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Young Sherlock Holmes 4

Young Sherlock Holmes 4

Titel: Young Sherlock Holmes 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Lane
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würde es sich um seine Sonntagskleider handeln, aber sie starrten nur so vor Dreck, und seine Schultern und Ärmel wiesen einen grünen, an Moder oder Fäulnis erinnernden Farbstich auf. Er starrte einfach nur geradeaus, anscheinend ohne irgendetwas Bestimmtes zu fixieren. Niemand saß neben ihm, und obwohl er keinen Drink vor sich stehen hatte, schien der Barmann keinerlei Lust zu verspüren, sich zu ihm hinüberzubegeben, um entweder eine Bestellung aufzunehmen oder ihn rauszuschmeißen. Der Mann saß einfach nur da und machte nichts.
    Die Taverne füllte sich immer mehr, und schließlich war der Blick auf den seltsamen bleichhäutigen Mann von Gästen blockiert. Sherlock und Matty aßen zu Ende und machten sich zum Aufbruch bereit. Als sie aufstanden, entstand eine Lücke in der Menge, und Sherlock blickte wieder hinüber. Der Mann war verschwunden.
    »Hast du mal was von Burke und Hare gehört?«, fragte Matty, als sie die Taverne verließen. Er schien nervös zu sein.
    »Nein, wieso?«, fragte Sherlock.
    »Das waren zwei Kerle, die hier lebten. Hießen beide William mit Vornamen. Vor ein paar Jahren waren die hier in der Gegend berühmt und berüchtigt. Hab’ von ihnen gehört, als mein Dad zum Arbeiten hier war. Der Kerl da in der Taverne hat mich an die beiden erinnert. Edinburgh ist beliebt bei Leuten, die Arzt werden wollen. Wegen des Medical Colleges. Die kommen von überall her, um hier zu lernen. Aber es gibt ein Problem: Wie sollen sie was über den menschlichen Körper lernen, wenn sie ihn nicht untersuchen können? Zum Beispiel, indem sie Tote aufschneiden, um zu sehen, wo all die Organe sind und wo das Blut langfließt.«
    »Ich dachte, medizinische Hochschulen dürften die Leichen von hingerichteten Verbrechern nutzen«, sagte Sherlock und runzelte die Stirn.
    »Ja, theoretisch«, erwiderte Matty. »Aber es gibt stets weniger Leichen als Arztschüler, die einen Blick in sie hineinwerfen wollen. Und es gibt längst nicht mehr so viele Sachen, für die man gehängt werden kann, was bedeutet, dass auch längst nicht mehr so viele Leichen zur Verfügung stehen. Vor sechzig Jahren gab es über zweihundert verschiedene Verbrechen, wegen denen man am Galgen landete. Jetzt sind’s nur noch fünf. Dadurch kriegt das College nur noch so um die zwei Leichen im Jahr. Und genau da kamen Burke und Hare ins Spiel.«
    »Ich habe das Gefühl, ich weiß, worauf das Ganze hinausläuft«, sagte Sherlock leise und spürte, wie ihm ein Schauder den Rücken hinablief. »Sie haben Leichen ausgegraben und dann verkauft, richtig?«
    Matty starrte ihn an. »Nicht ganz«, sagte er, »obwohl so was tatsächlich häufig vorgekommen ist. ›Leichendiebe‹ wurden die genannt. Das ist so häufig passiert, dass Freunde und Verwandte von Leuten, die gerade gestorben waren, Wache am Grab standen, um zu verhindern, dass sie wieder ausgebuddelt wurden. Einige – reiche Leute – ließen meist Käfige um die Gräber ihrer Verwandten bauen, damit niemand rankam. Bevor das alles richtig bekannt wurde, ist es häufig vorgekommen, dass die Leute die Gräber ihrer Lieben besuchten und sie verwüstet vorfanden, so als wären die Körper wieder zum Leben erwacht und gerade erst von selbst aus der Erde gekrochen.« Sherlock und er bahnten sich ihren Weg durch die überfüllten Straßen und bewegten sich auf ihr Hotel zu. »Sobald die Leute über die Leichendiebe Bescheid wussten, mussten die natürlich die Sache anders anpacken. Sie waren ziemlich einfallsreich, die Leichendiebe. Sie benutzten Spaten mit Holzblättern, weil die weniger Krach machten als welche aus Metall, und sie gingen dazu über, in einem schrägen Winkel zu graben, so dass die Buddelspuren sich nicht direkt über dem Grab befanden, sondern ein Stück davon entfernt. Sie legten meist nur ein Ende des Sarges frei, zertrümmerten ihn und zogen die Leiche mit einem Seil raus.«
    »Schön und gut, aber du hast gesagt, dass dieser Burke und Hare keine Leichendiebe waren. Also was waren sie dann?«
    »Als Erstes waren sie schon mal Iren«, erwiderte Matty, »und sie sind nach Edinburgh gezogen, wo sie als Arbeiter am Bau des Union Canals unterkamen. Burke landete in einer Pension, die von Hares besserer Hälfte geleitet wurde. Sie wurden zu Saufkumpanen, und eines Nachts quatschten sie darüber, wie man nebenher ein bisschen Geld machen könnte. Einer von ihnen schlug vor, dass man doch die Leiche von jemandem aus der Gegend klauen könnte, der eines natürlichen Todes

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