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Yoga Bitch

Titel: Yoga Bitch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danijela Pilic
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verstörend. In dem Buch, das von einem Schönheitschirurgen herausgegeben wurde, wird Kindern erklärt, warum Mami jetzt eine neue Nase oder größere Brüste hat. Diese Kinder möchte ich aber dann in zehn Jahren persönlich befragen. Auch aus den USA kommt die Nachricht, dass sich immer mehr Teenager Botox spritzen lassen: Die American Society of Plastic Surgeons bestätigt, dass Botulinumtoxin im Jahr 2009 12.000 Mal bei Amerikanern zwischen 13 und 19 Jahren injiziert wurde. Ich frage mich, wie viel Botox eine 17-Jährige für angemessen halten wird, wenn sie 40 ist?
    Dass Schönheit als erstrebenswert und bewundernswert gilt, ist nichts Neues, es ist sogar etwas, das sich durch die Jahrhunderte hindurch gehalten hat, besungen und bedichtet, gemalt und gemeißelt wurde. »Wonach sehnen wir uns beim Anblick der Schönheit? Danach, schön zu sein: Wir wähnen, es müsse viel Glück damit verbunden sein«, schrieb Friedrich Nietzsche. Nur haben sich im Laufe der Jahrhunderte nicht nur die Ideale, sondern auch die Machbarkeiten geändert. Früher konnte man an der Schönheit nicht arbeiten, sie nicht formen, sich selbst nicht optimieren. Heute – und das ist in diesen Zeiten alles andere als verwunderlich – ist aus dem Streben nach Schönheit auch ein Geschäft geworden, und natürlich ist die Jugend eine besonders wichtige Zielgruppe. Sie mag zwar jetzt schon körperliche Attraktivität suchen. Wir aber, die nicht mehr zur Jugend gehören, versuchen auch noch, jugendlich zu wirken. Wenn in der heutigen Zeit etwas noch stärker ausgeprägt ist als der Fitnesswahn, dann ist es der Jugendwahn. Doch die meiste Zeit gehen sie Hand in Hand. Wie können wir uns anmaßen, die Jugend zu kritisieren? Wir leben ihnen den ganzen Unsinn schließlich jeden Tag vor.
    Ein guter Indikator sind die Medien. Jedes Klatschmagazin jubelt seit ein paar Jahren, 50 sei das neue 35. Das vorherrschende Schönheitsideal ist das, was man in Hollywood forever face nennt. Man sehe sich Demi Moore und Jennifer Aniston an, an denen die Zeit scheinbar spurlos vorbeigegangen ist, die im Gegenteil heute besser aussehen als vor 15 Jahren: raffinierter, durchtrainierter, optimierter, schicker, glänzender.
    Wir sehen also als Beweis dafür, dass man das Altern aufhalten kann, Fotos von Frauen, die eine 30-Stunden-Woche und Zehntausende von Dollar im Jahr investieren, um so auszusehen, wie sie aussehen. 40 werden ist längst kein Drama mehr, trotzdem wird jede Schauspielerin danach gefragt, wie sie mit der »großen Vier«, wenn sie denn bald ansteht, umgehen werde. (Das sind dann die Interviews, in denen garantiert die Stichworte »viel Wasser«, »gesunde Ernährung« und »innere Schönheit« fallen.) Diese Ach-Alter-ist-doch-egal-man-ist-so-alt-wie-man-sich-fühlt-Farce wäre akzeptabel, wenn die betreffenden Personen nicht offensichtlich alles und ein bisschen zu viel unternehmen würden, um nicht so alt auszusehen, wie sie sind. In ganz extremen Fällen wird aus diesen Frauen eine »1661« – eine Frau, die von hinten aussieht wie 16, der man aber aus der Nähe ansieht, dass sie 61 ist. Wer nicht erkennt, dass irgendwann mit Rockstarhaarschnitten und Miniröcken und Triangelbikinis Schluss sein muss, ist eigentlich noch ärmer dran als die, die keine Miniröcke mehr tragen können. Ich finde, man muss sich dann nicht wundern und »Wäääh!« schreien, wenn die Jugendlichen finden, dass Schönheit und Attraktivität krass sauwichtig sind.
    Wie soll sich die Jugend nicht dem Körperkult hingeben, wenn jedes Teenie-Idol seinen Sixpack zur Schau stellt? Sie tat mir fast leid,
diese Jugend: Hatte sie denn gar keinen Lebensabschnitt mehr, in dem sie ihren Körper so schlecht behandeln konnte, wie ich es tat, in dem sie nicht über Kalorien nachdenken musste, ihren Körper, der ihnen alle Sünden sofort verzieh, genießen konnte, ohne zu wissen oder daran zu denken, dass das alles irgendwann bald, bälder als gedacht, ganz schnell vorbei sein würde?
    Natürlich stellte ich mir trotzdem die Frage: Wenn wir heute schon alle Yoga Bitches sind, was wird dann aus den nachfolgenden Generationen? Wie weit kann das Körperbewusstsein noch gehen? Was werden diese Jugendlichen veranstalten, wenn sie so alt sein werden wie ich? Das waren Fragen, die mich wegen meiner Studie interessierten, aber auch persönlich betrafen. Was würde in zehn Jahren passieren, wenn die Jungs und Mädels, die ich an Bushaltestellen und in Einkaufszentren sah, zum ersten Mal

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