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Zärtlicher Eroberer

Zärtlicher Eroberer

Titel: Zärtlicher Eroberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: BRONWYN SCOTT
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hieß Negush, aber sie wurde zerstört. Seither habe ich überall da gewohnt, wo Frieden herrschte.“
    Bei der Nennung des Ortsnamens zuckte Philippa leicht zusammen. Sie kannte ihn aus Luciens Brief. War Valerian wirklich in Gefahr wegen eines Vorfalls, der sich dort ereignet hatte? Die Fragen überschlugen sich in ihrem Kopf, und sie musste sich schwer beherrschen, das Mädchen nicht damit zu überschütten. Die Person, die Luciens Behauptungen bekräftigen oder abwehren konnte, saß ihr wahrscheinlich genau gegenüber. Ihre Neugier war grenzenlos, aber Philippa hielt sich zurück. Das Mädchen hatte eine schwierige Reise hinter sich und befand sich jetzt in einer völlig fremden Umgebung. Es brauchte Mitgefühl, keine übertriebene Neugier.
    „Das tut mir leid“, sagte sie sanft. Trotz ihrer Sorge um Valerian flog ihr Herz dem Mädchen zu. Sein Satz „Ich habe überall da gewohnt, wo Frieden herrschte“ sprach Bände über das, was es durchgemacht hatte. Philippa konnte sich all das kaum vorstellen. Sie selbst war während der Kriege gegen Napoleon großgeworden, aber das ließ sich überhaupt nicht vergleichen. Diese Kriege waren, Gott sei Dank, nicht auf englischem Boden ausgefochten worden. Die Schrecken der Kämpfe aus erster Hand miterleben zu müssen war ihr erspart geblieben. Sie stellte ihre Teetasse ab. „Ich gestehe, ich habe unzählige Fragen an dich.“
    „Bitte, Sie dürfen uns alles fragen“, sagte Lilya. „Aber würden Sie mir zuerst Ihren Namen nennen?“
    Philippa lachte überrascht auf. Sie war so besorgt gewesen – und war es immer noch –, was diese Besucher Valerian wohl bedeuten mochten, dass sie ganz vergessen hatte, sich vorzustellen. „Ich bin die Dowager Duchess of Cambourne, aber du darfst mich gern Philippa nennen.“
    Lilyas Augen weiteten sich vor Aufregung. „Sie sind diejenige, die einen Bruder namens Beldon hat!“
    Philippa war völlig verblüfft, das war das Letzte, womit sie gerechnet hätte. „Ja, aber woher weißt du von meinem Bruder?“
    Das Mädchen schien sich zum ersten Mal zu entspannen. „Valerian hat uns immer Geschichten von Ihnen erzählt.“
    Valerian . Sie sprach seinen Namen mit großer Selbstverständlichkeit aus und verwendete weder seinen Titel noch seinen Familiennamen. „Hoffentlich waren es nur gute Geschichten“, erwiderte Philippa trocken. „Vielleicht sollten wir damit anfangen, wie du den Viscount kennengelernt hast?“
    Lilya wurde wieder etwas reservierter und setzte sich kerzengerade hin, als sie zu erzählen begann. „Der Viscount war ein regelmäßiger Gast im Hause meines Vaters. Wir lebten in Negush und waren Fanarioten. Sagt Ihnen der Begriff etwas?“
    Philippa schüttelte den Kopf.
    „Die Fanarioten waren hochrangige, meist griechische Christen im Osmanischen Reich. Unsere Familie bekleidete ein wichtiges Amt in der Regierung. Vermutlich konnte man uns der herrschenden Elite zurechnen. Wir hatten Reichtum, Macht und kontrollierten weite Geschäftsbereiche, vor allem in der Schifffahrt.“
    Philippa nickte verstehend, und ihr fiel auf, dass das Mädchen von diesen Fanarioten in der Vergangenheitsform sprach – und wieder die förmliche Anrede verwendete.
    „Valerian kam in unser Haus, um über Schifffahrt und Handel zu sprechen. Er war Diplomat. Er war beauftragt worden, herauszufinden, ob geschäftliche Beziehungen zwischen uns und der britischen Regierung profitabel werden könnten.“
    Langsam setzten sich die einzelnen Teile zu einem Ganzen zusammen. Philippa wusste, wie wichtig die Schifffahrtswege für England waren. Doch das alles hörte sich eher nach einem recht einfachen Auftrag an, denn offenbar genossen die Fanarioten die Sympathien der Briten.
    „Valerian besuchte uns oft. Ich kenne ihn, seit ich ein kleines Mädchen war. Ich habe mit ihm immer Englisch geübt, denn Fremdsprachen spielten in unserem Haus eine große Rolle.“ Ein wehmütiger Ausdruck huschte über Lilyas Züge, und Philippa ahnte, dass sie an eine glücklichere Zeit zurückdachte. „Er war mit meinem Vater Dimitris und meiner Tante Natasha befreundet und blieb es auch dann, als die Verhandlungen unbefriedigend verliefen.“
    „Unbefriedigend? Inwiefern?“, wollte Philippa wissen.
    „Ich war damals erst acht, also so alt wie Konstantin heute, daher weiß ich das nicht so genau. Aber mein Vater war wütend. Ich erinnere mich, wie er brüllte: ‚Mein Gott, wir haben sechshundert Schiffe im Gebiet zwischen dem Schwarzen Meer und

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