Yelena und die Magierin des Südens - Snyder, M: Yelena und die Magierin des Südens
engte seine Be wegungs freiheit ein, sodass er seine Waffe dicht an seinen Körper pressen musste. Dann setzte sie zu einem Sprung über seinen Kopf an, landete hinter seinem Rücken und legte die Hände um seinen Hals, sodass er sich geschlagen geben musste.
Meine düstere Stimmung hellte sich ein wenig auf, als ich Maren dabei beobachtete, wie sie einige der Kniffe anwandte, die ich sie gelehrt hatte. Jancos entrüstete Miene war zum Schreien komisch. Er bestand auf einer Revanche, und kurz darauf waren sie erneut in einen heftigen Zweikampf verwickelt. Ari und ich blieben auf der Bank sitzen. Er schien zu spüren, dass ich keine Kraft mehr hatte, unseren Unterricht fortzusetzen.
„Irgendetwas stimmt nicht mit dir“, sagte er ruhig. „Was ist es?“
„Ich …“ Da ich nicht wusste, was ich sagen sollte, schwieg ich. Sollte ich ihm von Valeks abweisendem Verhalten und seinemplötzlichen Sinneswandel erzählen? Oder von meinen nächtelangen Unterhaltungen mit dem Geist des Mannes, den ich ermordet hatte? Nein. Stattdessen fragte ich ihn: „Glaubst du nicht auch, dass das hier Zeitverschwendung ist?“ Reyads Bemerkung über meine Unentschlossenheit enthielt einen wahren Kern. Vielleicht nutzte ich die Trainingsstunden unbewusst als Flucht, um der Lösung meiner wirklichen Probleme auszuweichen.
„Wenn ich es für Zeitverschwendung hielte, säße ich nicht hier.“ In Aris Stimme schwang leiser Ärger mit. „Du brauchst das doch, Yelena.“
„Warum? Vielleicht sterbe ich, ehe ich eine Chance habe, es anzuwenden.“
„Du rennst wohl am liebsten weg, wenn es Schwierigkeiten gibt, was? Eine Woche lang hast du gebraucht, bis du den Mut hattest, Maren überhaupt nur anzusprechen. Und wenn es nach dir ginge, würde sie dich noch immer Spuckerin nennen. Du musst lernen, für die Dinge, die du erreichen willst, zu kämpfen.“ Ari spielte mit dem hölzernen Messer in seiner Hand und ließ es um seine Finger wirbeln.
„Du bleibst immer weit weg von allem stehen, damit du nur ja schnell verschwinden kannst, wenn etwas schief geht. Aber wenn du erst einmal Janco den Streitkolben aus der Hand schlagen oder mir die Füße wegziehen kannst, wird dein Selbstvertrauen schon wachsen.“ Er schwieg eine Weile, ehe er fortfuhr: „Glaubst du allerdings, dass du deine Zeit mit anderen Dingen verbringen musst, dann tu es … zusätzlich zu deinem Training. Wenn dich dann das nächste Mal jemand Spuckerin nennt, bist du selbstbewusst genug ihr zu sagen, sie soll sich zum Teufel scheren.“
Aris Meinung, die er von mir hatte, erstaunte mich. Ichwar mir nicht sicher, ob ich seine Ansicht teilte, aber auf jeden Fall hatte er Recht mit seiner Vermutung, dass ich unbedingt etwas anderes tun wollte. Im Gegensatz zu mir wusste er allerdings nicht, was es war: nämlich das Gegengift zu Butterfly Dust zu finden.
„Ist das deine Art von Ermutigung?“, fragte ich zaghaft.
„Ja. Und jetzt hör auf, nach Ausflüchten zu suchen, um das Training an den Nagel zu hängen, und vertrau mir einfach. Was brauchst du sonst noch?“
Die ruhige, eindringliche Art, mit der Ari sprach, verursachte mir eine Gänsehaut. Wusste er, was ich vorhatte, oder vermutete er bloß etwas? Von Anfang an wollte ich nur in den Be sitz des Gegengifts gelangen und nach Sitia fliehen. Fliehen, fliehen, fliehen. In dieser Beziehung hatte Ari tatsächlich Recht. Aber in den Süden zu flüchten hieß, dass ich topfit und in der Lage sein musste, mich gegen Soldaten zu verteidigen. Etwas Wichtiges hatte ich dabei allerdings nicht berücksichtigt: Valek.
Auch jenseits der Grenze wäre ich nicht vor ihm sicher, denn er würde mir nach Sitia folgen. Selbst Irys’ Magie konnte mich nicht vor ihm schützen. Es wäre ihm ein persönliches Anliegen, mich zurückzuholen oder zu töten. Genau das war es, wovor ich Angst hatte und was ich vermeiden wollte. Ich hatte mich mit Feuereifer auf das Training gestürzt, um nicht länger über meine Zwangslage nachdenken zu müssen, aus der herauszukommen ich mir nicht zutraute. Ich musste nämlich zwei Dinge bewerkstelligen: nicht nur das Gegengift beschaffen, sondern auch mit Valek fertig werden, ohne ihn zu töten. Ari würde mir bei der Lösung meiner Probleme bestimmt nicht helfen können.
„Mit diesen Schlägen könntest du Valek be sie gen“, keuchteJanco, wobei er Marens Streitkolben abwehrte. „Er wird sich köstlich darüber amüsieren, wie jämmerlich schwach sie sind, und das verschafft dir den perfekten
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