Zärtlicher Sturm
diese Eheschließung nächste Woche verhindern lassen würde, wäre, daß du nicht da bist. Aber kämst du auch nur auf den Gedanken, an meiner Stelle wegzugehen? Das tätest du natürlich nie. Du hast ja auch bei Vater nur zu schnell aufgegeben. Es war ja nicht zu erwarten, daß du den Mut hast, dich ihm zu widersetzen, indem du davonläufst.«
»Er hat mir mit der Peitsche gedroht«, sagte Sharisse leise.
»Oh«, sagte Stephanie, und jeder Vorwurf war erstickt.
»Einen Moment mal«, sagte Sharisse impulsiv. »Warum soll ich denn nicht weggehen? Das würde schließlich alle Probleme lösen. Vater würde erkennen, daß es mir ernst damit ist, Joel nicht zu heiraten, und ich müßte nur solange woanders bleiben, bis er nachgibt.«
»Ist das dein Ernst, Rissy?« fragte Stephanie, die wieder Hoffnung schöpfte. »Tätest du das wirklich für mich?«
Sharisse war nachdenklich. Ihr Vater würde wütend werden. Vielleicht konnte sie monatelang nicht nach Hause kommen. Aber zumindest war sie dann nicht am Unglück ihrer Schwester schuld.
»Warum eigentlich nicht?« sagte sie kühn. »Ich kann zu Tante Sophie fahren und eine Zeitlang dort bleiben.«
Stephanie schüttelte den Kopf. »Dort wird Vater dich zuallererst suchen. Du glaubst doch nicht etwa, daß er keinen Versuch unternimmt, dich zu finden, oder?«
»Ach, du meine Güte.« Sharisse runzelte die Stirn. »Laß mich mal nachdenken.«
»Du könntest die Fahrkarten benutzen, die ich habe.«
»Nach Arizona fahren? Das ist ja lachhaft, Steph. So weit muß ich wohl doch nicht fahren.«
»Aber wohin willst du denn sonst gehen? Lucas Holt wird sich zumindest um dich kümmern, bis ich dir Bescheid gebe, daß du wieder nach Hause kommen kannst.«
»Sich um mich kümmern?« sagte Sharisse atemlos. »Der Mann erwartet eine Ehefrau und keinen Gast. Und er erwartet dich, nicht mich.«
»Also, genau genommen weiß er gar nicht, was er bekommt. Ich habe ihm zwar ein Bild geschickt, aber es war das, auf dem wir beide und Vater drauf sind, das Foto, das aufgenommen worden ist, nachdem du aus Europa zurückgekommen bist. Ich … äh … ich habe vergessen, dazuzuschreiben, welche von uns beiden ich bin.«
Wenn Sharisse schon so lieb war wegzugehen, dann wollte sie sie gleich so fern wissen, daß ihr Vater keine Chance hatte, sie zu finden. Arizona war weit genug weg.
»Als ich ihm geschrieben habe«, fuhr sie fort, »habe ich auch nur mit S. Hammond unterschrieben. Du siehst also, daß er es gar nicht merkt, wenn du an meiner Stelle kommst. Und er braucht ja nicht zu erfahren, daß du gar nicht die Absicht hast, ihn zu heiraten.«
»Du meinst, ich soll ihm etwas vorspielen?«
»Er erwartet schließlich nicht, daß ich ihn sofort heirate. Er hat in seinem Brief geschrieben, er müßte mich erst kennenlernen. Nach einer Weile kannst du ja einfach sagen, das nichts daraus wird, daß du ihn nicht heiraten kannst.«
Sharisse war entgeistert. »Ich kann diesen Mann unmöglich derart ausnutzen.«
Stephanie weigerte sich, so schnell aufzugeben. »Du hast doch kein Geld, von dem du leben könntest, oder?«
»Ich habe meinen Schmuck. Der müßte eine Zeitlang reichen.«
»Willst du ihn verkaufen?«
»Soweit es nötig ist.«
Stephanie fing an, sich zu fragen, wie sie das von ihrer Schwester erwarten konnte, doch dann dachte sie an Joel und unterdrückte ihre Gewissensregungen.
»Wahrscheinlich bekommst du nirgends auch nur annähernd das, was dein Schmuck wert ist«, sagte Stephanie nachdenklich. »Ich kann nicht einsehen, warum du Lucas Holt nicht ausnutzen willst. Habe ich dir schon gesagt, daß er Rancher ist? Ich gebe dir seinen Brief und die Annonce. Dann kannst du dir selbst ein Bild davon machen, was für ein angenehmer Kerl er zu sein scheint. Wahrscheinlich ist er reich. Du könntest deinen Lebensstil beibehalten.«
»Hör auf, Steph, ich denke nicht im Traum daran, diesen Mann derart auszunutzen. Aber seine Fahrkarte benutze ich, um von hier fortzukommen.« Sharisse strahlte vor Aufregung über ihre eigene Kühnheit. »Gehen wir in mein Zimmer und packen? Wenn ich fahre, muß ich am frühen Morgen abreisen, sowie Vater im Büro ist. Am Nachmittag und am Abend kannst du mich decken. Vater braucht nicht vor dem Tag darauf zu erfahren, daß ich weg bin, und bis dahin müßte ich eigentlich schon weit sein. Du mußt meine Verabredungen für mich absagen. Ich hätte Sheila morgen zum Mittagessen treffen sollen, und dann wäre Carols Party gewesen …«
»Wie kann
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