Zärtlicher Sturm
war, darüber auch nur zu reden, hatte sie Samuel Newcomb umgarnt.
Sam wußte, warum er Fiona bekommen hatte, und das nagte an ihm. Ehe Fiona dazwischengekommen war, hatte Lucas Samuel Newcomb genau dort gehabt, wo er ihn haben wollte – sie hatten auf freundschaftlichem Fuß miteinander gestanden. Es lag an Slade, denn eine Ironie des Schicksals hatte es so gewollt, daß Newcomb sich Slade verpflichtet fühlte, weil dieser ihm Feral Sloan vom Hals geschafft hatte. Dieser Mann war ihm ein Dorn im Auge gewesen.
Alles war nach Plan verlaufen, bis Fiona gekommen war. Da Lucas aus dem Osten kam und mehr Geld hatte, als man es mit der Pferdezucht verdienen konnte, mußte Lucas wissen, wovon er sprach, wenn er diese kleinen Investitionen erwähnte. Sam hatte sich daran beteiligt, und als sich diese Investitionen ausgezahlt hatten, war es ein leichtes gewesen, ihn zu der großen Investition zu überreden.
Solange Fiona scharf auf Lucas war, würde Sam unterkühlt bleiben, und so kamen sie nicht weiter. Trotzdem hätte Lucas sich nicht von Billy überreden lassen sollen zu heiraten. Alles, was Billy gesagt hatte, hatte in dem Mo5 2
ment vernünftig geklungen, aber Lucas hatte so viel getrunken, daß er leicht zu überzeugen war.
Er wollte keine Frau. Und wenn er Billy und dessen Frau, Willow, zusammen sah und sich manchmal danach sehnte, auch eine Frau zu haben, dann lag das nur daran, daß das Leben auf der Ranch ein einsames Leben war. Er war es nicht gewohnt, an einem Ort zu bleiben, und noch dazu an einem abgelegenen Ort. Er war es gewohnt, immer dann Frauen zu haben, wenn er sie brauchte. Wenn alles vorbei war, wollte er weiterziehen, und wie sollte er das tun, wenn er eine Frau hatte?
Er hatte sich nicht hier nach einer Frau umgesehen, sondern seinen Anwalt eine Annonce aufgeben lassen, weil er hoffte, daß eine Frau aus dem Osten, wenn sie sah, worauf sie sich hier einließ, darauf bestehen würde, daß er sie wieder nach Hause schickte – und das würde er auch mit Freuden tun, nach einer gewissen Zeit, versteht sich. Das war das Problem. Er mußte sie lange genug hier festhalten, um zu beenden, was er begonnen hatte.
Dabei half ihm, daß nur etwa einmal im Monat ein Geistlicher in die Stadt kam. Solange Samuel Newcomb glaubte, daß er heiraten würde, mußte er seine Probleme lösen.
Er hatte Billy nicht gesagt, daß er nicht die Absicht hatte, das Mädchen zu heiraten. Billy und Willow und der alte Mack reichten wahrhaft als Anstandsdamen für ein ordentliches Mädchen aus, und niemand konnte etwas dagegen einwenden, daß sie mit Lucas die Ranch bewohnte, ehe der Geistliche sie getraut hatte. Ihr mochte das vielleicht nicht recht sein, aber Lucas sagte sich, daß jemand, der verzweifelt genug war, um sich einem völlig Fremden auszuliefern, nicht allzu wählerisch sein konnte. Außerdem hatte er vor, sie für die Zeit und die Mühe gut zu bezahlen. Er wollte, daß sie den Eindruck hatte, es sei ganz und gar ihr Wunsch, wieder abzureisen, und so würde niemand durch seine böswillige Täuschung verletzt.
Er zog das Bild noch einmal aus der Tasche. Wenn ihm klar gewesen wäre, wie oft er das in den letzten Wochen schon getan hatte, wäre er wütend auf sich selbst gewesen. Sein Blick verweilte nicht auf seiner ›Braut‹, sondern richtete sich auf das andere Mädchen mit der königlichen Haltung, den zurückgebogenen Schultern und den herausgedrückten kleinen Brüsten. Ihre Größe gab ihr etwas Königliches, und ihre Gesichtszüge drückten Hochmut aus. Sie wirkte gertenschlank, und doch hatte etwas an ihr sein Interesse vom ersten Moment an gefangen genommen.
Lucas hatte sich schon fast für ein Mädchen aus Philadelphia entschieden, als er den Brief von Miß Hammond bekommen hatte. Er wußte sofort, daß das das Richtige war. Die Qualität der Kleidung der drei Menschen, die auf diesem Foto abgebildet waren, stand für Reichtum, und Lucas wußte, daß verhätschelte reiche Mädchen keine Ahnung hatten, was harte Arbeit bedeutete. Es enttäuschte ihn nicht, daß das Mädchen besonders schön war, doch er fragte sich unwillkürlich, wie sie dazu kam, auf eine Annonce zu antworten.
Aber so hübsch sie auch sein mochte – er würde sich nicht an ihr vergreifen, und wenn sie als Jungfrau zu ihm kam, so würde sie ihn auch als eine solche verlassen. Sicher war sie in der heißen Sonne schon mehrfach in Ohnmacht gefallen und würde bei ihrem Eintreffen bereits entschlossen sein, möglichst umgehend wieder
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