Zähmung der Wildkatze
starrsinnig, vorlaut, zickig, impulsiv … genügend Gründe für dich, auf sie anzuspringen. Kampfsubs sind verdammt anstrengend, Stuart.“
„Sie ist noch viel mehr als das.“
Er murmelte die Worte leise und mehr an sich selbst gerichtet, aber Simon beließ es dabei. Dennoch lächelte er, denn ihm wurde jetzt die sichtbare Veränderung seines besten Freundes wesentlich klarer. Für eine Weile legte sich angenehmes Schweigen in die Bibliothek zwischen die Freunde. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach.
Stuart hörte noch den Klang ihrer süßen Stimme im Kopf, bevor er ihr die kalte Abfuhr erteilt hatte. Wissend, welchen Knopf er bei der kleinen Kampfkatze damit drückte. Er war gespannt, zu erfahren, was sie sich als Nächstes einfallen ließ, um seine Aufmerksamkeit zurückzuerobern.
8
In der Mittagspause kam Erica spontan vorbei und lud Marie bei herrlich sonnigem Wetter zu Sahneeis und Kaffee in die Stadt ein. Sie plauderten über die Party und die eventuellen Outfits.
„Erinnerst du dich an das Fotomodel, das diesen Skandal letztes Jahr auf dem roten Teppich verursacht hat? Splitternackt da aufzutauchen mit der Begründung, sie habe nichts Passendes in ihrem Schrank gefunden und kein Designer wollte ihr ein Kleid zur Verfügung stellen. Ob sie auch auf die Party kommen wird?“
Erica nippte an ihrem Kaffee und schmunzelte in sich hinein. „Ist das überhaupt ein Fotomodel? Ich kann mich erinnern, dass vor dem Nackedeiskandal keiner wusste, wer sie überhaupt ist.“
„Hm, stimmt, war also ein geschickter Schachzug, sich ins Rampenlicht zu beamen.“ Marie lachte zur Bestätigung und zückte ihr Handy.
Weißt du, wie man solche Typen wie dich noch bezeichnet? P U S S Y
.
Sie legte es wieder beiseite, als sie den Nachrichtentext abgeschickt hatte. Bei zehn SMS-Nachrichten für heute hatte sie aufgehört, zu zählen. Amüsiert löffelte sie in ihrem Sahneeis. Die gute Laune hielt sich bereits seit Tagen. Immer, wenn ihr etwas Gemeines durch den Kopf ging oder sie etwas irgendwo aufschnappte, schickte sie ihre bösen, provokanten Sprüche auf Stuarts Handynummer. Bisher hatte er noch nicht reagiert.
Noch nicht!
In Gedanken stellte Marie sich sein verärgertes Gesicht vor, jedes Mal, wenn sein Handy piepste und er den Text las.
„Erwartest du einen Anruf oder warum fummelst du ständig an deinem Handy rum?“
Marie hob nichtssagend ihre Augenbrauen und wechselte das Thema. „Ich wette, die Presse wird sich darum reißen, die schlimmsten Outfits einzufangen.“
Erica nickte, hielt ihre Kaffeetasse mit beiden Händen und reckte ihr Gesicht zur Sonne. „Und hast du dich jetzt entschieden, was du anziehen willst?“
„Ich hab irgendwo in den Schubladen noch diese peinlichen knallroten Strapse mit passendem Hüftgürtel, die du mir zum 16. Geburtstag geschenkt hast. Das war so peinlich, die Teile vor der gesamten Familienbande auszupacken … ich hätte dich erwürgen können und meine Mutter erst …“
Erica lachte bei der Erinnerung.
„Die hat dir das Ding aus der Hand gerissen und es sofort verschwinden lassen. Obwohl, dein Onkel Theodor wollte sich das ja eigentlich genauer ansehen.“
Marie prustete los und spuckte fast das Eis wieder aus. „Ich hab’s bei meinem Umzug auf dem Dachboden in einer Holzkiste ganz unten bei Barbie und Ken wiedergefunden.“
„Und ich dachte, sie hätte das sündige Teilchen einer Feuerbestattung mit Ritual zur Reinigung übergeben.“
Maries Mutter war streng katholisch und mit der Zeit zu einer erzkonservativen Frau geworden. Wenn man Mutter und Tochter nebeneinanderstellte, mochte man kaum glauben, dass sie verwandt waren. Sah man genauer hin, erkannte man schnell, woher Marie ihr Aussehen hatte. Vom Charakter her waren sie grundverschieden, wie Mutter und Sprössling nur sein konnten, und das hatte zu etlichen Krisen in Maries wilder Jugend geführt, bevor ihr Leben völlig aus den Fugen geraten war. Erica betrachtete sie.
„Hast du eigentlich nie bereut, nicht aufs College gegangen zu sein?“
„Nie.“ Die Antwort kam wie aus der Pistole geschossen über Maries Lippen.
„Aber du hättest die Wahl gehabt …“
„Ich hatte keine Wahl, Erica. Was hätte ich tun sollen? Ihn auch noch im Stich lassen und der staatlichen Fürsorge überlassen? Er ist der einzige meiner Familie, der noch da ist und ich bin alles, was er noch hat. Hast du dir mal angesehen, wie diese staatlichen Pflegeheime aussehen?“ Marie schüttelte den Kopf und lächelte
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