Yoga Bitch
Art der Klangschalen-Meditation, und das ist auch gut so. Wollen wir’s mal nicht übertreiben.
Tag 5
Ich habe schlecht geträumt, von Herrn Arschloch, dem ich nur über eine Wasserrutsche aus Mousse au Chocolat entkommen konnte, die in einem Pool aus Crème Brulée endete. Doch oben an der Schokoladenrutsche stand Beat und reichte mir die Hand. Als ich aufwache, fühle ich mich super. Frisch, energiegeladen, wach, im Einklang mit mir selbst.
Allerdings kann ich keinen Tee mehr sehen. Keinen Kamillentee, keinen Pfefferminztee, keinen grünen oder weißen und schon gar keinen Fencheltee. Den werde ich nach dieser Fastenwoche für immer mit meinem Darm in Verbindung bringen. Ich gehe zum Frühstück in ein Café und bestelle einen Früchtetee. Beim Anblick der Torten bleibe ich zwei Minuten mit offenem Mund stehen. Als der Tee kommt, liegt auf dem Unterteller ein kleiner Keks. Ich nehme ihn in die Hand, führe ihn an meine Nase und rieche das Pflanzenöl und den Zucker und das Weißmehl heraus. Vielleicht bin ich aber auch nur verrückt geworden.
Kochsendungen und Yoga sind meine Highlights des Tages. Beides wirkt meditativ und beruhigend, auch wenn beim Yoga ABBA gespielt wird. Ich beschließe, mir die Gedanken, die ich normalerweise ans Essen verschwende, in Zukunft zu sparen. Mein Kopf ist freier, je leerer mein Darm wird, umso voller fühle ich mich mit meiner eigenen Kraft. Huch! Ist das etwa schon die innere Mitte? Wieso gibt es eigentlich davon keine genaue Definition?
Mit fällt plötzlich ein, wo der pinkfarbene Cardigan ist, den mir Sophie mal geliehen hat. Ich weiß auch, wohin ich Tante Idas Kommode, die meinen Flur verunstaltet, stellen werde und nach Monaten der Unentschiedenheit weiß ich, in welcher Farbe ich meine Küche streichen werde: weinrot.
Tag 6
Heute habe ich unglaublich gute Laune, dafür gar keinen Hunger. Alles flutscht: das Yoga, die Einläufe, das Wandern. Alle sind euphorisch, und Renate, die Bankkauffrau, entschließt sich, noch eine Woche Fasten dranzuhängen. Ich bin auch euphorisch, doch ich vermute, dass es stark mit dem Fastenbrechen zu tun hat, das uns morgen erwartet. Fast geschafft!
Tag 7
Ich gebe mir zum ersten Mal die Note 9 für mein Befinden. Ich bin glücklich und fühle mich leicht, und das ist nicht nur eine Metapher. Die Waage, die ich die ganze Woche lang nicht betreten habe, zeigt 4,5 Kilo weniger als vor dem Fasten. Mein Bauch ist flach. Meine Arme und Oberschenkel sind schmaler. Um genau 12 Uhr mittags werden wir das Fasten brechen. Essen. Nahrung! Ich freue mich aufs Kauen. Wir dürfen uns zwischen einem Apfel und gekochten Kartoffeln entscheiden. Fast alle wählen Kartoffeln, nur Beat, der alte Höhlenfreak, wird mit einem Apfel das Fasten brechen.
Wir sehen aus wie eine Gruppe Erstklässler: aufgeregt und strahlend. Walter hält noch eine Predigt, dass wir langsam essen sollen, jeden Bissen genießen, blablabla, jajaja, bring schon die Kartoffeln!
Es sind ungelogen die besten Kartoffeln meines Lebens. Ich darf so viele nehmen, wie ich will, aber eineinhalb reichen mir schon. Ich bin begeistert von der Köstlichkeit der Kartoffel und auch von meiner neu gewonnenen Genügsamkeit. Danach klärt uns Walter über die Aufbautage auf, die mindestens genauso wichtig sind wie das Fasten selbst. Er zitiert George Bernard Shaw, der sagte, dass jeder Dumme fasten könne, aber nur ein Weiser in der Lage sei, das Fasten richtig zu brechen. Übrigens wird mir auch die Bedeutung des Wortes »breakfast« klar: Es bedeutet nichts anderes, als nach einer Nacht das Fasten zu brechen.
Ich ziehe meine Roger-Jeans an. Sie schlabbert. Ich mache mich glücklich auf den Weg nach Berlin. Auf dem Weg vom Bahnhof nach Hause halte ich in einem Baumarkt und lasse mir weinrote Farbe mischen. Meine Küche wird nie wieder dieselbe sein.
14
»Ohne Disziplin kein Leben.«
Katherine Hepburn
Ich betrachtete verzückt, wie schön sich Pollys blondes Haar gegen meine neue, mehr leuchtend als weinrote Küchenwand abhob. Dabei musste ich mich auf das konzentrieren, was Polly gerade verkündet hatte – nämlich dass sie nach Los Angeles ziehen würde.
»LA ist heute für Yoga das, was Paris in den 20er-Jahren für Kunst und Literatur war: das Zentrum der Welt«, sagte Polly und schlürfte an ihrem Yogi-Frauentee, Geschmacksrichtung Jamaika.
»Das hast du schön gesagt. Ich kann mir gut vorstellen, dass das stimmt, und dann gehörst du da hin, verdammt noch mal!«, rief ich. Ich würde
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