YANKO - Die Geschichte eines Roma
davon, wie er als Fünfzehnjähriger bei einer Vorstellung Miko am Trapez verfehlt hatte. Miko war ins Netz gefallen und hatte sich dabei verletzt.
Am nächsten Morgen schien die Sonne, und Dolores stand mit einer Einkaufstüte an Yankos Haustür und klopfte mehrmals vergeblich. Sie rief nach ihm, und als ihr keiner öffnete, ging sie vorsichtig hinein und erschrak ziemlich, als sie Yanko mit blutverschmierter Hand auf der Couch liegen sah.
Das Messer war auf den Boden gefallen, so dass Dolores es nicht sehen konnte.
Rasch stellte sie die Tüte ab und versuchte Yanko wach zu rütteln. „Yanko, um Gottes willen, wach auf! Was ist denn passiert? Yanko!!!”, rief sie schon fast hysterisch und redete wie immer wenn sie aufgeregt war auf Spanisch. Yanko wurde mühsam wach und wusste erst gar nicht was los war. Schließlich erkannte er Dolores. „Ich hab’ geträumt von... Miko... Dolores, was machst du hier?“, murmelte er und versuchte klar zu denken. „Wir waren zum Frühstück verabredet! Schon vergessen?“ Yanko wollte sich aufsetzten, doch ein jäher Schmerz in seiner Hand ließ ihn zusammenzucken. Er schaute sich die Hand an und langsam dämmerte es ihm wieder, was gestern Nacht los war. „Ja... Sorry... Hab’s vergessen... Oh, Scheiße!” „Was ist denn mit deiner Hand passiert? Soll ich sie dir verbinden?“, fragte sie besorgt und sah sich die verletzte Hand genauer an. Yanko schüttelte den Kopf. „Glassplitter”, murmelte er nur knapp.Dolores stand auf begann Kaffee zu kochen. Sie wollte das jetzt durchziehen, zu lange schon hatte sie sich auf diesen Morgen gefreut. Ein bisschen enttäuscht war sie allerdings schon darüber, dass Yanko ihre Verabredung offenbar völlig vergessen hatte, und dazu auch noch betrunken war. Doch sie biss die Zähne zusammen und beschloss sich ihre gute Laune nicht verderben zu lassen.
Yanko rappelte sich schließlich mühsam auf, ging duschen und verband seine Hand notdürftig mit einem Tuch.
Dann saßen sie in der Küche am Frühstückstisch und durch die offene Haustür drang Vogelgezwitscher ins Haus. Yanko hatte nur einen Becher Kaffee vor sich stehen und bemühte sich wach zu bleiben. Er war immer noch betrunken, und hätte eigentlich am liebsten gleich mit dem Trinken weiter gemacht. Ihm war jetzt nach allem anderen, nur nicht nach Frühstücken. Dolores schmierte sich einen Toast. „Wie geht’s dir?”, fragte Yanko und hoffte, dass er nicht all zu sehr nach Alkohol roch. „Sehr gut! Danke!... Die Frage brauche ich dir ja wohl nicht zu stellen! Was ist mit dir los? Du siehst ganz schön fertig aus!!“ Yanko schüttelte nur stumm den Kopf und schaute sie dabei an. „Gut, dann eben nicht! Es fällt mir aber nicht leicht, das zu ignorieren!... Die Frau auf den Bildern, ist das deine... deine erste Frau?“ Yanko nickte wieder stumm, und Dolores atmete tief durch. „Du bist nicht gerade gesprächig heute!”, stellte sie fest. „Tut mir leid! Ich bin noch voll und hundemüde!” Dolores musste lächeln. „Ja... Das ist kaum zu übersehen!“
Sie schauten sich eine Weile schweigend an, und Dolores wurde etwas nervös. Schließlich legte sie ihre Hände auf Yankos. „Kann ich dir trotzdem etwas sagen?“, fragte sie mutig. „Mhm!” „Yanko... Ich wollte dir schon lange etwas sagen... Eigentlich schon ganz ganz lange...“ „Hmm?“ Dolores zögerte, denn sie war sich nicht sicher, ob das wirklich eingeeigneter Zeitpunkt war, um mit Yanko darüber zu reden. Er wirkte alles andere als aufnahmefähig. Aber Yanko schaute sie geduldig an und wartete einfach. Da fasste sie neuen Mut, und da sie nun schon mal hier war und auch noch mit ihm allein, fuhr sie beherzt fort. „Weißt du... Damals, als du in Mexico warst, da ging es mir nicht besonders gut... und ich war sehr angespannt, wegen dem ganzen Drumherum. Ich hatte wahnsinnig Angst vor meinem Bruder und der Drogenmafia. Ich glaube, du hast dadurch ein völlig falsches Bild von mir bekommen. Ich glaube, ich habe dir nie wirklich gesagt, was ich eigentlich für dich empfinde...”
Yanko war plötzlich etwas genervt, denn auf noch mehr Gefühle hatte er momentan wirklich keine Lust. Er zog schnell seine Hände zurück und spürte deutlich seinen müden Körper, der jetzt viel lieber auf dem Sofa liegen würde. „Dolores...”, begann er. Aber Dolores unterbrach ihn: „Doch... Lass mich bitte ausreden! Zuerst war ich von deinem Tanzen beeindruckt... Du hast mir von Anfang an gefallen... Dein Körper,
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