Zärtlicher Nachtwind - Kleypas, L: Zärtlicher Nachtwind - Tempt me at Twilight
holen.«
»Was für Sachen, Sir?«, wollte eines der Mädchen mit zittriger Stimme wissen.
»Sachen für Mrs Rutledge. Eine Wärmflasche. Eis. Laudanum. Eine Kanne Tee. Ein Buch. Was auch immer, Hauptsache ihr fangt an, Dinge herbeizuschaffen!«
Die beiden rannten wie aufgescheuchte Eichhörnchen davon.
Eine halbe Minute verging, und noch immer tauchte niemand auf.
Wo zum Teufel war der Doktor? Warum ging alles so verdammt langsam ?
Er hörte Poppy nach ihm rufen, machte auf dem Absatz kehrt und rannte zurück ins Schlafzimmer. In wenigen Sekunden war er an ihrem Bett.
Poppy kauerte als kleiner, regloser Haufen auf dem Bett.
»Harry«, kam es gedämpft unter der Bettdecke hervor, »schimpfst du mit deinen Leuten?«
»Nein«, erwiderte er prompt.
»Gut. Denn dies ist keine ernste Situation, und sie ist es wirklich nicht wert …«
»Für mich ist sie ernst.«
Poppy schlug die Decke zurück, und ihr gequältes Gesicht kam zum Vorschein. Sie betrachtete ihn wie jemanden, den sie zwar schon einmal getroffen hatte, den sie aber nicht ganz einordnen konnte. Ein mattes Lächeln spielte um ihre Lippen. Zögernd wanderte ihre Hand zu seiner, und ihre schmalen Finger schlossen sich um seine leicht geöffnete Hand.
Diese einfache Berührung hatte eine sonderbare Wirkung auf Harrys Herzschlag. Sein Puls galoppierte in launenhaften Sprüngen, und seine Brust wurde heiß, erfüllt von einem bislang unbekannten Gefühl. Er nahm ihre Hand in seine und drückte sie sanft. Er wollte sie in seinen Armen halten, nicht in Leidenschaft, sondern um ihr Trost zu spenden. Wenngleich seine Umarmung das Letzte war, was sie wollte.
»Ich bin gleich zurück«, sagte er und verließ den Raum. Er eilte zur Bar im Bibliothekszimmer, schenkte einen guten Schuss französischen Brandy in ein kleines Glas und brachte es Poppy. »Probier das.«
»Was ist das?«
»Brandy.«
Sie versuchte sich aufzusetzen, aber der Schmerz ließ sie bei jeder Bewegung zusammenzucken. »Ich glaube nicht, dass er mir schmecken wird.«
»Er muss dir nicht schmecken. Trink ihn einfach.« Harry versuchte ihr aufzuhelfen. Zu seinem Erstaunen kam er sich schrecklich unbeholfen vor … er, der im Umgang mit Frauen immer absolut selbstsicher gewesen war. Behutsam stützte er ihren Rücken mit einem weiteren Kissen.
Sie nahm einen kleinen Schluck von dem Brandy und verzog das Gesicht. »Uh!«
Hätte sich Harry nicht solche Sorgen gemacht, ihre Reaktion auf den uralten, mindestens hundert Jahre im Fass gereiften Brandy hätte ihn amüsiert. Da sie weiter an dem Brandy nippte, zog sich Harry einen Stuhl neben das Bett.
Als Poppy das Glas leer getrunken hatte, war die Anspannung von ihrem Gesicht verschwunden. »Das hat tatsächlich ein bisschen geholfen«, erklärte sie. »Mein Knöchel tut zwar noch weh, aber es macht mir nicht mehr so viel aus.«
Harry nahm ihr das Glas ab und stellte es beiseite. »Das ist gut«, sagte er sanft. »Würde es dir etwas ausmachen, wenn ich dich noch einmal kurz allein lasse?«
»Ja. Du wirst nur wieder deine Angestellten anschreien, und die geben sich schon alle Mühe. Bleib hier bei mir.« Sie griff nach seiner Hand.
Wieder dieses rätselhafte Gefühl … das Gefühl, wie Puzzleteile ineinanderzupassen. Eine so unschuldige Verbindung, eine Hand in einer anderen, und doch war die Berührung so überaus befriedigend.
»Harry?« Sie sprach seinen Namen so sanft aus, dass er an den Armen und im Nacken eine Gänsehaut bekam.
»Ja, Liebling?«, sagte er mit heiserer Stimme.
»Würdest du … würde es dir etwas ausmachen, mir den Rücken zu massieren?«
Harry musste sich zusammennehmen, um seine spontane Reaktion nicht zu zeigen. »Natürlich nicht«, antwortete er und versuchte seinen Ton locker klingen zu lassen. »Kannst du dich auf die Seite drehen?« Er fasste unten an ihren Rücken und fand die kleinen Muskelstränge auf beiden Seiten der Wirbelsäule. Poppy schob die Kissen beiseite und legte sich flach auf den Bauch. Er arbeitete sich langsam zu ihren Schultern empor und lokalisierte die verspannten Muskelpartien.
Sie stöhnte leise auf, und Harry hielt inne.
»Ja, da!«, sagte sie, und die kehlige Wonne in ihrer Stimme hatte eine unmittelbare Wirkung auf Harrys Weichteile. Er fuhr fort, mit sicheren, schmeichelnden Fingern ihren Rücken zu kneten. Poppy stieß einen tiefen Seufzer aus. »Ich halte dich von der Arbeit ab.«
»Ich habe nichts vor.«
»Du hast immer mindestens zehn Dinge gleichzeitig vor.«
»Nichts
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