Zärtlich wie ein Krieger / Wächter der Seelen. Roman
seinem Schöpfer gegenüberzutreten, aber ich werde es tun, wenn ich muss.«
Kiyoko sagte etwas zu dem Krieger.
Ein weiterer japanischer Wortschwall sprudelte über die Lippen des jungen Mannes. Der Blick des Burschen war auf Kiyoko geheftet und sein Gesicht vor Groll gerötet. Ein ungutes Gefühl machte sich in Murdochs Bauch breit.
»Sie haben recht«, sagte Kiyoko. »Takeo meint, dass er das Vertrauen in den Weg des Onmyōji verloren hat. Er glaubt nicht mehr daran, dass wir die Dämonen besiegen können. Er hat die dunkle Seite seiner Seele gewählt, und er ist froh, dass er einige seiner Mit-
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umbringen konnte, denn es wird sie von der Sinnlosigkeit unserer Dämonenjagd erlösen. Er hat akzeptiert, dass er heute sterben wird.«
»Schön«, erwiderte Murdoch grimmig.
»Aber er will, dass
ich
es tue.«
Er erstarrte. »Nicht in einer verfluchten Million Jahre.«
»Er ist mein Schüler. Es ist eine angemessene Bitte.« Sie gab einem Krieger, der in der Tür zum Dōjō stand, ein Zeichen mit der Hand. Er eilte an ihre Seite, überreichte ihr eine Scheide mit kunstvoller Prägung und rannte dann wieder zurück. »Ich werde mein Gesicht bei diesen Männern verlieren, wenn ich ihm diesen Wunsch abschlage, Mr Murdoch.«
»Ihr Gesicht verlieren?« Er funkelte sie wütend an. »Sie wollen zulassen, dass Ihr Stolz Sie umbringt? Sie werden mehr verlieren als nur Ihr Gesicht, wenn Sie seinem Wunsch nachgeben. Er will nur, dass Sie nah genug sind, damit er Sie mit in den Tod reißen kann, wenn er diesen verdammten Schalter umlegt.«
»Ich bin schneller, als Sie denken.«
»Mir ist egal, wie verflucht schnell Sie sind«, entgegnete er scharf. Der Berserker suchte sich bereits in seiner Brust den Weg nach oben. »Sie werden sich nicht mit einem Bombenattentäter duellieren. Kapiert?«
»Ich habe gegen Dämonen gekämpft. Ich werde mit einem Mann fertig.«
»Um Gottes willen, Frau, Sie haben doch zugegeben, dass Sie ihn darin ausgebildet haben, Kreaturen zu töten, die viel mächtiger sind als er.«
»Aber ich bin noch immer seine Lehrerin.«
Murdoch konnte den Blick nicht von den vier Päckchen Plastiksprengstoff wenden, die um die Brust des jungen Mannes geschnallt waren. Wenn die verdammte Bombe hochging, würde Murdoch leiden, und er würde übel leiden. Er würde nicht sterben, aber er würde dem Tod so nahe wie nur möglich kommen, sein Fleisch würde zerfetzt und seine Knochen pulverisiert. Sich dasselbe bei Kiyoko vorzustellen reichte beinahe aus, um ihn sein mageres Frühstück wieder ausspucken zu lassen.
»Und er ist noch immer derjenige mit der Bombe.«
»Hören Sie auf, sich Sorgen zu machen«, sagte Kiyoko sanft, während sie ihr Schwert mit einem leisen Kratzen von Stahl auf Stahl aus der Scheide zog. Sie verbeugte sich vor Takeo, und der junge Krieger tat es ihr nach. Keiner von beiden wandte den Blick vom anderen. »Ich werde es überleben, und Sie werden es auch. Mein Schildzauber ist sehr stark.«
Murdoch schnaubte. »Mädchen, Sie müssten schon ein Magier sein, um einen Schildzauber hinzukriegen, der eine Bombe auf kurze Distanz abwehren kann.«
Der junge Krieger wurde nervös und trat einen Schritt auf Kiyoko zu. Dabei fuchtelte er mit seiner Waffe herum und stieß offenbar eine Drohung aus.
Murdoch trat zwischen beide, ohne nachzudenken.
Kiyokos Katana schlitzte seine Jacke und sein Fleisch auf und schrammte an seinen Rippen vorbei. Sie schob ihn beiseite, aber nicht, bevor Blut floss. Ein warmer, klebriger Strom rann seine Seite hinab und sammelte sich im Bund seiner Hose.
»Hören Sie auf, mich zu beschützen«, sagte sie wütend.
»Ich habe das, was ich tue, nicht voll in der Hand«, gab er zu, obwohl er kein bisschen unglücklich darüber war, wohin seine Füße ihn getragen hatten. »Wissen Sie noch, was ich Ihnen über den Berserker und seine Ansprüche gesagt habe? Er hat ein kleines Problem mit dieser Situation.«
»Ich weiß es noch. Aber sagten Sie nicht, dass es doch noch immer Sie sind, selbst wenn der Berserker in Ihnen die Oberhand gewinnt?«
Murdoch hielt unwillkürlich den Atem an.
Das stimmte!
»Ich glaube, dass Sie Ihrem eigenen Dämon die Schuld an Ihren chauvinistischen Neigungen geben, Mr Murdoch. Gehen Sie mir aus dem Weg.«
Er blinzelte.
War das wahr?
Leider verschaffte ein Blinzeln Kiyoko genug Zeit, um an ihm vorbeizuschlüpfen. Sie rannte mit gezogenem Schwert auf den jungen Krieger zu und stürzte sich mit einem schrillen Schrei auf
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