You are Mine
Blicke wandern in meine Richtung, kühl und gleichgültig, bevor man mich schnell als jeder weiteren Aufmerksamkeit unwürdig abtut.
»Die Familie kehrt erst noch von der Beisetzung zurück«, sagt der Mann neben mir. »Mr. Sargood lässt Sie bitten, Sie mögen so freundlich sein und warten. Er hat mich gebeten, besonders zu betonen, dass es ihm außerordentlich wichtig ist, heute Nachmittag mit Ihnen zu sprechen.«
Wir wechseln ein Nicken – meines unbehaglich, seines routiniert –, dann hält er noch mal an der Tür an und schenkt mir ein starres Lächeln.
»Es ist eine schwere Zeit für uns alle, Sir.«
Und damit ist er, noch bevor mir eine passende Antwort einfallen kann, auch schon verschwunden.
Um mich herum brummt der Salon von mehr als einem Dutzend Unterhaltungen, die ineinander fließen und kaum zu unterscheiden sind, ab und zu interpunktiert durch ein unterdrücktes Lachen. Niemand beachtet mich im Geringsten, als ich mich an der Wand entlang schleiche, um eine bisher menschenleere Ecke des Raumes in Besitz zu nehmen. Irgendwie ist das noch schlimmer als das Starren und Flüstern und die Schuldzuweisungen, vor denen ich mich den ganzen Tag gefürchtet habe. Ich bin für diese Leute ein Nichts, weniger als ein Möbelstück. Mein Magen hebt sich.
Der Flügel, an dem Madigan früher Unterricht genommen hat, ist an die Seite geschoben worden, der Deckel geschlossen und übersät mit Kränzen und feierlichen Arrangements aus Lilien und weißen Rosen. Die Frau, die in der Kirche vor mir saß, balanciert jetzt auf der Klavierbank, ein Bein in der schwarzen Strumpfhose über das andere geschlagen. Die Kirschen an ihrem Hut wippen, als sie dem Mann neben sich ausdrucksstark zunickt. Sie lächelt ihn an und legt den Kopf schräg; ihre Lippen sind grellrot, ihre Zähne gerade und gleichmäßig und schimmernd weiß.
Ich kann es nicht ertragen, sie anzusehen. Keinen von ihnen.
Ich schlucke schwer, verlasse den Raum und gehe den Flur entlang. Es gibt zwei große Schiebetüren, an die ich mich erinnere. Sie führen zu dem offiziellen Speisezimmer und ich gleite durch sie hindurch in willkommenes Schweigen. Dicke Vorhänge sind vor die Fenster gezogen und schummriges graues Licht kriecht durch die Spalten, an denen der Stoff nicht ganz schließt. Aber es ist genug Licht, um etwas zu sehen – mehr als genug für meinen momentanen Zustand –, und ich lasse mich in einen Stuhl fallen und lege meinen Kopf auf einen Tisch, der nach Möbelpolitur und Lack riecht und nur entfernt nach Holz.
Ich war bereits hier, habe erst vor Kurzem auf diesem Stuhl gesessen und von diesem Tisch gegessen. Abendessen mit Madigans Familie – das erste und letzte Mal, dass ich seit meiner Kindheit im Haus der Sargoods war. Bis heute.
Es war Baileys Idee. Die gesamte schmerzhafte Episode war von Anfang bis Ende von ihm geplant und mir wurde nur gesagt, was ich wissen musste, gerade genug, um mich zum willigen Komplizen zu machen. Alex, das leichte Opfer, der hoffnungslose Romantiker. Immer auf der Suche nach einem Weg, um die Scherben wieder zusammenzusetzen.
Viel zu spät habe ich verstanden, dass man manche Dinge besser nicht repariert. »Überrede sie, Alex.« Seine Stimme über das Telefon klang weit entfernt, als spräche er vom anderen Ende eines sehr großen, sehr leeren Raumes zu mir.
»Ich weiß nicht, ob ich …«
»Natürlich kannst du, sie hört auf dich.« Er zögerte kurz. »Zumindest mehr, als sie auf die meisten anderen hört.«
Ein beängstigender Gedanke. »Ich werde es versuchen, Bailey. Aber ich verspreche nichts.«
Später an diesem Abend trieb ich sie in der Küche in eine Ecke, wo sie gerade damit beschäftigt war, sich gegrillte Sandwiches zu machen. Für ein paar Minuten beobachtete ich sie, schweigend und nervös, während ich darum kämpfte, den richtigen Anfang zu finden.
»Ich habe gehört, dein Vater hat am Freitag Geburtstag.«
Ein scharfer Seitenblick. »Willst du eines davon, Lexi?«
Ich schüttelte den Kopf. »Ähm, hast du …«
»Ich habe dich gehört. Und dich ignoriert.«
»Oh.«
»Fang nicht mal an«, sagte Madigan und schnitt Käsescheiben ab, die so dünn waren, dass sie schon fast durchsichtig wirkten. »Bailey liegt mir schon die ganze Woche damit in den Ohren und ich habe ihm bereits gesagt, dass ich nicht zu dem verdammten Abendessen gehen werde.«
»Warum nicht?«
»Weil ich nicht will.«
»Aber dein Dad vermisst dich, er macht sich Sorgen um dich. Bailey sagt, du warst
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