Zärtlicher Hinterhalt
kommt.«
»Niemandem soll etwas zustoßen. Machen Sie sich keine Sorgen.«
Mrs. Trenchard zögerte und schien noch etwas sagen zu wollen.
Dougald zog die Brauen hoch. Er hatte sich
eine
Meinungsäußerung angehört, und das war mehr als genug.
Sie schien es ihm anzusehen, denn sie knickste. »Ich gehe besser zu Miss Setterington.«
»Tun Sie das! Falls sie irgendetwas benötigt, erfüllen Sie ihr den Wunsch. Wir wollen doch, dass sie wieder wohlauf ist, wenn Queen Victoria eintrifft – schließlich beehrt Ihre Majestät uns mit einem Besuch ihrer Freundschaft wegen.«
»Ja. Sie haben wie immer Recht, Mylord.« Mrs. Trenchard machte sich zu Hannahs Schlafkammer auf.
Dougald zog die Schuhe an und knöpfte sie zu. Vor nicht allzu langer Zeit hätte er Mrs. Trenchards letzte Bemerkung noch für bare Münze genommen. All die Jahre hatte er sich immer im Recht gewähnt. Aber Hannah mit ihrem Selbstvertrauen, ihrem Lachen und ihrer – wagte er es, zuzugeben? – Intelligenz ließ ihn an sich zweifeln. Was für einen Mann seines Alters und seines Ranges unerträglich war. Es gefiel ihm nicht. Wäre Hannah nicht hier, wäre er niemals ins Wanken geraten. Ohne Hannah könnte er hier sogar glücklich sein.
Doch er musste sich eingestehen, dass auch das eine Lüge war. Er war schon so lange nicht mehr glücklich gewesen vermochte die Jahre nicht mehr zu zählen, seit Hannah ihn verlassen hatte und die Leute ihn einen Mörder nannten. Auch wenn er sich genauso wenig daran erinnern konnte,
vorher
glücklich gewesen zu sein. Er war entschlossen gewesen, stur und übertrieben von sich eingenommen, aber nicht glücklich.
Was wollte er eigentlich?
Die Antwort lag auf der Hand. Hannah sollte ihn von ganzem Herzen lieben, so wie damals, bevor sie geheiratet hatten.
Wenigstens konnte nichts sie ihm mehr wegnehmen, bevor er nicht über ihr Schicksal entschieden hatte. Er würde den Mann, der an ihrem Unfall schuld war, finden und bestrafen, und keiner würde es wagen, noch unachtsam zu sein.
Er stieg die Treppe hinunter, durchquerte nach der Kapelle die große Eingangshalle und ging auf sein Arbeitszimmer zu.
Aber Charles war nicht im Vorzimmer, und sein Arbeitszimmer war leer. Dougald runzelte die Stirn, dann hörte er zwei männliche Stimmen sich nähern.
»Ich sag doch, ich will nicht mit Seiner Lordschaft reden. Erschreckt mich zu Tode der Mann, das tut er!«
In seinem beruhigendsten Tonfall redete Charles auf ihn ein: »Out«, ich weiß – aber er wird hören wollen, was Sie zu sagen haben.«
Ach will aber nicht auspacken.«
»Glauben Sie mir, er wird Ihnen nicht böse sein, Fred.«
»Ich hab gesehen, wie er einen anstarrt. Das kann einen Mann umbringen – und es ist Ja nicht so, als ob er's noch nicht getan hätte.«
Zum ersten Mal seit Jahren fühlte Dougald wirkliche Wut in sich aufsteigen. Er musste feststellen, dass er genug davon hatte, ungerechtfertigterweise mehrerer Morde bezichtigt zu werden. Dem Mord an Hannah und den vorherigen Earls of Raeburn. Er hatte niemals getötet. Nie im Zorn die Hand an jemanden gelegt, es sei denn im fairen Faustkampf. Aber er wurde bestraft dafür, und er war es Leid, verfemt zu sein.
Der Handwerker fing zu jammern an. »Verstehn Sie denn nicht? Es war wahrscheinlich Seine Lordschaft selbst, der's auf dem Gewissen hat.«
Verdächtigt, und das von einem Mann, den Dougald aus tiefer Armut gerettet, nach Raeburn Castle geholt und ihm ehrliche Arbeit gegeben hatte. Er erwartete keine Dankbarkeit, aber gegen ein wenig Loyalität hätte er nichts. Dougald trat aus seinem Arbeitszimmer, und seine Worte klangen wie Peitschenhiebe: »Ich habe wahrscheinlich
was
getan?«
Charles und der Ober-Zimmermann standen vor der Kapelle. Fred erbleichte und zog die Mütze. »Ich wollt nichts sagen … Mr. Charles hier meinte, Sie wärn noch nicht da … also …«
»Habe was getan?«, wiederholte Dougald.
Charles versetzte Fred einen kleinen Stoß. »Gehen Sie hinein, wir können das nicht hier draußen besprechen.«
Dougald trat ein Stück zurück, um Fred Platz zu machen, hatte mit dem Mann aber nicht genug Mitleid, als dass er sich hinter den Schreibtisch gesetzt hätte. Stattdessen marschierte er auf und ab im Raum, bis Charles die Tür geschlossen hatte; dann erst wandte er sich an Fred. »Was, meinen Sie, hätte ich getan?«
Fred drehte die Kappe in den Händen und war zu einer Antwort offensichtlich nicht im Stande.
»Die Zimmerleute haben nicht am Treppenabsatz gearbeitet,
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