Yelena und der Mörder von Sitia - Snyder, M: Yelena und der Mörder von Sitia
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„Aber ich …“ Ich verstummte, als er mir ein Buch reichte. Der Einband war ebenso weiß wie sein Skizzenbuch, aber es enthielt Zeichnungen von Pflanzen und Bäumen, unter denen erklärende Beschreibungen standen.
„Was ist denn das?“, fragte ich.
„Ein Bestimmungsbuch für Pflanzen. Eigentlich wollte ich dir selbst zeigen, wie man im Dschungel überlebt, aber das muss fürs Erste reichen.“
Ich schlug eine Seite mit der Illustration eines ovalen Blattes auf. Im Bildtext darunter stand, dass man einen fiebersenkenden Sud erhielt, wenn man das Tilipi-Blatt kochte.
Als Nächstes gab Esau mir einen Satz kleiner Schüsseln und einige merkwürdig aussehende Werkzeuge. „Ohne entsprechende Ausrüstung ist das Bestimmungsbuch ziemlich nutzlos. Und jetzt lass uns deine Mutter suchen.“ Er hielt inne und seufzte. „Sie wird nicht gerade glücklich sein.“
Er hatte recht. Wir fanden sie in der Brennerei, wo sie aufgeregt mit Leif diskutierte.
„Es ist nicht meine Schuld“, verteidigte Leif sich. „Wenn du unbedingt willst, dass sie bleibt, warum bringst du sie dann nicht selbst zur Zitadelle? Ach ja, stimmt – du hast deine netten kleinen Füße ja schon seit vierzehn Jahren nicht mehr auf den Boden des Dschungels gesetzt.“
Perl fuhr herum. Sie hielt eine Flasche in der Hand und sah aus, als ob sie sie Leif an den Kopf werfen wollte. Als sie Esau und mich an der Tür entdeckte, besann sie sich eines Besseren und begann, die Flasche zu füllen.
Leif wandte sich an Esau. „Sag diesem Mädchen, dass ich in zwei Stunden am Fuß der Strickleiter bin. Wenn sie nicht da ist, gehe ich ohne sie.“
Schwer lastete das Schweigen im Raum, als Leif verschwunden war.
„Du brauchst etwas zu essen“, sagte mein Vater und ging in die Küche.
Die Flaschen in der Hand meiner Mutter klirrten leise, als sie zu mir kam. „Hier“, sagte sie. „Zwei Flaschen Apfelparfüm für Irys, und eine Flasche Lavendel für dich.“
„Lavendel?“
„Du hast es geliebt, als du fünf warst, also habe ich mir gedacht, dass es dir vielleicht immer noch gefällt. Demnächst können wir ja mal ein bisschen experimentieren und etwas anderes finden, wenn du magst.“
Ich öffnete den Verschluss und schnupperte. Wieder tauchten vor meinem inneren Auge keine Bilder aus der Zeit auf, als ich fünf war, aber der Duft erinnerte mich an jenen Moment, als ich mich unter einem Tisch in Valeks Arbeitszimmer versteckte. Ich hatte nach dem Rezept für das Gegenmittel von Butterfly Dust gesucht, das vermeintliche Gift in meinem Körper, mit dessen Hilfe Valek mich daran hindern wollte zu fliehen. Da ich geglaubt hatte, eine Tagesdosis des Gegengifts zu benötigen, um am Leben zu bleiben, wollte ich das Mittel unbedingt finden. Valek war jedoch früher als erwartet zurückgekommen und hatte mich entdeckt, weil ich eine intensiv riechende Lavendelseife benutzt hatte.
Der Duft gefiel mir noch immer. „Das ist perfekt“, sagte ich zu Perl. „Vielen Dank.“
Unvermittelt flackerte Angst in Perls Augen auf. Sie presste die Lippen zusammen und verschränkte die Hände. Sie holte tief Luft und verkündete: „Ich komme mit dir. Esau, wo ist mein Rucksack?“, fragte sie ihn, als er mit einem Arm voller Lebensmittel zurückkam.
„Oben in deinem Zimmer“, antwortete er.
Sie eilte an ihm vorbei. Falls ihn ihre plötzliche Entscheidung überrascht hatte, ließ er es sich nicht anmerken. Ich steckte das Brot und das Obst, das Esau mir gebracht hatte, in meinen Rucksack und wickelte die Parfümflaschen in meinen Umhang. Während der Reise in den Süden war der Mantel zwar zu warm, aber eine weiche Schlafunterlage gewesen, wenn wir abseits der Straßen übernachtet hatten.
„Das Essen wird wahrscheinlich nur bis zur Zitadelle reichen, und dort brauchst du vermutlich auch mehr Kleider“, sagte Esau. „Hast du Geld?“
Ich suchte in meinem Gepäck. Dass man für Essen und Kleidung Geld brauchte, erschien mir immer noch merkwürdig. Im Norden war für all unsere Grundbedürfnisse stets gesorgt worden. Ich zog den Beutel mit den Goldmünzen aus Ixia hervor, die Valek mir vor unserem Abschied gegeben hatte.
Eine von ihnen zeigte ich Esau. „Sind die in Ordnung?“, fragte ich ihn.
„Steck sie weg.“ Er schloss meine Finger um das Geldstück. „Lass sie nur ja niemanden sehen. Wenn du in der Zitadelle bist, bitte Irys, sie dir in Geld aus Sitia umzutauschen.“
„Warum?“
„Man könnte dich für eine aus dem Norden
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