Ysobel – Das Herz aus Diamant
Attraktion einer christlichen Dame in seinem Harem etwas kosten lässt. Auch wenn das Exemplar bereits ziemlich schäbig ist!«
Die Edeldame verengte wütend die Augen zu Schlitzen und streckte in einer Mischung aus Verzweiflung und Trotz das Kinn vor. »Das mag wohl sein. Um so mehr erstaunt es mich, dass Ihr die Ware, mit der Ihr Eure Truhen tatsächlich füllen könntet, noch nicht in Euren Besitz gebracht habt! Ein Mädchen, das seine Schönheit vom Teufel persönlich erhalten haben muss, mit rotgoldenen Haaren. Sicher werden Eure Mauren sie in Gold aufwiegen.«
Etwas in ihrer grellen Stimme überzeugte Paskal Cocherel davon, dass sie tatsächlich noch einen Trumpf in der Hinterhand zu halten glaubte. Er spürte die Gehässigkeit, die sie erfüllte. Wen auch immer die Baronin meinte, sie verabscheute diese Person aus vollem Herzen.
»Schwatzt nicht! Sprecht!«, befahl er in einem Ton, der Dame Thilda unwillkürlich einen Schritt zurückweichen ließ. Sie trat dabei gegen einen von Gratiens Hunden, der an der leblosen Gestalt seines Herrn schnupperte, und verlor das Gleichgewicht. Mit einem angsterfüllten Schrei stürzte sie nach hinten über die Leiche ihres Gemahls und blieb vor Entsetzen wie gelähmt auf dem blutigen Körper liegen. Der Hund kläffte, bis ein wohlgezielter Dolch in seine Kehle schoß und dem Lärm ein Ende machte.
Für einen Herzschlag lang glaubte Thilda, dass der nächste Dolch ihr gelten würde. Als jedoch nichts geschah, wagte sie zu blinzeln und sich schließlich wieder hochzurappeln. Der Herzog sah ihr mit einem diabolischen Grinsen dabei zu, wie sie die schmutzigen Säume ihres Mantels sowohl vor dem Gatten als auch dem röchelnden Hund in Sicherheit brachte.
»Gordien, verdammt! Habe ich nicht gesagt, dass ich keine Toten in der Halle sehen will?«, brüllte er wütend, ehe er sich wieder, an seine Gefangene wandte. »Hört auf, meine Zeit zu verschwenden, sonst leistet Ihr Eurem verblichenen Gemahl schneller Gesellschaft, als Euch lieb sein kann. Diese Burg ist jetzt mein!«
»Wenn Ihr Euch da nicht täuscht«, erwiderte sie stockend. »Gratien ist tot, aber so, wie es aussieht, ist seine Schwester noch am Leben! Die stolze Demoiselle von Locronan, Ysobel, die Nonne! War das nicht das Weib, das Ihr gesucht habt?«
»Seine Schwester?« Mit einem Male kam Leben in die Gestalt des bulligen Mannes. Bedrohlich kam er ihr näher. »Sagtet Ihr nicht, Ihr hättet keine Ahnung vom Verbleib des Frauenzimmers? Sie sei vor mehr als zehn Jahren ins Kloster gesteckt worden, und seitdem hättet Ihr nie wieder etwas von ihr gehört?«
»Je nun«, Thilda de Locronan verbarg ihre geballten Fäuste in den Falten ihres Hausmantels und gab sich betont gelassen. Ysobel schien diesem Mann noch wichtiger zu sein, als sie geglaubt hatte. Nun galt es, klug zu sein. Sie versuchte ein Lächeln. »Ihr habt im vergangenen Oktober nach ihr gefragt. Da konnten wir nicht einmal sicher sein, ob sie den Winter überleben würde, so schäbig, verhungert und verwahrlost, wie sie bei uns auftauchte. Danach schien es mir ratsam, erst einmal herauszufinden, weshalb Ihr Euch für eine davongelaufene Nonne interessiert, ehe ich Euch Nachricht ...«
Die Peitsche zischte unvermittelt und unerwartet auf sie nieder, und Thilda stieß einen schrillen Schrei aus. Sie konnte nicht ahnen, dass sie mit ihrem so raffinierten Plan die ganz persönlichen Dämonen dieses Mannes wieder zum Leben erweckt hatte. Seine Hoffnungen, die auf dem Tiefpunkt angelangt waren, weil er keine Spur der letzten Novizin von Sainte Anne auftun konnte.
»Ysobel de Locronan!«, fluchte der Herzog und schlug wieder und wieder auf Thilda ein, bis sie sich auf dem Boden wand. »Wie kannst du es wagen, mir zu verschweigen, dass sie sich unter diesem Dach befindet, Weib? Wo ist das Frauenzimmer? Keine Faxen mehr! Los, rede, oder ich prügle dir die Seele aus dem Leib!«
»Du wirst deine Antwort nie bekommen, wenn du sie totschlägst!«, mischte sich plötzlich sein Hauptmann ein. Gordiens Pranke legte sich auf den Unterarm des Herzogs. Cocherel starrte auf die Peitsche, ehe er sie mit einem wütenden Fluch auf die weinende Frau schleuderte.
»Da ist was dran! Zum Henker, ich hätte nicht gedacht, dass sie es wagt, mir eine solche Information vorzuenthalten!«, knurrte er und bedachte die schluchzende Frau mit einem heftigen Fußtritt. »Hoch mit dir, Weib! Wo ist das Mädchen? Wo hat sich diese Nonne versteckt? Und wag es bloß nicht, mich mit einer
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