Yelena und die Magierin des Südens - Snyder, M: Yelena und die Magierin des Südens
Abendessen. Es ist die einzige Zeit, in der wir alle frei haben. Am ersten Abend des Fests bestellt der Comman der immer eine leichte Mahlzeit, sodass das Küchenpersonal früh Feierabend machen kann. Wenn du also mitkommen willst, treffen wir uns morgen Abend hier.“
Mit diesen Worten verschwand Rand in seiner Wohnung, die direkt neben der Küche lag, und ich ging zurück in Valeks Privaträume.
Die dunkle Wohnung war leer. Ich verschloss die Tür und tastete nach einem Feuerstein. Beim Anzünden der Lampen bemerkte ich auf dem Schreibtisch ein Blatt Papier. Ich schaute mich um, um mich zu vergewissern, dass Valek sich nicht in einer dunklen Ecke verborgen hielt, und nahm das Papier genauer in Augenschein. Namen waren darauf notiert und wieder durchgestrichen worden. Mein Name war eingekreist. Darunter stand geschrieben, dass ich bei der Übung die perfekte Besetzung für die Rolle der Entflohenen sei.
Auf diese Weise konnte Margg es also erfahren haben. Jetzt erinnerte ich mich auch wieder daran, wie ich sie beim Lesen der Unterlagen auf Valeks Schreibtisch beobachtet hatte. Je nachdem, wie lange die Papiere dort schon gelegen hatten, wusste sie es möglicherweise schon seit einiger Zeit. Diese Frau würde für meinen Tod sorgen. Wenn ich lange genug überlebte, würde ich ein ernstes Wort mit ihr reden müssen. Aber dazu hatte ich erst Zeit, wenn die Übung überstanden war.
Um meine Flucht sorgfältig zu planen, durchsuchte ich Valeks Bücherstapel. Irgendwo hatte ich bereits einige Titel zu diesem Thema gesehen und wurde prompt belohnt, als ich zwei Bände über die Methoden der Verfolgung entdeckte und einen über den besten Weg, der Gefangennahme zu entgehen. Niemand hatte mir verboten, mich ein wenig zu informieren. Deshalb lieh ich mir Valeks Bücher aus, nahm eine Lampe und ging in mein Zimmer.
Aufmerksam studierte ich die Texte, bis mir vor Müdigkeit die Buchstaben vor den Augen verschwammen. Erschöpft schlüpfte ich in mein Nachtgewand, löschte die Lampe und fiel ins Bett.
Als ich aus dem Schlaf auf schreckte, beschlich mich das beklemmendeGefühl, dass jemand in meinem Zimmer war. Vor Angst war ich sofort schweißgebadet. Ein schwarzer Schatten beugte sich über mich. Unvermittelt wurde ich aus dem Bett gerissen und gegen die Wand geschleudert. Ein paar Atemzüge lang passierte gar nichts. Der Angriff war vorüber, aber noch immer hielt mich jemand fest.
Meine Augen gewöhnten sich an die Dunkelheit, und ich erkannte das Gesicht meines Angreifers. „Valek?“
11. KAPITEL
V aleks Gesicht, nur eine Handbreit von meinem entfernt, glich einer Totenmaske – stumm, kalt und ohne jede Gefühlsregung. Meine Tür war nur angelehnt, aber nicht einmal das schwache Licht der Lampe, das durch den Spalt fiel, verlieh seinen blauen Augen auch nur eine Spur von Wärme.
„Valek, was ist passiert?“
Unvermittelt ließ er mich los, und ich landete auf dem Boden. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass er mich hochgehoben und gegen die Wand gedrückt hatte. Wortlos verließ er mein Zimmer. Unbeholfen rappelte ich mich auf und stolperte hinter ihm her. Er stand vor dem Schreibtisch in seinem Wohnzimmer.
„Wenn es wegen der Bücher ist …“, begann ich. Er wandte mir den Rücken zu. Vermutlich war er wütend, weil ich sie mir einfach ausgeliehen hatte.
Jetzt drehte er sich zu mir um. „Bücher? Du glaubst, es geht um die Bücher?“ Er klang verblüfft, riss sich aber sofort zusammen und fuhr mit barscher Stimme fort: „Ich war ein Narr. Die ganze Zeit habe ich deine Überlebensinstinkte und deine Klugheit bewundert. Aber jetzt …“ Er verstummte und schaute sich im Zimmer um, als suchte er nach den richtigen Worten.
„Ich habe am Abend einige Dienstboten über dich reden hören. Dass du bei der Übung mitmachst. Sie haben sogar Geld auf dich gesetzt. Wie konntest du nur so dumm und unbesonnen sein? Eigentlich wäre es besser, dich auf der Stelle umzubringen, um mir den Ärger zu ersparen, später nach deiner Leiche suchen zu müssen.“
„Keiner Menschenseele habe ich etwas davon erzählt.“ Ich ließ meinem Ärger freien Lauf. „Wie kommt Ihr darauf, dass ich mich selbst in Gefahr bringe?“
„Warum sollte ich dir glauben? Der Einzige, der etwas davon wusste, war der Commander.“
„Aber Valek, Ihr seid der Herr der heimlichen Nachrichtenzuträger. Wäre es nicht möglich, dass jemand die Unterhaltung belauscht hat? Wer hat sonst noch Zugang zu diesem Zimmer? Ihr habt Eure Unterlagen auf dem
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