines Roma

Titel: YANKO - Die Geschichte eines Roma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anžy Heidrun Holderbach
Vom Netzwerk:
bevor Yanko die Tür hinter sich zumachte.
    Es regnete in Strömen, und es war sehr dunkel, als Yanko zu seinem Auto rannte. Er fuhr los und drehte den CD Player mit seiner Gypsymusik voll auf. Kaum war er zu Hause angekommen, drehte er sich einen Joint und setzte sich damit im Dunkeln auf das Sofa. Er saß einfach nur da, rauchte und starrte vor sich hin.
    Sofort stiegen die Erinnerungen an die Zeiten auf, in denen er selbst über die Maße gesoffen hatte und oft bis zum Umfallen betrunken war. Für ihn war es damals die einzige Linderung gewesen, die es gab. Er hatte sich mit Keith in dieser Zeit so oft deswegen gestritten, weil er ihn einfach nicht in Ruhe gelassen hatte. Mittlerweile konnte er Keith ja verstehen, aber damals hatte er sich einfach nicht vorstellen können, wie er den Verlust von Fam anders hätte aushalten sollen.
    Yanko schreckte hoch und setzte sich schwer atmend auf. Dann stand er auf, ging in die Küche und ließ Wasser aus dem Hahn in ein Glas laufen. Er leerte es in einem Zug, stellte dasGlas wieder hin, drehte sich um und schaute sich in seinem Blockhaus um. Er wollte kein Licht machen.
    Er fühlte in sich wieder diese stetige Unruhe und Rastlosigkeit. Wann war das eigentlich nicht so? In letzter Zeit jedenfalls kam es äußerst selten vor, dass er sich auch nur annähernd entspannt fühlte. Lag es nur daran, dass er Ron vermisste? Nein, das war vorher auch schon so gewesen. Und wenn er ehrlich war, konnte er dieses Gefühl sogar bis in seine Kindheit zurückverfolgen. Damals war es nur nicht so deutlich spürbar gewesen, und in den Jahren mit Fam hatte er es jedenfalls nicht wahrgenommen. Aber wenn er noch ehrlicher war, so musste er sich eingestehen, dass es, zwar nur recht zaghaft, auch in dieser Zeit da gewesen war, und zwar immer dann, wenn er mal allein war.
    Vom Küchentisch holte er ein Päckchen Zigaretten und nahm eine heraus, ging damit hinaus auf die Veranda und steckte sie sich an. Nervös zog er an ihr. Irgendwann drehte er sich um und lehnte sich an das Geländer und starrte auf die Haustür. Und plötzlich erschien vor seinem inneren Auge kurz und schemenhaft der Abend im Winter vor ein paar Jahren, als der Schneesturm wütete und Ron wie aus heiterem Himmel auf der Veranda saß. Er sah genau vor sich, wie Ron damals aufgestanden war und sie dann eine Weile schweigend dagestanden, und sich nur angeschaut hatten. Er wusste noch zu genau, wie es sich angefühlt hatte Ron im Schnee zu lieben.
    Yanko fuhr sich mit der Hand durch die Haare und drehte sich wieder um und blickte über den See. Dann holte er sein Handy aus der Hosentasche und drückte darauf herum. Aber er konnte sich nicht dazu durchringen ihn wirklich anzurufen. Halb geraucht drückte er die Zigarette wieder aus, ging hinein und legte sich angezogen wie er war ins Bett und fiel irgendwann in einen unruhigen Schlaf.

K eith war schon nachmittags betrunken. Er saß allein an einem Tisch im OLD RAILWAY und trank Bier aus der Flasche.
    Yanko entdeckte ihn kurz nachdem er hereingekommen war und setzte sich gleich zu ihm. Zur Begrüßung legte er kurz seine Hand auf Keiths Rücken. „Hallo Bruder! Was machst du hier so früh am Tag?“, fragte er, obwohl er genau sehen konnte, was er hier machte, und es gefiel ihm überhaupt nicht was er sah. Wollte Keith jetzt den Spieß umdrehen und selbst das Saufen anfangen?
    „Trinken, wie du siehst.“, gab ihm Keith knapp über den Tisch zu verstehen. Yanko war wirklich besorgt. „Ja, das sehe ich! Kommt nicht so oft vor, dass ich dich hier so antreffe. Das letzte Mal war es an dem Tag, als Kenia auf die Welt kam. Was ist los?“ Keith nahm einen Schluck.
    Roger kam an den Tisch, und Yanko bestellte bei ihm einen Kaffee. Yanko ließ seinen Bruder nicht aus den Augen und wartete einfach, denn das hatte schon öfter funktioniert.
    Keith starrte auf die Bierflasche und knibbelte an dem Etikett herum. Er wirkte nachdenklich und nervös. „Yanko, es tut mir leid...“, sagte er plötzlich, und es klang, als ob er ganz weit weg wäre. „Was tut dir leid?“ Roger brachte den Kaffee. Yanko rührte etwas Milch hinein und trank einen Schluck. Keith fiel es schwer zu sagen was ihn bewegte, und er ließ seinen Blick erst ein paar Mal durch den Raum schweifen, bevor er Yanko direkt anschaute. „Dass wir ohne dich gegangen sind...“, brach es dann aus ihm heraus. Yanko sah Keith verwundert an, denn mit diesem Thema hatte er nun überhaupt nicht gerechnet. Keith starrte wieder vor sich

Weitere Kostenlose Bücher