YANKO - Die Geschichte eines Roma
wieder, zog an dem Joint und hielt ihn dann Ron wortlos unter die Nase.
Ron holte seine Jacke und setzte sich neben Yanko und nahm schließlich seufzend den Joint entgegen. Yanko entschuldigte sich müde bei Ron, der ihn daraufhin versöhnlich in die Seite knuffte. „Verdammter Zigeuner!“, neckte er ihn liebevoll. Yanko lächelte ihn müde an. „Was ist nur los mit dir? Und komm mir ja nicht mit: Ich weiß nicht!”, fragte Ron dann so ruhig er konnte. Yanko sah hinaus auf die Wiese und zitterte innerlich. Er wunderte sich selbst, doch diesmal flossen die Worte einfach so aus ihm heraus. Er führte es auf das viele Opium zurück, das er heute Abend geraucht hatte. „Ich fühl’ mich nicht mehr. Kaum bin ich hier, fliege ich schon wieder nach Sheddy. In Sheddy ist dauernd irgendwas! Jenny, Jennys Eltern, Arztbesuche, Zimmer streichen, Einkaufen, Polizei, Verhöre, Anwalt... ein paar Pferdejobs... Und hier könnte ich zwei Jahre am Stück arbeiten, wenn ich wollte, was ich auch gerne tun würde, denn es macht eigentlich viel mehr Spaß hier. Die meisten Leute sind hier irgendwie lockerer drauf... Dann geht mir der Pinto nicht aus dem Sinn... Er ist noch viel zu jung für die Rennbahn... Ein Jahr, und er ist am Arsch... MeineHand tut immer noch verdammt weh... Ich kann noch nicht mal gescheit ein Pferd satteln... und am allermeisten vermisse ich dich, wenn ich in Sheddy bin... Und diese Wilson-Geschichte dreht mir den Magen um!“
Ron konnte es kaum fassen, dass Yanko eben so viel auf einmal gesagt hatte, und er hoffte, dass sein Rat auf nährenden Boden fallen würde, obwohl es ihm eigentlich das Herz brach. Aber er musste es ihm zuliebe einfach vorschlagen. „Ich glaube, du bist total überfordert! Das ist ja auch der helle Wahnsinn! Und das ständige Hin und Her macht’s auch nicht leichter! Vielleicht solltest du doch wieder ganz nach Sheddy gehen und nur bei Jenny sein. Ihr seid jetzt eine Familie, das darfst du nicht vergessen! Und was diese Arschlöcher angeht, so muss doch bald mal klar sein, was da los war! Immerhin hat ein Nachbar eine Zeit genannt, die sich nicht mit der Angabe von diesem Wilson deckt!“ „Ja, Gott sei Dank! Und trotzdem ist es nicht vorbei! Oh, ich kann jetzt gar nichts entscheiden... Ich bin viel zu breit! Lass uns schlafen gehen!“ Ron nickte und war froh, dass Yanko anscheinend nicht auf seinem Lassmich-in-Ruhe-Trip war. Wenig später lagen sie im Bett. Ron schlief schnell wieder ein, doch Yanko wälzte sich schlaflos hin und her. Irgendwann wachte Ron davon auf. „Kannst du wieder nicht schlafen?” „Nein... Soll ich rübergehen?“ „Nein, du bleibst hier!” bestimmte Ron und nahm ihn in die Arme. Yanko ließ sich fallen und fing wieder an zu zittern. Ron machte sich wirklich Sorgen und überlegte fieberhaft, wie er ihm helfen könnte. „Vielleicht solltest du dich doch jetzt entscheiden was du tun willst. Sag mir, ohne vorher zu überlegen einfach frei heraus: Wo will dein Herz sein?“ „Mein Herz will bei dir sein.”, kam es sofort und ohne Verzögerung aus Yankos Mund. Ron drückte Yanko erleichtert an sich, und Yanko klammerte sich an ihn. So konnte er endlich schlafen.
D er Pinto war ein Traum. So ein Pferd hatte er schon lange nicht mehr geritten, wenn überhaupt schon jemals. Sein Rappe früher, ja, der war auch so ähnlich gewesen, nur der hier war einfach noch besser. Sie waren von Anfang an ein Team gewesen, und Yanko konnte sich überhaupt nicht vorstellen, dass er ihn heute hergeben musste. Er galoppierte auf dem Pinto zum Hof zurück. Seiner Hand ging es etwas besser. Die Wunde war einigermaßen verheilt, und er hatte sie nicht mehr verbunden.
Mrs Kent stand am Paddock und sah erfreut in seine Richtung. Als Yanko ankam, sprang er vom Pferd und gab ihr wortlos die Zügel in die Hand. In diesem Moment klingelte sein Handy. Es war Henk Morrisson vom Polizeipräsidium Newly. „Was gibt’s?“, fragte Yanko knapp, denn seit dem Vorfall mit der Untersuchungshaft war sein Vertrauen zu ihm sehr ins Wanken geraten, und er reagierte ziemlich schnell gereizt, wenn er mit der Polizei oder dem Staatsanwalt sprechen musste. Seine Nerven waren in letzter Zeit eindeutig zu viel beansprucht worden. „Hi Yanko! Eine gute und eine schlecht Nachricht, schätze ich.“, begann Henk. „Ich höre!” sagte Yanko ungeduldig. „Die Gute ist, dass der Staatsanwalt dem Nachbar mehr Glauben schenkt, als der Aussage von Ken Wilson, was die Zeit angeht... und so, wie es
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