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Yelena und der Mörder von Sitia - Snyder, M: Yelena und der Mörder von Sitia

Yelena und der Mörder von Sitia - Snyder, M: Yelena und der Mörder von Sitia

Titel: Yelena und der Mörder von Sitia - Snyder, M: Yelena und der Mörder von Sitia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria V. Snyder
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tanzen begannen, und öffnete sie erst wieder, nachdem die wirbelnden Visionen zum Stillstand gekommen waren.
    Ich saß mitten in einem Wohnzimmer mit Sofas aus Lianen und einem Tisch mit einer Glasplatte. Mir gegenüber lag ein etwa acht- oder neunjähriger Junge auf dem hölzernen Fußboden. Er trug eine kurze grüne Hose. Die Hände hatte er hinter dem Kopf verschränkt, die Ellbogen von sich gestreckt, und er starrte hinauf zu den Blättern an der Decke. Auf dem Boden zwischen uns waren etwa zehn aus Knochen geschnitzte Würfel verstreut.
    „Ich langweile mich“, sagte der Junge.
    Sofort schoss mir die passende Antwort durch den Kopf. „Wie wäre es mit Solitär? Oder ‘Sechzig Augen’?“ Ich sammelte die Würfel und schüttelte sie.
    „Babyspiele“, erwiderte er. „Lass uns runter in den Dschungel gehen und Forscher spielen.“ Leif sprang auf.
    „Ich weiß nicht. Und wenn wir mit Nutty schaukeln gehen? Hast du dazu Lust?“
    „Wenn du blöde Babyspiele mit Nutty machen willst, dann geh. Ich werde den Urwald erkunden und vielleicht eine große Entdeckung machen. Vielleicht finde ich ein Mittel gegen die Faulkrankheit. Ich werde berühmt und beim nächsten Mal zum Clan-Führer gewählt.“
    Da ich keine wichtigen Entdeckungen und den damit verbundenen Ruhm verpassen wollte, beschloss ich, ihn zu begleiten. Wir sagten unserer Mutter Bescheid und kletterten über die Palmenleiter hinunter in den Dschungel, wo die Luft merklich kühler war. Unter meinen nackten Füßen fühlte sich der weiche Boden wie ein Schwamm an.
    Ich folgte Leif durch den Urwald und staunte über die Energie, die durch meinen sechsjährigen Körper pulsierte. Ein Teil von mir kannte die Wahrheit – dass ich älter und nicht wirklich hier an diesem Ort und dass das alles nur ein Traumbild war. Aber ich stellte fest, dass es mir gleichgültig war, und auf dem Urwaldpfad schlug ich aus lauter Übermut ein Rad.
    „Das ist eine ernste Sache“, schimpfte Leif mit mir. „Wir sind Entdecker. Wir müssen Proben nehmen. Du sammelst Blätter, und ich suche nach Blüten.“
    Als er sich umdrehte, streckte ich seinem Rücken die Zunge heraus, pflückte aber gleichzeitig einige Blätter ab. Eine rasche Bewegung zwischen den Ästen lenkte mich ab. Sofort blieb ich stehen und ließ meinen Blick wandern. An einem kleinen Baum hing ein junger, schwarz-weißer Valmur. Die hervortretenden braunen Augen in seinem kleinen Gesicht starrten mich unverwandt an.
    Mit leisem Pfeifen wollte ich das Tier zu mir locken. Stattdessen kletterte es ein wenig höher, drehte noch einmal den Kopf nach mir um und wedelte mit seinem langen Schwanz. Der Valmur wollte spielen. Ich folgte ihm tiefer in den Dschungel und ahmte seine Bewegungen nach. Wir hangelten uns an Kletterpflanzen hoch, schaukelten hin und her und wichen den mächtigen Wurzeln eines Rosenholzbaums aus.
    Eine Stimme, die aus der Ferne an mein Ohr drang, ließ mich innehalten. Als ich angestrengt lauschte, hörte ich Leif nach mir rufen. Am liebsten hätte ich gar nicht auf ihn geachtet, denn Spielen machte mehr Spaß als Blättersammeln, aber ich glaubte, er hätte etwas über einen Ylang-Ylang-Baum gesagt. Mutter würde uns Obststerne backen, wenn wir ihr Ylang-Ylang-Blüten für ihre Parfüms mitbrachten.
    „Ich komme!“, rief ich und sprang auf die Erde. Als ich mich noch einmal umdrehte, um dem kleinen Valmur zum Abschied zuzuwinken, zuckte er erschrocken zusammen und verschwand in der Spitze des Rosenholzbaums. Unvermittelt überkam mich ein unangenehmes Gefühl, das mich wie ein dünner Nebelschleier einhüllte. Misstrauisch suchte ich die Äste in meiner unmittelbaren Umgebung nach Halsbandschlangen ab – der größte Feind der Valmurs. Den Blick in den Laubhimmel über mir gerichtet, wäre ich fast über einen Mann gestolpert.
    Überrascht sprang ich zurück. Er saß auf dem Boden. Das rechte Bein hatte er weit von sich gestreckt, das andere nahe an seinen Körper gezogen. Mit der Hand umklammerte er den linken Knöchel. Seine Kleidung war zerrissen, und er war über und über mit Schweiß und Schmutz bedeckt. Blätter und Ranken hatten sich in seinem schwarzen Haar verfangen.
    Der erwachsene Teil meines Bewusstseins schrie laut auf. Mogkan! Lauf weg! Aber mein junges Ich spürte keine Angst.
    „Dem Schicksal sei Dank!“, rief Mogkan erleichtert, und sein besorgter Gesichtsausdruck verschwand sofort. „Ich habe mich verirrt. Und ich glaube, ich habe mir den Fuß gebrochen. Kannst du mir

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