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Zähl nicht die Stunden

Titel: Zähl nicht die Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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schallendem Gelächter aus, das, von Schock und Spannung hervorgetrieben und getragen, mühelos die
    Kluft zwischen ihnen überbrückte. Sie lachten mit hemmungsloser
    Hingabe, bis ihnen alles wehtat, bis ihr Innerstes zu bersten drohte , bis sie kaum noch zu Atem kamen. Sie lachten wie toll und vergaßen
    darüber zeitweise, dass sie sterben musste und er mit anderen Frauen schlief.
    Und dann fiel ihnen alles wieder ein, und das Lachen versiegte abrupt.
    »Entschuldige«, sagte Mattie.
    »Wofür musst du dich entschuldigen?« »Dafür, dass ich bei deiner
    Freundin angerufen habe. Dass ich dir den Abend verpfuscht habe.«
    Jake besaß Anstand genug, ein betretenes Gesicht zu machen. Voll
    Unbehagen trat er von einem Fuß auf den anderen. »Woher hast du
    überhaupt gewusst, wo du mich findest?«
    »Na, das war nicht gerade das Geheimnis des Jahrhunderts.« Mattie
    lächelte. Waren Männer wirklich so schlicht, wie Roy Crawford
    behauptet hatte. »Hast du im Ernst geglaubt, ich wüsste nicht, wo du hinwolltest?«
    »Ich hab wahrscheinlich versucht, nicht darüber nachzudenken«,
    bekannte Jake nach einer kleinen Pause. »Eigentlich sollte wohl ich mich bei dir entschuldigen.«
    »Was soll eine Entschuldigung, wenn es dir in Wahrheit gar nicht Leid tut?«
    Jake nickte. Eine Härte trat plötzlich in seine Augen, als wäre ihm eben klar geworden , dass seine Frau ihn ohne ersichtlichen Grund nach Hause beordert hatte. »Was ist eigentlich los , Mattie?» Ungeduld verdrängte die frühere Besorgnis in seiner Stimme und tilgte alle Spuren des Gelächters, als er sie zum eigentlichen Thema zurückbrachte.
    »Vielleicht setzen wir uns besser.« Mattie wies zum Wohnzimmer.
    »Kannst du’s nicht einfach sagen? Ich bin hundemüde. Wenn es
    nichts Dringendes ist —«
    »Kim hatte einen Jungen im Bett«, platzte Mattie heraus. War das der Grund, warum sie mit ihm reden wollte?
    »Was?« Jakes Blick flog zur Treppe.
    »Er ist schon weg«, erklärte Mattie, die fürchtete, er würde sofort die Treppe hinauflaufen und auf Kim losgehen. »Es war vorhin.«
    »Vorhin? Wann vorhin?«
    »Als ich nach Hause kam.« Warum sprach sie jetzt darüber mit ihm?
    Deswegen habe ich ihn nicht nach Hause geholt. »Ich habe sie
    überrascht.« »Du hast sie beim Sex überrascht?«
    »Nein , das Gott sei Dank nicht.« Zu spät jetzt zur Umkehr , dachte sie.
    »Sie waren schon fertig. Sie haben geschlafen.« Sie beobachtete Jake, wie er sich bemühte, diese Neuigkeit zu begreifen und zu verarbeiten.
    »Was heißt sie?«
    »Kim und der Junge. Ich weiß nicht, wer es war.« Mattie sah einen
    hoch aufgeschossenen , gut aussehenden und eindeutig nackten jungen Mann auf einem Bein im Kreis herumhüpfen , während er sich abmühte , in seine Jeans hineinzukommen. »Wir wurden einander nicht offiziell vorgestellt.«
    Jake begann , vor Mattie auf und ab zu gehen. Sein Zorn und sein Frust waren greifbar. »Ich versteh das nicht. Was ist denn nur in letzter Zeit in sie gefahren? Sie raucht m aller Öffentlichkeit Marihuana. Sie treibt es praktisch vor unserer Nase mit jungen Kerlen. Was zum Teufel denkt sie sich dabei?«
    »Ich glaube nicht , dass sie derzeit in der Lage ist , klar zu denken.«
    »Will sie sich mit AIDS anstecken? Will sie schwanger werden. Will sie
    –« Er brach abrupt ab.
    »- so enden wie wir?«, vollendete Mattie für ihn.
    »Das wollte ich nicht sagen.«
    »Warum nicht? Es ist doch sehr angebracht.«
    »Sie ist einfach noch so jung. Es ist noch so viel Zeit.«
    »Nicht immer«, sagte Mattie leise.
    Jake wurde blass. »O Gott, Mattie, entschuldige. Wie gedankenlos von mir.« Er hob die Hand zu seinem Gesicht, rieb sich Stirn und Augen.
    »Du weißt, dass ich nicht –«
    »Ich weiß. Ist schon okay.«
    »Nein, es ist nicht okay.«
    »Doch, Jake«, beharrte Mattie. »Du hast ja ganz Recht – sie ist jung, sie hat Zeit.«
    »Was hast du zu ihr gesagt?«
    »Was konnte ich schon sagen? Dass es in Ordnung ist, wenn ihre
    Mutter und ihr Vater rumschlafen, aber nicht, wenn sie es tut?« Mattie hielt den Atem an. Du lieber Gott, was hatte sie da gesagt. Sie hatte Jake nichts von ihrer eigenen Untreue verraten wollen. Oder vielleicht doch?
    War das vielleicht der wahre Grund dafür, dass sie Jake von seiner Freundin weggeholt hatte?
    »Das ist ja wohl kaum das Gleiche.«
    Mattie atmete vorsichtig auf. »Nein, da hast du Recht.« Ihre Worte
    waren offenbar nicht angekommen.
    Einen Moment blieb es still. Sie sah Verwirrung und Ungläubigkeit in

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