You are Mine
Stellung beziehen und mich auf eine Seite schlagen – auf ihre Seite –, aber sie war schon aus dem Auto, noch bevor der Motor verstummte. Sie schlug die Autotür so fest wie möglich zu, bevor sie mit klimpernden Schlüsseln in der Hand den Weg zur Eingangstür entlangstiefelte.
Ich blieb noch ein wenig sitzen, lauschte auf das Klicken und Seufzen des abkühlenden Motors und bemühte mich, an nichts Besonderes zu denken. Einfach nur dazusitzen. Allein in der Dunkelheit.
Schließlich ging ich hinein. Madigan war in der Küche und schnitt eine Ingwerwurzel für einen der seltsamen Kräutertees, die sie in letzter Zeit immer häufiger trank. Als sie meine Schritte hörte, legte sie das Messer zur Seite. »Du denkst, ich bestrafe ihn, oder?«
Müde wappnete ich mich für einen Angriff. »Wie bitte?«
»Meinen Vater«, sagte sie. »Du denkst, dass ich ihn bestrafe, dass ich ihn hasse.«
»Tust du das nicht?«
Sie drehte sich um, ihre Augen rotgerändert, der Schmerz noch frisch auf ihrem Gesicht. »Natürlich hasse ich ihn verdammt noch mal nicht!«
Schockiert ging ich einen oder zwei zögernde Schritte auf sie zu. »Madigan …«
»Nicht.« Sie hielt mich mit einer erhobenen Hand zurück, die Finger weit ausgestreckt und zitternd. »Ihr habt ja keine Ahnung, keiner von euch.«
»Dann erklär es mir«, sagte ich. »Denn du hast recht: Ich weiß nichts, ich verstehe nichts. Also erzähl es mir, weil ich hier ertrinke.«
»Du ertrinkst?« Frische Tränen traten in ihre Augen. »Ich liebe meinen Vater, Lexi, ich werde ihn immer lieben, aber ich kann nicht mal mehr mit ihm in einem Raum sein.«
»Warum nicht?«
»Weil es, wenn ich bei ihm bin, ist, als würde ich sterben – jede Minute, jede einzelne Sekunde. Die Art, wie er mich ansieht, die Art, wie er mich berührt – so vorsichtig, als könnte ich zerbrechen –, das alles ist einfach zu viel. Er ist mein Vater und ich liebe ihn unglaublich, aber er lässt mich einfach nicht leben.« Ihre Stimme brach und sie glitt weinend und zitternd auf den Boden.
»Oh, Madigan. Oh, Süße, komm her.«
Ich kniete mich hin und schlang die Arme um sie, hauchte beruhigende Geräusche in ihre Haare, während sie schluchzte und ihre Finger in mein T -Shirt krallte. Um mich von sich zu stoßen. Das verstand ich viel zu spät, erst als ihre Finger sich plötzlich und schmerzhaft in meiner Brust vergruben und sie mich anschrie, sie in Ruhe zu lassen, sie jetzt sofort in Ruhe zu lassen.
Aus dem Gleichgewicht gebracht fiel ich nach hinten um und Madigan folgte mir. Ihre Faust unterlief die Deckung meiner Arme. Sie landete einen Schlag auf meinen Mund, bevor es mir gelang, ihre Handgelenke festzuhalten, und er war hart genug, dass ich Blut schmecken konnte. Aber sie schrie mich weiterhin an.
»Lass mich in Ruhe! Lass mich in Ruhe!«
»Madigan, hör auf!«
Ich schubste sie von mir, kroch, halb krabbelnd, halb rutschend, über den Boden und holte mir noch einen schmerzhaften Tritt ans Schienbein, bevor ich unter dem Küchentisch eine gewisse Sicherheit fand.
Madigan atmete schwer und ihre Hände waren immer noch zu Fäusten geballt. Ihre Augen waren weit aufgerissen und dunkel und sahen einfach durch mich hindurch. »Lass mich in Ruhe«, wiederholte sie, aber jetzt in einem gebrochenen Flüstern. »Ihr alle, lasst mich einfach in Ruhe.«
Und während ich auf dem alten Linoleum saß, begann ich zum ersten Mal zu verstehen, dass Ruth vielleicht recht gehabt hatte, dass etwas mit Madigan auf schreckliche, grundlegende Art nicht stimmte. Tief in ihr, versteckt an einem Ort, den niemand – vielleicht nicht einmal Madigan selbst – erreichen konnte, war etwas vollkommen zerbrochen und war es schon seit langer Zeit. Und es ging nicht einfach nur um ein krankes Herz oder den Tod einer Mutter oder den Verlust von Freiheit, sondern um etwas, das viel älter war als alles andere. Etwas viel Dunkleres und Gefährlicheres.
Und zum ersten Mal hatte ich wirklich Angst.
Nicht um sie, sondern vor ihr.
Kapitel 6
Hinter mir gleitet die Tür zum Speisezimmer auf und ich drehe mich auf meinem Stuhl. Das plötzlich einfallende künstliche Licht ist hell genug, um mich blinzeln zu lassen.
»Ich dachte, du wärst gegangen«, sagt Bailey.
Ich schüttle den Kopf. »Ich musste nur für eine Weile allein sein.«
»Mmm.« Es folgt eine unangenehme Pause. Stimmen driften über den Flur und Bailey scheint auf sie zu lauschen. Oder auf jeden Fall lauscht er auf etwas oder nach etwas. Plötzlich
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