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Zärtlich wie ein Krieger / Wächter der Seelen. Roman

Zärtlich wie ein Krieger / Wächter der Seelen. Roman

Titel: Zärtlich wie ein Krieger / Wächter der Seelen. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette McCleave
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Mantels band, wollte er wissen: »Darf ich fragen, wo Mr Murdoch schlafen wird?«
    Eine gute Frage – an die sie überhaupt noch keinen Gedanken verschwendet hatte. Murdoch hatte gesagt, dass er bleiben würde, bis er das hatte, was er wollte. Wie lange er ausharren würde? Darüber konnte sie nur spekulieren, aber man musste sicher mindestens einige Tage einkalkulieren.
    »Er zieht es vor, sich bei den Schülern einzuquartieren«, antwortete sie. Murdoch in ihr Haus einzuladen war aus vielerlei Gründen unmöglich, und Ryuji wäre sicher nicht sehr erfreut gewesen, wenn er die Hütte des Sensei würde teilen müssen. Nicht mit dem Schotten. »Übernachtungsarrangements haben keine oberste Priorität für ihn.«
    Und wenn es doch so war …?
    Nun ja, damit würde sie sich später beschäftigen.
     
    Murdoch nutzte den Tag so gut wie möglich. Ein Engel kam kurz nach zehn Uhr morgens, um die Seelen der beiden gefallenen
senshi
zu übernehmen. Danach fragte Murdoch jeden der älteren Onmyōji nach Kiyoko und ihrer Garderobe aus, achtete jedoch darauf, seine Beweggründe dafür nicht zu verraten. Dem Schmunzeln nach zu urteilen, das ihm zuteilwurde, dachten die meisten von ihnen wohl, dass er vollkommen vernarrt in das Mädchen war. Egal.
    Er sprach gerade mit dem Krieger, der Yoshio hieß, als er die Limousine vor dem Haupttor halten hörte. Er ignorierte die plötzliche Beschleunigung seines Pulsschlags und gab sich alle Mühe, sich nicht vorzustellen, wie Kiyoko mit geschmeidigen Bewegungen aus dem Wagen in den spätnachmittäglichen Sonnenschein stieg.
    Sehr reizvoll, aye.
    Tabu? Ganz und gar!
    Während das Schloss der Wagentür klickte und der leise Klang ihrer Stimme durch die Luft heranwehte, wurde es immer schwieriger, weiter unverwandt den Kämpfer mit dem schwarzen Gürtel anzusehen, der ihm gerade verschiedene spezielle Schwerthiebe vorführte. Aber irgendwie gelang es ihm doch.
    Seine eiserne Selbstbeherrschung machte ihm alle Ehre … bis er Kiyoko lachen hörte. Es war ein helles Sprudeln ungekünstelter Heiterkeit. Und seine Konzentration war wie weggeblasen. Trotz seiner Entschlossenheit, sie zu ignorieren, drehte sich sein Kopf wie von selbst. Sein Blick saugte sich mit präziser Treffgenauigkeit an ihrem ovalen Gesicht und den geschwungenen Lippen fest.
    Aber seine Freude war rasch dahin.
    Denn neben Kiyoko stand, die Hand besitzergreifend auf ihren Arm gelegt, Ryuji Watanabe. Er flüsterte ihr etwas ins Ohr, und es war klar, dass der attraktive, gut gekleidete Firmenchef Kiyoko das Lachen entlockt hatte. Ein leises Grollen stieg in Murdochs Kehle auf, und innerhalb eines einzigen, unbedachten Augenblicks ertappte er seine Faust dabei, wie sie sich fest um das Heft seines Schwertes schloss.
    Glücklicherweise war der Kontrollverlust nur von kurzer Dauer.
    Die Vernunft – verbunden mit der Erkenntnis, dass Watanabe bald wieder in den Wagen steigen und in die Stadt zurückkehren würde – gewann wieder die Oberhand. Murdoch bändigte seine innere Bestie mit einer mentalen Ohrfeige. Er zwang seine Finger, das Schwert loszulassen. Kiyoko gehörte nicht ihm und würde ihm auch nie gehören. Wie Sora-san es zweifellos ausdrücken würde: Sie hatten zwei unterschiedliche Pfade beschritten. Warum konnte sein Berserker das nicht akzeptieren? Warum war er plötzlich so verdammt fixiert auf eine Frau? Auf
diese
Frau?
    Er stand ruhig da, die Schultern in geheuchelter Entspannung, während der Chauffeur um den Wagen zum Kofferraum ging, die Haube öffnete und Kisten auf den Kies der Einfahrt zu stellen begann. Die Bedeutung seines Tuns wurde erst offenbar, als eine futuristisch anmutende schwarze Kiste mit Teleskopgriff und kleinen Rädern neben den anderen landete.
    Keine Aktenkiste. Und auch keine Dokumententasche. Ein Koffer.
    Sein Blick wanderte zu Kiyokos Gesicht zurück.
    Sie sah ihn an.
    »Ich hoffe, der
senshi
hat Ihnen einen Schlafplatz zugewiesen, Mr Murdoch?«, fragte sie.
    »Aye.«
    »Gut. Weil wir nämlich Ihre Sachen vom Hotel abgeholt und Ihre Rechnung beglichen haben. Wir sehen uns morgen früh.« Sie nickte höflich, nahm Watanabes Arm und führte den Japaner durch das Tor und weiter, den Steinweg zum Haus hinab.
    In Murdochs Magen bildete sich ein Knoten, der so fest war, dass er kaum atmen konnte. Offenbar würde Watanabe unter Kiyokos Dach schlafen, während er selbst in den zugigen Unterkünften umgeben von schnarchenden jungen Männern untergebracht war. Und obwohl die Drachenlady

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