Zärtlicher Eroberer
zurück. „Sieh nur, wie gut die Farbe die Jahre überstanden hat!“
„Du hast dir an jenem Tag große Mühe gegeben, mich aufzuheitern“, sagte Valerian ruhig.
„Daran kann ich mich nicht mehr erinnern“, erwiderte sie unbeholfen. Sie wollte nicht, dass er so war – so nett und freundlich, dass sie fast hätte meinen können, er wäre wirklich wie früher. Und natürlich entsann sie sich, lebhaft sogar, was sie damals getan hatte, um ihn aufzuheitern.
„Aber ich.“ Valerian drehte sie zu sich herum und zog sie in seine Arme. „Du hast mit mir getanzt und die ganze Zeit von all den Festen geredet, die wir hier geben würden, und was für ein glücklicher Ort Roseland wieder werden sollte.“
„Ich muss ziemlich lästig gewesen sein“, murmelte Philippa und zuckte zusammen, als er plötzlich anfing, mit ihr Walzer zu tanzen. Großer Gott, er war unwiderstehlich! Wie sollte sie ihr Herz daran hindern, ihn wider besseres Wissen zu lieben? „Val, ob das klug ist?“, fragte sie und ließ sich von ihm durch den Saal wirbeln.
„Hier ist doch niemand, wir sind allein.“
„Tu doch nicht so, Val, ich weiß sehr wohl, dass wir allein sind. Genau das macht mir ja Sorgen. Wir können uns nicht wieder verlieben oder wie du das sonst nennen willst.“
Valerian brach den Tanz abrupt ab. „Was meinst du damit?“
Sie konnte genauso gut gleich in den sauren Apfel beißen und die Karten offen auf den Tisch legen. „Wenn du mich hast kommen lassen, dir beim Renovieren zu helfen, dann ist das in Ordnung. Wenn du mich allerdings mit anderen Absichten eingeladen hast, vielleicht … nun … romantischer Art …“ Sie verstummte und suchte nach der richtigen Formulierung, aber es gab keine. „Wenn du mich also verführen oder unsere affaire aus der Jugendzeit wieder aufleben lassen möchtest, werde ich mich nicht darauf einlassen.“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich weiß, was eine Beziehung mit dir bedeutet, und so etwas will ich nicht mehr. Ich habe dich vor all diesen Jahren geliebt und fürchte, ich könnte dich wieder lieben. Ich wäre am Boden zerstört, wenn du mich verlassen würdest. Solch einen Schmerz könnte ich nicht noch einmal überleben.“ Sie nahm ihren ganzen Mut zusammen, ihm in die Augen zu sehen, und sie kam sich eher vor wie ein achtzehnjähriges Mädchen als wie eine erwachsene Frau von siebenundzwanzig Jahren.
„Sch …“ Valerian legte ihr einen Finger an die Lippen, und seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. „Und wenn ich dir nun sagen würde, ich hätte dich ebenfalls geliebt und nie aufgehört, dich zu lieben? Dass in jener Nacht, als ich so tat, als gäbe ich dir den Laufpass, alles nur gelogen war?“
Ein Hoffnungsschimmer glomm in ihr auf. Konnte sie es wagen, diese Behauptungen zu glauben? Dann fiel ihr etwas ein, und ihr wurde wieder schwer ums Herz. „Und die Frauen, Val? Sind all die Geschichten über dich auf dem Kontinent auch gelogen?“, fragte sie mit einem wehmütigen Lächeln.
„Das war ein ziemlich vergeblicher Versuch zu vergessen, was ich zurückgelassen hatte“, murmelte er. Seine Augen baten sie, ihm eine Chance zu geben. Philippa wollte sich aus seinen Armen lösen, aber er hielt sie fest. „Lass mich dir meine Geschichte berichten, Philippa. Und danach kannst du entscheiden, ob du mich wieder lieben willst.“
12. KAPITEL
„Ich weiß nicht, was ich sagen soll“, meinte Philippa, als Valerian die Geschichte von jenem verhängnisvollen Abend zu Ende erzählt hatte. Seine Enthüllungen verunsicherten sie zutiefst. Sie hatte ihre innere Stärke auf der Überzeugung aufgebaut, dass er an jenem Abend die Wahrheit gesprochen hatte und sie wirklich nur eine flüchtige Affäre für ihn gewesen war. All ihr Misstrauen und ihre harten Worte waren auf diese Nacht zurückzuführen.
Mit seiner Darstellung der damaligen Ereignisse brachte Valerian nun das ganze Fundament ihrer Überzeugung ins Wanken. Ihre Welt war aus den Fugen geraten, nichts war mehr so wie zuvor. Sie konnte Valerian wieder lieben. Der einzige Grund, warum sie ihre Gefühle für ihn unterdrückt hatte, war von ihm ausgeräumt worden.
„Sag, dass du mir glaubst“, bat er ruhig und hielt ihre Hände fest in seinen. Schon vor geraumer Zeit hatten sie sich einfach auf den Boden des Ballsaals gesetzt. Die Schatten waren länger geworden, der Abend brach allmählich an. Das Parkett war hart und unbequem, aber um nichts in der Welt hätte Philippa den staubigen Platz verlassen können.
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