YANKO - Die Geschichte eines Roma
wusste ja auch nicht genau, was ihn so bedrückte. „Er frisst alles in sich rein, weil er glaubt, dass es die anderen nervt was ihn beschäftigt, und weil es nur ihn was angehen würde, und er sich als Versager fühlt, weil er es immer noch nicht geschafft hat darüber weg zu sein.” „Meinst du Fam?” „Ja, zum Beispiel.” „Ich weiß nicht, ob man das je schaffen kann, vollkommen über so etwas hinwegzukommen. Ich glaube, er wehrt sich einfach immer noch dagegen, dass es überhaupt passiert ist.“, sagte sie nachdenklich und ließ ihren Blick wieder rüber zu Yanko schweifen. Ron nickte. „Gut möglich...Manchmal habe ich das Gefühl, er packt es nicht... So wie vor ein paar Wochen, als er einfach nicht aufstehen wollte und fast eine Woche im Bett verbracht hatte.“ „Wie meinst du das? Glaubst du er tut sich was an?”, fragte sie besorgt und ihr fiel der schreckliche Traum wieder ein, den sie vor einiger Zeit hatte, in dem sie Yanko als wandelndes Skelett durch die Berge hatte irren sehen. „Ja, manchmal hab’ ich Angst, aber dann kommt er plötzlich wieder und lacht mich an, und dann verschwindet die Angst wieder.“
Yanko unterbrach seine Arbeit und schaute kurz zu den beiden hinüber. Er setzte sich auf das Gatter und spielte gedankenverloren mit einem Seil. Plötzlich gab er sich einen Ruck, sprang vom Gatter und lief zu den beiden auf die Veranda. Er musste es ihnen sagen.
Er zog einen Stuhl heran und setzte sich. Er atmete tief durch und begann unvermittelt, doch war es nicht zu übersehen, dass es ihm Mühe bereitete zu sprechen, wie wenn er erst Worte kreieren dafür müsste für das, was er berichten wollte. „Ich muss euch was sagen...“, begann er. „Ich habe es bis jetzt nicht erzählt... erst weil ich nicht konnte, und dann weil es einfach so war, und es für mich keinen Sinn mehr gemacht hat nochmal davon anzufangen... Tyron hat das Ganze nochmal hochgebracht, und es lässt mich nicht los... Bei dem Überfall auf die Indianer damals habe ich zwei Männer getötet und einen dritten zumindest schwer verletzt... und ich weiß nicht, ob er auch gestorben ist...“
Ron und Jenny starrten ihn wortlos an.
„Und... Fam... Sie... Sie ist nicht einfach nur abgestürzt... Sie... Da war... Sie ist erschossen worden...“
„Was???“, riefen beide, wie aus einem Mund und starrten Yanko völlig fassungslos an.
„Ja... Wir sind da gelaufen, und auf einmal fiel ein Schuss und ich sah nur noch, wie sie schwankte und den Abhanghinunterstürzte... Ich hab’ zwar kurz umher geschaut, habe aber niemanden sehen können... Ich dachte, da hat sie jemand mit einem Wild verwechselt, oder so... Ich habe auch später keine Spuren gefunden... Naja... Und Tyron vermutet jetzt, dass das eventuell ein Racheakt gewesen sein könnte... Vielleicht hat der Kerl überlebt und wusste, dass ich es war...“ Yanko zündete sich eine Zigarette an und rauchte sie schweigend.
Ron schüttelte fassungslos den Kopf. Jenny stand auf und begann langsam auf und ab zu laufen. Schließlich setzte sie sich wieder. „Möglich wäre noch viel mehr...“, begann sie nachdenklich. Yanko und Ron schauten sie fragend an. „Naja”, überlegte sie laut. „Es wäre ja auch theoretisch möglich, dass es immer noch jemand auf dich abgesehen hat. Das würde jedenfalls dann erklären, warum gerade du in Sheddy so viel abgekriegt hast, als das mit euch bekannt wurde.“ „Du meinst, das könnte der Gleiche, oder die Gleichen gewesen sein?... Also ich weiß nicht... Warum tötet er mich dann nicht einfach?“, gab Yanko zu bedenken. „Vielleicht, weil er dich so hasst, dass er dich leiden sehen will... Yanko, warum hast du mir das nie erzählt? Ich meine auch das mit dem Überfall... Was damals wirklich los war... Ich habe damals nur erfahren, dass ein paar Leute ins Gefängnis kamen und du verletzt warst... Ich verstehe es nicht... Verdammt nochmal!“ Ron stand fassungslos auf und stützte sich auf das Geländer und ließ seinen Blick hinüber zum Paddock schweifen. Er konnte es nicht begreifen, warum Yanko ihm das nie erzählt hat. Er war sein bester Freund, seit Jahren, seit damals, seit Yanko nach Sheddy gekommen war. Er war Yankos und Fams Trauzeuge gewesen.
„Ich habe es niemandem erzählt... Auch Fam wusste nicht, dass ich jemand umgebracht hatte... Es ging einfach nicht... Alles steckte irgendwie in mir und kam nicht raus... Als du inder Klinik warst, hat Tyron mich gebeten, dass ich ihm alles erzählen soll, damit er
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