Zärtliche Wildnis
voller Pläne, unsere gute Liz, aber ich fürchte, unsere Jungen werden für ihre Freundin, die Krankenschwester, ein wenig zu jung sein. Sie wird Liz gewiß auf die Parties in Southville mitnehmen, und die Jungen können froh sein, wenn hin und wieder auch für sie ein wenig Aufmerksamkeit abfällt.«
Als sie es wagte, dies auch Liz gegenüber auszusprechen, war das Mädchen entrüstet.
»Es wird genauso bleiben, wie es ist, und wenn Kay auf andere Parties gehen will, dann können wir das ja tun, wenn Ernest und Clive nicht hier sind. Sie waren meine ersten Freunde, und sie haben unheimlich viel dazu beigetragen, daß ich mich endlich an den Umgang mit Männern gewöhnt habe.«
Janet wechselte das Thema und erkundigte sich, wie es Andrew Oldfield ginge. Jetzt schämte sich Liz ein wenig, daß sie nicht gewartet hatte, um Näheres darüber zu hören.
»Sie haben ihn geröntgt und so«, erwiderte sie deshalb etwas vage. »Ich glaube, er hat sich den Knöchel gebrochen und hat ein paar Schrammen davongetragen. Aber er ist ja in guten Händen und wird es schon überstehen.«
»Nun, Sie müssen ihn auf jeden Fall besuchen, wenn Sie in die Stadt kommen, und wir werden das auch tun. Der arme Mann hat ja keine Familie. Seine Eltern sind beide tot. Aber gewiß wird sein Freund, Mr. Wilcox, ihn regelmäßig besuchen, und Peter Taylor, der Schäfer, natürlich auch.«
Liz sagte sich, daß er Besuch genug bekommen würde und daß sie sich seinetwegen kein Kopfzerbrechen zu machen brauchte. Aus irgendeinem Grund hatte sie jetzt, wo die Aufregung jener Nacht verflogen war, kein großes Verlangen mehr, ihn wiederzusehen. Schon bei dem Gedanken an ihn überkam sie ihre lächerliche Schüchternheit wieder, und sie wollte keinesfalls in ihre alte Befangenheit zurückfallen.
Als sie gegangen war, meinte Janet zu ihrem Mann, daß Liz es diesem armen Mann gegenüber doch wirklich ein wenig an Teilnahme fehlen ließe, und ging dann widerstrebend zum Telefon, um einen Anruf von Mrs. Cooke entgegenzunehmen, die höchst ungeduldig war. Die Neuigkeit von dem Unfall war ihr mittlerweile zu Ohren gekommen, und sie wollte Einzelheiten wissen. Als Janet sie ihr recht widerwillig lieferte, rief sie in sittlicher Entrüstung aus: »Sie hat die Nacht ganz allein mit diesem Mann verbracht? Ich habe dem Mädchen ja von Anfang an nicht recht getraut. Sie war mir ein wenig zu still und scheu. Das sind ja nette Geschichten.«
Janets Stimme sprang eine Oktave höher, als sie gereizt antwortete: »Was hätte Liz denn Ihrer Meinung nach tun sollen? Sich allein auf die Straße wagen, wo keiner wußte, ob sich nicht in der Nähe dieser entsprungene Verbrecher herumtrieb?«
Doch Mrs. Cooke versetzte nur, »solchen Mädchen« wäre eben jeder Vorwand recht, und dann legte sie auf, nur um später, als sie von Liz’ unerwartetem Wiedersehen mit Kay hörte, zu erklären: »Stille Wasser gründen tief. Über diese Krankenschwester habe ich schon genug gehört. Ein leichtsinniges Ding, dem alle Männer nachlaufen. Gleich zu gleich gesellt sich gern, sage ich immer. Na, die jungen Axels werden schon merken, daß sie von jetzt an die kalte Schulter gezeigt bekommen.«
Endlich kam der Mittwoch, und Kay traf auf einem museumsreifen Motorroller ein, den sie gebraucht erstanden hatte.
»Ich habe erst morgen Vormittag wieder Dienst. Ich kann also bleiben, solange ich Lust habe.«
Bei den Gesprächen, die sich um die Gegenwart und die Vergangenheit drehten, flog die Zeit nur so dahin. Über die Zukunft zerbrach sich Kay nie das hübsche Köpfchen. Sie hatte einige >passable junge Männer mit guten, verläßlichen Wägen< kennengelernt. Liz müßte schleunigst auch ihre Bekanntschaft machen, meinte sie. An dieser Stelle fragte Liz vorsichtig: »Aber was ist denn mit Giles? Macht ihm das nichts aus?«
»Giles?« Kay starrte sie einen Moment lang verständnislos an. Dann lachte sie. »Ach, ich hatte ganz vergessen, daß du den kleinen Flirt mit Giles miterlebt hast. Nein, es macht ihm nichts aus. Ich habe ihn, ehe ich abfuhr, mit einem süßen Mädchen bekannt gemacht, und er schwebt im siebten Himmel. Das war nur so eine kleine Episode, weißt du.«
Das hatte Liz zwar nicht gewußt, doch allmählich lernte sie eine ganze Menge. Kay war ihr eine gute Lehrerin.
Dann kam das Gespräch auf Andrew Oldfield.
»Er hat mich gebeten, dir auszurichten, du möchtest einen Leidenden mit deinem Besuch beglücken. Aber ob du es tust, bleibt natürlich dir überlassen. Er
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