Yelena und der Mörder von Sitia - Snyder, M: Yelena und der Mörder von Sitia
noch atmen. War ich bereit, meinen eigenen Schreckgespenstern noch einmal gegenüberzutreten? Um dieses Scheusal zu finden, würde ich es tun. Ich gewährte ihr Zutritt zu meinem Bewusstsein und zeigte ihr Reyad. Die Freude, die er empfand, als er mich quälte. Meine Bereitschaft, ihn zufriedenzustellen, damit er mir nicht wehtat. Und ich ließ sie teilhaben an jener Nacht, als ich seine Kehle aufschlitzte, nachdem er mich vergewaltigt hatte.
Tula lugte durch die Arme, die sie vors Gesicht geschlagen hatte. Der Druck der Kletterpflanzen ließ ein wenig nach. „Du hast deinen Folterer getötet. Meiner ist immer noch da draußen und wartet auf mich.“
Ich unternahm einen neuen Versuch. „Dann hat er also die Gelegenheit, noch jemanden zu seiner Sklavin zu machen. Und wenn Opal sein nächstes Opfer wird?“
Entsetzt sprang Tula auf. „Nein!“, schrie sie.
Ich verknüpfte Opals Bewusstsein mit unseren Gedanken. Einen Moment lang war Opal wie vom Donner gerührt und blinzelte überrascht. Dann lief sie zu Tula und umarmte sie. Beide brachen in Tränen aus. Die Kletterpflanzen zogen sich zurück, und das Gebüsch verdorrte.
Doch das war erst der Anfang. Die grasbewachsene Senke verschwand, und Tulas Dämonen wirbelten um uns herum.
„Es sind zu viele“, sagte Tula mutlos. „Ich werde sie niemals loswerden.“
Ich nahm meinen Streitkolben aus dem Gurt an meinem Rücken und brach ihn in drei Teile. Einen reichte ich Tula, den anderen Opal, und sagte: „Du bist nicht allein. Wir kämpfen gemeinsam.“
Die Erscheinungen griffen an. Sie waren ebenso hartnäckig wie flink. Wieder und wieder schlug ich auf sie ein, bis meine Arme schwer wie Blei wurden. Einige von Tulas Schreckgespenstern verschwanden, andere schrumpften, aber ein paar von ihnen schienen während des Kampfes noch zu wachsen.
Meine Energie schwand erschreckend schnell. Ich fühlte, wie mein Streitkolben in einem der Geister stecken blieb. Die Erscheinung blähte sich auf und hüllte mich ein. Vor Schmerzen schrie ich laut auf, als mein Körper von den wuchtigen Schlägen getroffen wurde.
„Du bist schwach. Sag mir, dass du gehorchst, und ich lasse dich in Ruhe“, flüsterte mir eine Stimme ins Ohr.
„Nein.“ Voller Panik suchte ich nach Hilfe. Unvermittelt spürte ich die Anwesenheit einer kräftigen Erscheinung, die mir einen intakten Streitkolben reichte, der vor Energie pulsierte. Die Kraft floss in mich zurück, und ich schlug auf das Schreckgespenst ein, bis es floh.
Diesen Angriff hatten wir abgewehrt, aber ich sah, dass Tulas Dämonen sich bereits auf einen neuen vorbereiteten.
„Tula, das war nur der erste Kampf in einem Krieg, der noch nicht gewonnen ist. Es wird noch eine Zeit dauernd und gewiss nicht leicht sein, bis du von deinen Ängsten befreit sein wirst, aber du hast die volle Unterstützung deiner Familie. Begleitest du uns?“, fragte ich.
Sie biss sich auf die Lippen und betrachtete den abgebrochenen Streitkolben in ihrer Hand. Opal reichte ihr ihren Teil. Tula presste die beiden Stücke fest gegen ihre Brust. „Ja. Ich komme mit euch.“
Tulas Gedanken füllten sich mit Erinnerungen aus ihrem Leben. Mein Magen hob und senkte sich, als ich den mentalen Kontakt zu Tula und Opal beendete. Erleichterung überkam mich, und ich versank in tiefe Dunkelheit.
Als ich wieder zu mir kam, spürte ich etwas Hartes in meinem Rücken. Zum dritten Mal war ich in Tulas Zimmer zusammengebrochen und auf den Steinboden gestürzt. Dieses Mal hatte ich alle Hoffnung aufgegeben, mich je wieder bewegen zu können. Meine ganze Energie war aus meinem Körper gewichen. Nach einer Weile bemerkte ich, dass jemand nach meiner Hand griff. Starke Finger umklammerten meine, und ich spürte die Wärme, die von ihnen ausging.
Mühsam öffnete ich die Augen, um zu sehen, wer mich festhielt. Sofort schloss ich sie wieder. Das musste ein Traum sein. Aber nachdem ich Irys’ wiederholtes Rufen hörte, schaute ich noch einmal hin. Vor mir saß mein Bruder. Er hielt meine Hände umklammert und teilte seine Energie mit mir.
17. KAPITEL
L eif sah erschöpft aus. „Du steckst in großen Schwierigkeiten“, sagte er. Seine Worte klangen nicht schadenfroh; er traf einfach eine Feststellung, und mit einem Blick über seine Schultern sah ich Irys, Roze, Hayes und Bain, die mir stirnrunzelnde Blicke zuwarfen. Leif ließ meine Hände los, blieb aber neben mir auf dem Boden sitzen.
Roze musterte ihn durchdringend, während sie mürrisch die Lippen
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