Yelena und die verlorenen Seelen - Snyder, M: Yelena und die verlorenen Seelen
gekostet. Beruhigend legte Mondmann seine Hand auf meinen Ellbogen, und seine Stärke floss durch mich hindurch.
Ich dachte an Leifs Worte. Würden wir mit einer großen Einheit angreifen, wüssten die Würmer, dass wir unterwegs waren, und würden entweder fliehen und sich verstecken – oder zurückschlagen. In jedem Fall hätten sie genügend Zeit, ihre Gefangenen zu töten. Das Überraschungsmoment war der Schlüssel, aber wie sollten wir das bewerkstelligen?
„Könnte Tauno die Wachen nicht mit Curare-Pfeilen beschießen und sie unbeweglich machen?“, überlegte Leif laut. „Oder sollten wir präparierte Pfeile durch Schilfrohre blasen?“
„Da sind zu viele Bäume“, gab Mondmann zu bedenken.
„Es wäre schwierig in der Dunkelheit“, pflichtete ich ihm bei. „Wir könnten uns anschleichen und sie stechen.“
„Und was ist mit den Wachen in den Bäumen? Es ist sehr schwer, wenn nicht sogar unmöglich, sich dem Lager zu nähern, ohne ihre Aufmerksamkeit zu erregen“, wandte Leif ein.
Wenn ich in der Lage gewesen wäre, die Fledermäuse zu kontrollieren, hätte ich sie als Ablenkungsmanöver benutzen können. Wir brauchten etwas anderes, um Unruhe zu erregen. Ich folgte der Logik meines Gedankens und fand eine Antwort.
Leif, der meine Stimmung spürte, lächelte. „Was denkst du dir gerade aus, Schwesterherz?“
9. KAPITEL
W ir hatten keine Zeit zu verlieren. Leif, Mondmann und ich eilten hinunter in den Wohnbereich meiner Eltern. Perl war mit Oran und Violet zurückgekommen.
„Hast du sie gefunden?“, fragte Perl.
„Sie sind etwa drei Meilen südöstlich von uns.“
„Wir brauchen ein paar Magier und Soldaten“, wandte Leif sich an Oran.
„Wie viele halten sich dort auf, und was haben die Würmer vor?“, wollte Oran von mir wissen.
„Neun. Und es spielt keine Rolle, was sie vorhaben. Die Würmer halten Esau und eure Kundschafter gefangen. Wir müssen sie retten.“
Oran räusperte sich umständlich. „Wir sollten Ratsmitglied Bavol fragen …“
„Bavol ist in der Zitadelle. Es wird Wochen dauern, bis wir eine Antwort von ihm bekommen.“ Ich musste mich zusammenreißen, meine Hände nicht um Orans dünnen Hals zu legen.
„Wir können unsere Heimstatt nicht ungeschützt lassen“, meldete Violet sich zu Wort. „Wir werden eine Versammlung einberufen und bitten, dass sich Freiwillige melden.“
Sitianer, dachte ich verzweifelt, konnten nichts unternehmen, ohne einen Rat einzuberufen. „Meinetwegen. Ruft die Ratgeber zusammen. Aber tut endlich etwas.“ Ich scheuchte Oran und Violet aus dem Zimmer.
„Yelena …“, begann meine Mutter.
„Du kannst mich später ausschimpfen. Wir brechen jetzt auf.“
Leif und Mondmann sahen mich an, als erwarteten sie Befehle. „Holt Tauno und Marrok. Ich treffe euch am Fuß der Leiter.“
„Was hast du vor?“, wollte Leif wissen.
„Ich kümmere mich um das Ablenkungsmanöver.“
Sie stürzten hinaus, und ich wollte ihnen gerade folgen, als meine Mutter mich am Arm packte.
„Warte mal“, hielt sich mich zurück. „Ihr seid nur zu fünft. Was hast du vor? Wenn du es mir nicht sofort sagst, komme ich mit.“
In ihrem Gesichtsausdruck lag die typische Dickköpfigkeit der Lianas. Sie meinte es ernst. Ich schilderte ihr in wenigen Sätzen meinen Plan.
„Ohne Hilfe wird das nicht funktionieren“, behauptete sie.
„Aber ich werde …“
„Mehr Unterstützung brauchen. Ich habe genau das Richtige. Geh jetzt. Wir treffen uns am Fuß der Leiter.“ Perl eilte davon.
Nach einigen Minuten intensiven Suchens fand ich, was ich brauchte. Als ich die Leiter hinunterkletterte, waren die anderen schon bereit. Das Mondlicht fiel in dünnen Streifen auf den Boden des Dschungels und war gerade hell genug, um die schattenhaften Umrisse der Bäume erkennen zu lassen.
Ich erklärte Marrok und Tauno, wie sie sich dem Lager der Würmer und den Wachen nähern sollten, und schärfte ihnen ein, wo sie Stellung beziehen sollten. „Vermeidet jedes Geräusch. Haltet Abstand. Wartet auf mein Zeichen, bevor ihr angreift.“
„Was für ein Zeichen?“ Marroks Gesicht verriet grimmige Entschlossenheit, aber in seinem Blick lag Unsicherheit. Obwohl Cahil derjenige war, der seinen Männern Befehle erteilt hatte, war es in Wirklichkeit Marrok gewesen, der die Verantwortung getragen hatte.
„Etwas Lautes und Widerliches“, sagte ich.
Marrok runzelte die Stirn. „Das ist nicht die richtige Zeit für Witze.“
„Das war kein Witz.“
Nach kurzem
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