Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Yelena und der Mörder von Sitia - Snyder, M: Yelena und der Mörder von Sitia

Yelena und der Mörder von Sitia - Snyder, M: Yelena und der Mörder von Sitia

Titel: Yelena und der Mörder von Sitia - Snyder, M: Yelena und der Mörder von Sitia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria V. Snyder
Vom Netzwerk:
meine Mutter ihren Umhang getragen. Sie legte ihn erst ab, als wir ihr Zimmer betraten. In der kleinen Küche bereitete Perl uns einen Tee, während ich mich bei Esau nach dem Curare erkundigte. Irys hatte ihm erzählt, was es mit der Droge auf sich hatte, nachdem ich verschwunden war, und sie befürchtete, dass Ferde mich entführt hatte.
    Mit seiner schwieligen Hand fuhr er sich durchs Gesicht. „Ich hätte nie geglaubt, dass man es auf diese Weise benutzen würde“, sagte er kopfschüttelnd. „Wenn ich etwas Neues entdecke, experimentiere ich gewöhnlich so lange damit, bis ich sämtliche Nebenwirkungen genauestens kenne und weiß, wie das Mittel eingesetzt beziehungsweise missbraucht werden kann. Dann wäge ich die Vor- und Nachteile ab. Manche Erfindungen sehen nie das Licht der Öffentlichkeit. Aber mitunter überwiegen die Vorteile die Risiken, auch wenn die Substanzen noch nicht voll ausgereift sind.“
    Esau verstummte, als Perl mit einem Tablett voller Teegeschirr ins Zimmer kam. Der warnende Blick meines Vaters verriet mir, dass meine Mutter nicht wusste, wozu Ferde das Curare missbraucht hatte.
    Sie goss Tee ein und setzte sich neben mich aufs Sofa.
    „Was ist denn bei der Ratsversammlung passiert?“, erkundigte sie sich.
    Ich erzählte ihnen von Cahils Vorwürfen gegen Ratgeber Ilom, wobei ich die Wahrheit ein wenig beschönigte. Bei der Erwähnung von Valeks Namen fasste Perl sich an den Hals, aber sie beruhigte sich sofort wieder, als ich ihr sagte, dass Cahils Anschuldigungen sich als haltlos erwiesen hatten. Vorsichtshalber erwähnte ich nichts von seinen Behauptungen, ich stünde mit Valek in Verbindung. Stattdessen erzählte ich ihnen von Goels Ermordung.
    „Gut“, meinte Perl. „Dann brauche ich ihn wenigstens nicht zu verfluchen.“
    „Mutter“, sagte ich verblüfft. „Würdest du das wirklich tun?“
    „Selbstverständlich. Parfüms und Gerüche sind nicht das Einzige, worauf ich mich verstehe.“
    Ich warf Esau einen Blick zu, und er nickte. „Zum Glück sind Reyad und Mogkan bereits tot. Der Erfindungsreichtum deiner Mutter kennt nämlich keine Grenzen, wenn sie zornig ist.“
    Ich war gespannt, welche Überraschungen ich demnächst noch mit meinen Eltern erleben würde. Doch erst einmal wechselte ich das Thema, fragte sie über ihre Reise zum Bergfried aus, erkundigte mich nach der Zaltana-Familie und verbrachte wie versprochen den Rest des Tages mit ihnen.
    Es war spät geworden, und Esau bot sich an, mich in meine Wohnung zu begleiten, denn seit Goels Tod wurde ich nicht mehr bewacht. Zuerst lehnte ich ab, doch als er darauf bestand und auch Perl bereits sorgenvoll die Stirn runzelte, fiel mir ihre Bemerkung über Flüche wieder ein, und da ich mir auf keinen Fall ihren Zorn zuziehen wollte, stimmte ich schließlich zu.
    Über dem Innenhof lastete eine drückende Stille. Die eisbedeckten Bäume glitzerten im Licht des Mondes. Nur noch vier Tage bis Vollmond. Ich tastete nach Valeks Schlangenreif und drehte das Armband um mein Handgelenk.
    Etwa nach der Hälfte des Weges sagte Esau zu mir: „Ich muss dir noch etwas anderes über Curare erzählen.“
    „Noch mehr?“
    Er nickte. „Die Stechende Nesselpflanze war der Grund, warum ich eine Dosis Curare zu den Sandseeds geschickt habe, bevor ich sämtliche Versuche mit der Droge zu Ende geführt hatte. Die Pflanze wächst in der Avibian-Ebene, und der Stachel verursacht tagelang unerträgliche Schmerzen. Normalerweise machen Kinder beim Spielen Bekanntschaft mit dem Gewächs. In geringer Dosis ist Curare ein ausgezeichnetes Mittel, um diese Schmerzen zu betäuben. Es ist mir niemals in den Sinn gekommen, dass jemand größere Mengen davon verwenden könnte, um den ganzen Körper zu lähmen.“ Stirnrunzelnd fuhr Esau sich mit der Hand durch sein schulterlanges graues Haar. „Später entdeckte ich dann noch eine andere Wirkung, die mir seinerzeit als nebensächlich erschien. Aber inzwischen …“ Esau blieb stehen und drehte sich zu mir um. „Hohe Dosen von Curare lähmen auch die magischen Fähigkeiten eines Menschen.“
    Das Blut gefror mir in den Adern. Das bedeutete, dass Curare selbst einen Meister-Magier vollkommen hilflos machen konnte. In der nächsten Nacht sollte der heimliche Austausch stattfinden. Mithilfe meiner Zauberkraft hatte ich die komplette Kontrolle über Goels Körper gewonnen, und das wollte ich auch bei Ferde tun, weil ich davon überzeugt war, meine magische Energie selbst dann noch nutzen zu können,

Weitere Kostenlose Bücher